Die Südtiroler Stadt Sterzing hat zu allen Jahreszeiten etwas zu bieten. Neben alpinen Landschaften und sportlichen Aktivitäten setzt die Region immer stärker auch auf attraktive Veranstaltungen für die ganze Familie.
Käse und Schinken, Honig und Kräuter, Brot und Liköre. Freitags ist auf dem Stadtplatz in Sterzing Bauernmarkt. Die Bauern aus der Region bieten ihre regionalen Spezialitäten an. Zentral auf dem Platz steht ein großes Zelt, vor dem sich eine lange Schlange bildet. Frauen rollen Teig aus, befüllen ihn und werfen die Teigtaschen in heißes Wasser. Es sind sogenannte Blattler und Tirtler gefüllte oder ungefüllte Krapfen mit Mohn, Spinat oder Sauerkraut. Eine lokale Leckerei, die Einheimischen und Gästen gut schmeckt. Und so verweilen die Leute gerne, setzen sich an die umliegenden Tische und genießen eine kleine Auszeit. Die Frauen der umliegenden Bäuerinnen-Vereine arbeiten ehrenamtlich auf dem Markt. Am Ende der Saison geht der Erlös aus dem Teigtaschen-Verkauf an soziale Projekte. Aber auch die anderen Stände sind gegen Mittag leer gekauft. Am Ende des Sommers, wenn die Produkte der Höfe aufgebraucht sind, schließt auch der Markt seine Pforten.
Silber- und Bleiabbau im 15. Jahrhundert
Knapp 7.000 Einwohner hat die Stadt Sterzing im nördlichen Südtirol. Als frühere Handelsstadt direkt an der Grenze zu Österreich hat sie sich ihren Charakter bewahrt. Die prächtigen bunten Bürgerhäuser zeugen von der Zeit des Wohlstands, den man im 15. Jahrhundert dem Silber- und Bleiabbau verdankte. 1995 wurde das Bergwerk geschlossen und beherbergt heute ein Museum mit einer original funktionierenden Erzaufbereitungsanlage. In der Innenstadt haben sich mittlerweile Geschäfte, Restaurants und Cafés angesiedelt und sorgen für ein buntes Stadtbild und geselliges Treiben. Über dem Marktplatz thront der Zwölferturm, der Altstadt und Neustadt voneinander trennt. So ganz weiß man nicht, ob er Zwölferturm heißt, weil um 12 Uhr die Glocken läuten oder weil durch das Geläut früher die Ratsmitglieder zwölf an der Zahl zusammengerufen wurden. Aber das ist auch nicht so wichtig. Das heutige Aussehen des Turmes mit den hervorstechenden Zinnengiebeln geht auf das Jahr 1867 zurück, als nach einem Brand das frühere Holzdach zerstört worden war.
In Sterzing spürt man an vielen Stellen, dass man hier bereits in Italien ist. Sowohl kulinarisch als auch, was die Mentalität betrifft. Die Leute trinken Veneziano statt Aperol Spritz, für einen Espresso verlässt man gern kurz seinen Arbeitsplatz und geht ins Kaffee-Haus gegenüber. Deutsche und Italiener vermischen ihre Sprachen und kommen so gut miteinander aus. Die Menschen sind sehr aufgeschlossen: Sie sind seit jeher den Durchgangsverkehr gewohnt. Das gefällt auch den Gästen, die gerne mit den Einheimischen ins Gespräch kommen.
Doch auch in Südtirol weiß man, dass man im Tourismus nicht stehen bleiben darf und sich für seine Gäste immer wieder etwas Neues einfallen lassen muss. "Es gibt keine tote Zeit mehr", erklärt Josef Turin, Leiter des Tourismusverbandes Sterzing. Man ist bemüht, das ganze Jahr über Angebote bereit zu halten.
Tradition des Joghurtmachens
Authentisch und regional präsentiert sich bis in den Januar hinein der Sterzinger Weihnachtsmarkt mit über 40 Ständen. Bis nach Ostern bieten die drei Skigebiete eine Schneegarantie. Die mit zehn Kilometern längste beleuchtete und beschneite Rodelbahn Italiens findet sich am nahe gelegenen Rosskopf. Und auch für die Zeit danach hat man sich immer mehr einfallen lassen. Im Frühjahr hat sich mittlerweile ein Jazz-Festival etabliert. Im Sommer laden Laternen-Partys mittwochs zum langen Verweilen in der Innenstadt ein. Am zweiten Sonntag im September dreht sich alles um den Knödel: Dann wird die Sterzinger Innenstadt zum Paradies für Liebhaber der kugeligen Mehlspeise. An einer 400 Meter langen Tischreihe werden über 50 Sorten angeboten von süß bis deftig, von traditionell bis außergewöhnlich. Ab Mitte September präsentiert sich an vier Samstagen die lokale Kaufmannschaft: Beim "Roten Teppich" werden die Besucher durch die gesamte Innenstadt geführt, und die Stadt verwandelt sich in eine Shoppingmeile.
