Wer Richard Thompson covert, hat Geschmack. Und Mut. Und hoffentlich gute Ideen zur Umsetzung. "The Sun Never Shines On The Poor" zählt fraglos zu den zahlreichen Höhepunkten der legendären Richard-und-Linda-Thompson-Alben.
Der Schwede Anders Adin und der in Norwegen lebende Brite Richard Burgess interpretieren den Klassiker auf recht außergewöhnliche Weise mit Drehleier und Konzertina und sie ersetzen die beklemmende Düsternis des Originals geschickt mit vergleichsweise freundlichem Schwung. Immerhin ein bisschen.
Jedenfalls funktioniert es ganz prächtig. Zwei weitere Cover-Versionen Ewan MacColls "The Big Hewer" und Valentin Arnolds "Ronja" erfahren ebenfalls Ehrfurcht und Frechheit in beeindruckender Balance. Das restliche Repertoire von "No Sadness Of Farewell" rekrutiert sich aus sogenannten Traditionals und Eigenkompositionen und geriet damit gleichsam zum reuelosen Vergnügen des geneigten Hörers.
Gegründet hatten sich Doggerland vor zehn Jahren mit dem Ziel, englische und schwedische Folk-Music zu versöhnen. Das ist ihnen vorzüglich gelungen, wenngleich es einen leichten, doch fraglos unüberhörbaren Hang zum urwüchsigen britischen Folk gibt. Insbesondere Burgess charismatischer Gesang steht in dieser reichhaltigen Tradition. Planxty und Martin Carthy kommen in den Sinn. Kein Wunder, der Mann ist ja Brite! So lässt sich also auch ein standesgemäßer Hauch Melancholie finden. In Norwegen hat sich Burgess vermutlich die große Gelassenheit und wohltuende Ruhe angeeignet ...
Kurzum: Es ist schlicht traumhaft, wie sich auf diesem Werk die bereits erwähnte Konzertina und die Drehleier der Hauptakteure mit Gitarre, Mandoline, Geigen und Zupfbass betasten, umkreisen, wiegen oder gar umschlingen.
Eine nette Anekdote rankt sich um den symbolträchtigen Bandnamen: Doggerland war bis vor circa 7.000 Jahren eine Landmasse, die Skandinavien, Dänemark, Holland und auch Deutschland mit den britischen Inseln verband. Der Ärmelkanal entstand erst später. Hätten Sies gewusst?
Andreas
Lüschen-Heimer