Die japanische Ordnungsexpertin Marie Kondo hat eine Methode entwickelt, mit der Aufräumen nicht nur schnell geht, sondern ein ganz neues Lebensgefühl mit sich bringt. Frei nach dem Motto: "Was glücklich macht, darf bleiben, alles andere muss gehen" gehört das KonMari-System zu den neuesten Trends.
Ausmisten gehört in den meisten Haushalten nicht gerade zur erklärten Lieblingsbeschäftigung. Das liegt vor allem daran, dass Menschen dazu neigen, sich mit viel zu viel Schnickschnack zu umgeben und dabei das Wesentliche aus den Augen zu verlieren. Dieser Meinung ist jedenfalls Marie Kondo, und deshalb hat die Japanerin ein einzigartiges Ordnungssystem entwickelt.
Das hilft nicht nur dabei Überflüssiges loszulassen, sondern auch, wieder Freude an den Dingen zu entwickeln. Im Vordergrund steht immer die eine entscheidende Frage: "Versprüht der Gegenstand Freude oder macht er mich unglücklich?" In letzterem Fall muss er verschwinden. Gute Stücke finden auf Flohmärkten oder Internet-Auktionshäusern einen neuen Besitzer. Schlechte, defekte Stücke wandern in den Müll. Dabei ist es wichtig, jedem Teil mit Respekt zu begegnen. Es wird betrachtet, angefasst und dann aus dem Herz heraus entschieden, was damit passieren soll. Bleibt das Stück nicht im Haus, bekommt es eine Verabschiedung mit einer kurzen Verbeugung und einer Danksagung, schließlich hat es unter Umständen viele Jahre lang seine Aufgabe mit Bravour gemeistert. Ohnehin ist Respekt eine typisch japanische Eigenschaft, die auch die Erfinderin der Methode stets selbst zelebriert. Kommt sie zu einem Klienten nach Hause und soll dabei helfen, Ordnung zu schaffen, beginnt jeder Einsatz mit einem festen Ritual. Die Autorin von Bestsellern wie "Die lebensverändernde Magie des Aufräumens" und "Versprühe Freude" begeht zunächst alle Räume und nimmt die Stimmung in sich auf. Danach setzt sie sich auf den Boden und bedankt sich bei allen Dingen, die noch da sind. Erst danach geht es ans Ausmisten und das nach einem einfachen, aber strengen System.
Um zu erkunden, wie viel von einer Sache eigentlich da ist, ordnet die Lifestyle-Expertin alle Dinge Kategorien zu. Bücher zu Büchern, Töpfe zu Töpfen und Stifte zu Stiften. Jede einzelne Kategorie bekommt nun die ungeteilte Aufmerksamkeit. Erst dann, wenn sich alles an einer Stelle befindet, lässt sich nämlich wirklich überblicken, wie viel da ist. Sind alle Bücher aufgetürmt, fällt die Entscheidung leichter, welche bleiben dürfen und welche nicht. Es empfiehlt sich, die Kategorien danach zu unterteilen, welche neutral und welche emotional zu beurteilen sind. Als Einstieg kommen erst alle Kategorien unter das strenge Auge, die keine Emotionen auslösen. Erst danach folgen emotionale Bereiche wie Kleidungsstücke und Fotoalben.
Ausgemistet wird am Ende, aber alles und zwar sehr streng. Ausreden wie "das kann ich eventuell später noch brauchen" oder "da passe ich bestimmt nach der Diät wieder rein", lässt Marie Kondo nicht gelten. Alles was jetzt keine ungeteilte Freude findet, muss weichen. Die Entscheidung darüber fällt schnell und konsequent. Nur so erweitert sich der Platz. Zur Not hilft es, darauf zu verweisen, den einen oder anderen Gegenstand einfach im Bedarfsfall neu zu kaufen. Allerdings auch nur dann, wenn er nicht in den Plastiktüten mit dem Preisschild auf dem Rücken erst mal in die Ecke wandert, sondern sofort einen festen, geliebten Platz findet. "Ich glaube, man kann Dinge erst sein Eigen nennen, wenn man sie ausgepackt hat", begründet Kondo diesen emotional entscheidenden Schritt.
Neben der Liebe zu dem Gegenstand gehört natürlich auch sein Nutzen. Fünf Bratpfannen sind vielleicht unnütz, eine kleine Pfanne für Pfannkuchen und eine große für Fleisch können aber durchaus Sinn machen in der Küche. Gestapelt verschwenden Pfannen unterschiedlicher Größe nicht einmal viel Staufläche. Auch das ist ein weiteres Prinzip der KonMari-Methode. Neben dem Ausmisten geht es darum, alles ordentlich zu verstauen. Bei Kleidungsstücken hat Kondo ein einzigartiges Faltsystem entwickelt. Jedes Stück soll so gefaltet sein, dass daraus ein robustes Rechteck entsteht. Das lässt sich dann aufrecht in der Schublade verstauen. Dadurch entsteht nicht nur Platz, sondern auch eine bessere Übersicht, denn so geht nichts unter Kleiderbergen verloren und ist schnell zur Hand. Das Zusammenfalten nach diesem Prinzip funktioniert nicht nur für Shirts und Hosen, auch Bettwäsche, Unterwäsche und Handtücher bilden problemlos Rechtecke. Das braucht zwar etwas Übung, doch es lohnt sich, verspricht die Autorin.
Eine Wohlfühloase schaffen
Das Ziel ist es, durch KonMari das eigene Zuhause zu einer echten Wohlfühloase zu gestalten. Bevor es also losgeht, hilft ein kurzer Moment der inneren Einkehr, um sich selbst vorzustellen, wie man gerne leben würde. Das motiviert dazu, die Dinge anzugehen und das Leben danach umzustellen.
KonMari ist dabei keineswegs nur ein Ordnungsprinzip für das große Chaos. Es soll in Fleisch und Blut übergehen und den Alltag erleichtern. Nach jedem Einkauf und jedem Tag im Büro steht nach dem Eintritt ins Haus zunächst die Ordnung im Vordergrund. Alles kommt wieder an seinen Platz. So kann sich kein neues Chaos bilden. Das soll Zufriedenheit bringen und Zeit einsparen. Vollkommen eintauchen können Interessierte in KonMari, wenn sie sich einen kleinen Altar bauen, eine Ecke völliger Entspannung. Dort kann der Stress des Tages abfallen und der Mensch ganz bei sich selbst ankommen.
Abgeschaut von der Zen-Meditation erfährt man so ein neues Lebensgefühl. Das wünschen sich viele scheinbar so sehnlichst herbei, dass es die Bücher nicht nur in rasantem Tempo auf die Bestsellerlisten geschafft haben. Marie Kondo wurde darüber hinaus von der "New York Times" zu einer der 100 einflussreichsten Personen gewählt. Wenn das keine Lust macht, noch heute mit dem Aufräumen zu beginnen.
Rina Keest
Info:
Das Prinzip in zehn Schritten:
1. Nach Kategorien ordnen, nicht nach Zimmern.
2. Erst Unwichtiges, dann Emotionales angehen.
3. Aufräumen ist ein schnelles Event, nicht ein fortlaufender Prozess.
4. Es darf bleiben, was Freude versprüht.
5. Anfassen und urteilen.
6. Dingen ihren Platz schenken.
7. Altar für Erinnerungen schaffen.
8. Dankbar sein.
9. Etwa zwei Drittel der Habseligkeiten aussortieren.
10. Den neuen Raum als Inspirationsquelle nutzen, nicht Altem hinterhertrauern.