Einer der größten Arbeitgeber in der Region ist der Milchhof Sterzing. Über 1,5 Millionen Becher Joghurt werden hier pro Tag hergestellt und hauptsächlich in Italien gegessen. "Man sagt, dass der Papst früher Butter aus Sterzing gegessen hat", erklärt Josef Turin. Die Aktivitäten des Milchhofs und die Tradition des Joghurtmachens werden bei den Joghurttagen im Juli auch nach außen sichtbar für Einheimische und Gäste. Dann gibt es Werksführungen, Show-Cooking, Wanderungen und Verkostungen.
Über 500 Kleinbauern liefern die Milch für die Sterzinger Milchprodukte. Damit wird auch eine Existenzgrundlage für die Kleinbauern erhalten, die zum Teil nur 20 bis 50 Tiere halten. Da Sterzing mit 900 Metern über dem Meeresspiegel zu hoch für den Obst- und Gemüseanbau ist, leben viele Menschen von der Viehwirtschaft. "Jeder Bergbauernhof ist hier erschlossen und das ist auch wichtig für uns", macht Tourismusdirektor Turin deutlich. "Die Bergbauern sind unsere Landschaftsgärtner."
Einer der Höhepunkte des Jahres ist der Almabtrieb am Ende des Sommers. Dabei wird das Vieh von den Bergweiden, den sogenannten Almen, wieder ins Tal zurückgebracht. Aus Dankbarkeit für einen guten Sommer werden die Tiere kunstvoll mit Blumengirlanden geschmückt und im Tal mit Musik und Tanz empfangen. Die Menschen warten schon gespannt, als endlich aus der Ferne ein Glockengeläut ertönt und die Kühe ankündigt. Eine ganze Herde kommt mit donnernden Hufen ins Tal gerannt. Kinder jubeln, als die sogenannten Schnalzer ihre Peitschen schwingen lassen und die Luft mit einem Knallen zerschneiden. Dann beginnt die Musik, und acht junge Mädchen lassen die Tradition des Schuhplattlers wieder aufleben. Es wird gegessen, getanzt und gelacht. Der Almabtrieb ist sowohl für die Einheimischen als auch für Gäste und Schaulustige ein willkommener Anlass zum Feiern und eine liebgewonnene Tradition.
Beeindruckende Bergkulissen, malerische Wander- und Skistrecken, städtisches Treiben sowie Ruhe und Abgeschiedenheit die ganze Bandbreite findet man in Sterzing und seinen umliegenden Tälern. "Sterzing ist klein, aber vielfältig", sagt Josef Turin. "Es gibt historische Orte, aber man ist auch im Nu weg von der Zivilisation, wenn man will. Und der Urlaub ist leistbar. Besonders für Familien." Aber auch für Aktivurlauber hat die Region einiges zu bieten. Ein besonderes Erlebnis ist die Wanderung durch die zweieinhalb Kilometer lange Gilfenklamm. Sie wurde vor 100 Jahren auf den Namen "Kaiser-Franz-Josefs-Klamm" getauft, daran erinnert eine kleine Gedenktafel entlang des Weges. Heute kennt man die Schlucht, die als eine der schönsten zugänglichen Schluchten der Alpen gilt, aber nur als Gilfenklamm. "Gilfen", das sind kleine Brünnlein, erklärt ein Einheimischer. Und tatsächlich: Immer wieder fließen kleine Rinnsale zum Ratschingser Bach, der sich in seinem Lauf in tosende Wassermassen verwandelt, die sich ihren Weg durch die felsige Schlucht gebahnt haben. Die Urgewalt des Wassers zeigt sich hier von ihrer beeindruckendsten Seite. Und man sollte keine Höhenangst haben, denn der Wanderweg, der etwa eine Stunde in Anspruch nimmt, führt teils über hölzerne Hängebrücken und schmale Treppen durch dieses Naturdenkmal. Die Gilfenklamm ist die einzige Marmorschlucht in ganz Europa. 15 Meter tief hat sich das Wasser in den relativ weichen Marmor gebohrt.
Wellness und Kinderbetreuung
Und wer sich am Ende eines anstrengenden Tages einfach nur verwöhnen lassen möchte, ist in den vielen Restaurants und Hotels gut aufgehoben. Ende 2015 hat die Familie Kruselburger, die bereits seit Jahrzehnten in der Hotel-Branche verwurzelt ist, das Hotel "Almina" neu eröffnet. 150 Zimmer stehen im nahe gelegenen Jaufental in Ratschings für Familien, Einzelurlauber und Paare bereit und bieten zu einem guten Preis-Leistungsverhältnis neben einem großen Wellness-Bereich, einer Badelandschaft und Kinderbetreuung ein reichhaltiges Frühstücks- und Nachmittagsbuffet sowie ein Vier-Gang-Menü am Abend an.
Und so geht irgendwann die Sonne hinter den Bergen unter, und Stille senkt sich über die Täler. Auch die Kühe legen sich langsam zur Ruhe, und das Läuten der Glocken verklingt. Die gute Luft macht müde. Und am nächsten Tag gibt es noch viel zu entdecken.
Von Nele Scharfenberg
Info:
Informationen:
www.sterzing.com
www.sterzing-und-umgebung.de
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Unterkunft: Hotel Almina: www.almina.it