Im Bwindi-Nationalpark im Südwesten Ugandas haben Besucher die Möglichkeit, freilebende Gorillas hautnah zu erleben.
Die morgendliche Stimmung des Anfangens und Beginnens liegt über Rushaga, dem kleinen Bergdorf am Rande des Bwindi Impenetrable National Park. Die Sonne schickt die ersten Strahlen über die üppig grünen Hänge. Frauen balancieren mit Gemüse gefüllte Körbe auf ihren Köpfen zum weit entfernten Markt in Kisoro, Hühner rennen gackernd vor einem Motorrad davon, ein Mann zieht zwei laut meckernde Ziegen an einem Strick hinter sich her, und ein paar Kinder sitzen am Rand der roten Schotterstraße und winken uns zu. Nur wenige Minuten Fußmarsch sind es von der "Gorilla Safari Lodge" bis zum Eingang des Nationalparks, wo im Informationspavillon die Registrierung per Reisepass und ein kurzes Briefing stattfinden. Ein Ranger der Uganda Wildlife Authority informiert uns darüber, wie das Tracking abläuft und was es unterwegs zu beachten gilt.
Der 331 Quadratkilometer große Bwindi-Nationalpark liegt zwischen 1.160 und 2.600 Meter hoch auf dem höchsten Block des Rukiga-Hochlands im Südwesten des Landes. Über 400 Berggorillas sind hier beheimatet etwa die Hälfte aller heute noch lebenden Tiere ihrer Art. Unsere Tracking-Gruppe wird sich auf die Spuren der Bweza-Familie begeben. Eine Gruppe umfasst maximal acht Personen inklusive einem Ranger als Guide, einem Pistenschläger, der den Weg durch das Dickicht mit einer Machete frei schlägt, und zwei bewaffneten Wildhütern, die Warnschüsse in die Luft abgeben, sollten wilde Waldelefanten unseren Weg kreuzen. Ausgerüstet mit festen Wanderschuhen, Stock, einem Rucksack mit Wasserflaschen, Lunch-Paket, Regencape und Kamera machen wir uns auf den Weg in den Regenwald. Wie lange wir unterwegs sein werden, wissen wir nicht. "Sicher nicht länger als sechs Stunden", erklärt Jimmy, unser Guide.
Zwei Tracker sind bereits im Morgengrauen losgezogen, um die Gorillas aufzuspüren. Sobald sie die Primaten sichten, werden sie Standort und Bewegungen der Tiere über Walkie-Talkie an den Guide durchgeben. In der Nacht zuvor hat es geregnet, der Boden ist matschig. Wir steigen über Baumstämme, Wurzeln und die massigen Kothaufen der Waldelefanten. Zwei Stunden lang geht es stetig bergauf. Der Panoramablick auf die grünen Berge ist atemberaubend. Nebelfetzen ziehen durch das Tal. Die Luft ist feucht. Millionen winziger Fliegen umschwirren uns. Trotz der Hitze jetzt bloß nicht die Ärmel des moskitosicheren Hemdes hochkrempeln.
Ich höre Stimmen. Sie kommen aus Jimmys Walkie-Talkie. "Ihr habt Glück", sagt er strahlend, als er das Gerät in seine Hosentasche steckt. "Die Tracker haben nur einen Kilometer von hier Gorillas gesichtet." Wir verlassen den Pfad und nun macht der Bwindi Impenetrable Forest, der undurchdringbare Wald, seinem Namen alle Ehre. Der Pistenschläger bahnt mit seiner Machete einen Weg durch das undurchdringliche Dickicht. An Lianen, Zweigen, unseren Stöcken und allem, was Halt geben kann, hangeln wir uns den steilen und matschigen Hang hinauf. Es ist so rutschig, dass ich auf dem Bauch lande und nur auf allen Vieren vorwärtskomme. Ich fluche, ich schwitze, verjage Mücken, und meine Finger sind voller Dornen. Als ich denke, schlimmer kann es nicht werden, geht es noch steiler hinauf. Mein Fuß verfängt sich in einer Liane, und ich stecke fest. Unser Guide zieht mich nach oben auf festen Boden. Hier ist der Regenwald so dicht, dass kaum ein Sonnenstrahl hindurchkommt.
Als ich mich frage, wie weit es wohl noch zu den Gorillas ist, ertönt ein Uh-uh-uh-Schrei. "Da sind sie", sagt Jimmy und deutet auf einen Baum, von dem gerade ein Silberrücken, ein erwachsener männlicher Gorilla, gemächlich herunterklettert. Im Dickicht entdecke ich einen weiteren, der seinen massigen Körper langsam durchs Gebüsch bewegt. Er kommt heraus und zupft Blätter von einem Baum, die er sich genüsslich in den Mund schiebt. Keine drei Meter ist er von uns entfernt. Bei diesem Anblick sind die Strapazen des beschwerlichen Aufstiegs schnell vergessen. Wir holen unsere Kameras aus den Rucksäcken, gehen näher an das Tier heran und fangen alle seine Bewegungen ein.
