Der deutsche Heimtiermarkt ist milliardenschwer. Branche und Dienstleistungen wachsen seit Jahren. Vor allem für Katzen investieren ihre Besitzer jedes Jahr Unsummen. Auf Platz zwei folgen die Hunde.
Pullöverchen, Mützchen, Körbchen, mit Strass, ohne Strass, der Hundefriseur, die Hundepension, ein Gitterkorb für den Kofferraum und der Quietscheknochen Deutsche geben mittlerweile für ihre Hunde Milliarden aus. Denn das Haustier, allen voran der Hund, wird immer mehr zum Partner- oder Kinderersatz. Individuelle Angebote wie Dog-Spas, Hundesessel im Barockstil oder Futternäpfe aus Nussbaumholz haben Hochkonjunktur. Viele Vierbeiner werden verhätschelt, und das Geschäft mit immer neuen Luxusartikeln bringt Geld.
Laut dem Industrieverband Heimtierbedarf ist der Umsatz für Hunde, Katzen, Vögel, Fische und Kleintiere in der Branche von 2014 auf 2015 um 2,2 Prozent gestiegen auf 4,5 Milliarden Euro. Doch tatsächlich ist der Markt sehr viel größer Supermärkte, Versicherungen und Tierärzte verdienen mit an der Tierliebe. Um sich ein Bild von der Kauflust der Deutschen für Jimmy, Bello und Maja zu machen, hat sich die Universität Göttingen vor zwei Jahren mit dem Hundemarkt beschäftigt. Demnach geben Deutsche im Laufe eines Hundelebens durchschnittlich bis zu 20.000 Euro aus für das Hundehalsband über Versicherungen bis hin zur Tierarztrechnung oder gar der Tierbestattung. Dadurch sichern die Hundehalter in Deutschland knapp 100.000 Arbeitsplätze. Auch der Staat verdient mit, denn die Einnahmen durch Hundesteuer, 2014 waren das nach Angaben des Statistischen Bundesamtes 309 Millionen Euro, sind höher als die staatlichen Ausgaben zum Beispiel für das Reinigen der Bürgersteige von Hundehäufchen.
Nur das Beste vom Besten, das gilt bei vielen Hundebesitzern vor allem für das Futter mit einem deutschlandweiten Umsatz von 1,3 Milliarden Euro. Darunter fallen auch solch exotische Schmankerl wie Kekse oder Hunde-Eis. Allerdings werden auch andere Nahrungsmittel zum Beispiel Nudeln oder Reis für das Tier als leckere Abwechslung oder Belohnung im Supermarkt gekauft. Dafür werden laut den Forschern 330 Millionen zusätzlich ausgegeben, denn Konsumtrends wie Bio-Lebensmittel, Luxus-Kollektionen und Wellness greifen auch auf den Heimtiermarkt über.
Alles rund um den Hundebedarf, vom Halsband, Körbchen über Futter, Autozubehör wie Käfige bis hin zum Spielzeug, lassen sich die Deutschen insgesamt 1,8 Milliarden Euro im Jahr kosten, sowohl im Heimtiershop als auch im Supermarkt oder Baumarkt. Dabei stehen allerdings Hunde nur auf Platz zwei: Für Katzen wird noch mehr ausgegeben.
Damit der Hund gesund bleibt, muss er auch gelegentlich zum Arzt. Deutsche Tierärzte verdienen geschätzt insgesamt zwei Milliarden Euro pro Jahr, gut die Hälfte davon durch die Behandlung von Hunden. Hinzu kommen noch neuere Heilberufe wie Tierphysiotherapeuten oder -heilpraktiker. Vor allem Hundebesitzer müssen heute in einigen Bundesländern, darunter Berlin und Hamburg, Haftpflichtversicherungen abschließen, viele Tiere sind auch krankenversichert. Das schlägt mit geschätzten 450 Millionen Euro pro Jahr zu Buche, der Löwenanteil sind versicherte Hunde.
Nicht immer kann sich der Besitzer allerdings um seine Tiere kümmern vor allem, wenn er berufstätig ist oder in Urlaub fährt. Mittlerweile gibt es zahlreiche Hundetagesstätten oder Tierpensionen in Deutschland, die einen geschätzten Umsatz von 70 Millionen Euro aufweisen. Auch hier entfällt der größte Anteil auf die Hunde. Und damit der vierbeinige Freund auch aufs Wort hört: Hundeschulen kommen auf etwa den gleichen Betrag. Volkswirtschaftlich beziffern die Göttinger Forscher den Marktumfang für Heimtiere, Bedarfsartikel und Dienstleistungen auf mehr als neun Milliarden Euro pro Jahr, die Hälfte davon entfällt auf Hunde. Damit erreicht dieser Markt in etwa die Größe des deutschen Buchmarktes.
Hunde reduzieren auch Kosten
Der ökonomische Einfluss ist allerdings auch im Gesundheitswesen spürbar. Denn mittlerweile ist klar, dass das Halten von Hunden die Gesundheit verbessert. Das haben zahlreiche Studien nachgewiesen.
Immer mehr Hunde bespaßen Senioren oder Kranke in Krankenhäusern, um mehr Abwechslung in den Heimalltag zu bringen und die Senioren zu aktivieren; sogar der Medikamentenkonsum könne gedrosselt werden. Laut einer Studie gehen Haustierbesitzer um sieben Prozent weniger zum Arzt, wer mehr als fünf Jahre lang ein Haustier hat, sogar um 13 Prozent weniger klar, denn wer mit Bello zwei- bis dreimal täglich bei jedem Wetter Gassi muss, ist deutlich abgehärteter und damit weniger anfällig für Krankheiten oder Gebrechen im Alter. Hundehalten kostet also nicht nur. Es spart auf der anderen Seite auch Geld.
Falk Enderle