Der Gorilla lässt sich durch die klickenden Geräusche nicht stören, beachtet uns gar nicht, gibt uns fast das Gefühl, als wären wir alte Bekannte, die mal eben wieder vorbeischauen. Als er nach seiner Mahlzeit im Gebüsch verschwindet, folgen wir ihm ein paar Meter, verlieren ihn aber aus den Augen. Hinter mir raschelt es, ich drehe mich um, und sehe einen riesigen Silberrücken, der geradewegs auf mich zuläuft. Angst habe ich keine, er ist ja noch weit genug von mir entfernt. Ich zoome ihn mit der Kamera heran. Noch zwei, drei Schritte, dann habe ich sein Gesicht riesengroß im Sucher.
Genau in dem Moment, als ich auf den Auslöser drücken will, zieht Jimmy mich zur Seite. "Du kannst dich nicht einfach einem Gorilla in den Weg stellen", schimpft er. Wie nah das Tier tatsächlich ist, merke ich erst, als ich weggezogen werde. Stampfend zieht der Silberrücken an mir vorbei. Angegriffen hätte er mich nicht, wohl aber als störendes Hindernis auf seinem Weg überrannt. Wenige Minuten später tauchen zwei andere Mitglieder der Bweza-Familie auf. Ein Weibchen mit Kind. Sie machen es sich auf einem Sofa aus Blattwerk bequem. Die Mutter schaut nachdenklich zu uns herüber. Noch während wir die Gorilladame beobachten und fotografieren, kommt ihr Kleiner zu uns herüber, turnt herum und macht Faxen, gerade so, als würde er für die Kameras posieren.
Fasziniert schauen wir ihm eine Viertelstunde lang zu. Dann wird es dem Jungtier langweilig, und es springt hinüber zu seiner Mutter, die in aller Seelenruhe ein Blatt nach dem anderen verzehrt. Der Kleine ist knapp ein Jahr alt, erfahren wir von Jimmy. Wir folgen noch zwei weiteren Gorillas, dann ist unsere Besuchszeit vorbei. Der Aufenthalt bei den Tieren ist auf eine Stunde begrenzt. Die Gewöhnung der Berggorillas an Menschen war und ist ein langwieriger Prozess. Die Tiere, die von Natur aus Angst vor Menschen haben, flüchten bei Begegnungen oder reagieren aggressiv, wenn sie sich bedroht fühlen.
Dank der Anfang der 90er-Jahre gestarteten Habituation, bei der Ranger zwei Jahre lang täglich mehrere Stunden bei einer Gorilla-Familie verbringen, damit diese sich an den Anblick von Menschen gewöhnen und deren Gegenwart in ihrem Lebensraum akzeptieren, ist es möglich, sich den Gorillas zu nähern. Im Bwindi-Nationalpark, der seit 1994 als Unesco-Weltnaturerbe anerkannt ist, gibt es derzeit neun habituierte und rund 20 nicht-habituierte Gorilla-Gruppen. Die elfköpfige Bweza-Gruppe ist seit 2014 habituiert. Sechs von ihnen haben wir heute kennengelernt. Der Abstieg ist rutschig, die Mücken haben sich vermehrt, und die Baumstämme, über die wir steigen, sind breiter geworden. Mit den fantastischen Eindrücken der vergangenen Stunde ist der Weg hinunter ins Tal weniger anstrengend als der Aufstieg. Im Informations-Pavillon erhalten wir das "Gorilla Tracking Certificate", das bestätigt, dass wir am heutigen Tag die Bweza-Gorilla-Gruppe aufgespürt haben.
Von Cornelia Lohs
Info:
Impfungen: Gelbfieberimpfnachweis bei Einreise erforderlich, Malaria-Prophylaxe empfohlen.
Visum: Der Antrag kann online auf www.visas.immigration.go.ug gestellt werden. Dabei müssen eine Kopie des Reisepasses, ein Passfoto und der Gelbfieberimpfnachweis hochgeladen werden. Bei der Einreise wird eine Visumgebühr von 50 US-Dollar fällig.
Unterkunft: Gorilla Safari Lodge in Rushaga, www.gorillasafarilodge.com
Gebühr: Die Gorilla-Genehmigung (Permit) kostet derzeit 600 US Dollar pro Person und wird vorab über die Uganda-Wildlife-Zentrale in Kampala verkauft. Der Preis ist hoch, aber mit den Einnahmen kann die ugandische Regierung die Besucherzahlen kontrollieren und den Schutz der Gorillas und der Nationalparks ermöglichen.
Vorbereitung für das Gorilla-Tracking
Gute Wanderschuhe mitnehmen,, die den Knöchel bedecken und wasserdicht sind. Der Fußmarsch kann bis zu acht Stunden dauern, und die Wege durch den Regenwald sind unwegsam, steil und oft sehr rutschig. Eine leichte Regenjacke ist empfehlenswert, denn das Wetter schlägt oft in Minuten um. Lange Ärmel und lange Hosen sind ein Muss, am besten steckt man die Hosenbeine in die Socken, denn penetrante kleine Ameisen kriechen in Sekundenschnelle hinein und beißen. Hals und Hände mit Insektenspray besprühen.
Wichtig: Kinder unter 15 Jahren dürfen nicht teilnehmen. Zum Schutz der Tiere erhalten Personen mit einer Erkältung oder Infektionskrankheit keine Besuchserlaubnis.
Die Autorin war auf Einladung von Uganda Tourism Board und Brussels Airlines in Uganda.
FREIZEIT
picture alliance / blickwinkel/A. Laule
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