Immer mehr Menschen wollen einen Hund, obwohl sie arbeiten müssen und nicht viel Zeit haben. Dieser Umstand lässt seit einigen Jahren eine tierisch gute Geschäftsidee erblühen: die Hunde-Tagesstätte. Ein Besuch in einer Huta in Saarbrücken.
Morgens ab sieben Uhr trudeln in der Tagesstätte von Sabrina Sutter die ersten Schützlinge ein. Manche bringen ihr Frühstück gleich mit, andere haben schon zu Hause gegessen. Dann geht es erst mal gemächlich zu, alle kommen langsam an, und wenn auch die Letzten gefrühstückt haben und die danach notwendige Ruhezeit von einer Stunde eingehalten haben (damit es nicht zu einer Magendrehung kommt), geht es bis zum Mittag an die frische Luft. Dann heißt es toben, raufen, und bei schönem Wetter auch mal in der Sonne liegen.
Um 12 wird die Mittagsruhe eingeläutet, und Sabrina Sutter achtet genau darauf, dass alle Kinder, pardon, Hunde, einen Platz gefunden haben und sich auch wirklich ausruhen. In diesen kalten Tagen fällt das Ausruhen natürlich weniger schwer, denn in der urigen kleinen Holzhütte, in der sich die Hundetagesstätte, kurz Huta, befindet, brennt ein warmes Kaminfeuer, während draußen Temperaturen nur knapp über dem Gefrierpunkt herrschen. Um den leise knisternden Kamin tummeln sich während der Mittagsruhe die zehn Schützlinge. Mops Artax teilt sich den gemütlichen Sessel mit Hundefreundin Lucy die, weil sie immer so schlimm friert, dass sie am ganzen Körper zittert, ein Hundemäntelchen trägt, während sich Schäferhund Jack auf dem Boden direkt vor dem Kamin zusammengekringelt hat. Olivia schnarcht ein wenig, doch davon lassen sich die anderen neun nicht beeindrucken. Gemütlich ist es in der kleinen Hütte nicht ohne Grund: "Das war unser Anspruch, die Hunde so unterzubringen, wie wir unsere eigenen Hunde unterbringen würden", erklärt Sabrina Sutter. Nach zwei Stunden ist es genug mit der Ruhe, die Zehn sollen zu Hause schließlich auch noch schlafen, und die beste Beschäftigung finden die Vierbeiner sowieso auf dem großen, eingezäunten Grundstück der Huta.
Damit das friedlich vonstattengeht, verlässt einer nach dem anderen die Hütte, immer der voran, der am wenigsten drängelt. Wieder brettern die zehn Schützlinge quer über das Gelände, immer unter Beobachtung der Huta-Leitung, die sofort einschreitet, wenn auch nur einer im Begriff ist, die Grenzen des respektvollen Umgangs zu überschreiten. "Gemobbt wird bei mir nicht", erklärt Sabrina Sutter, und pfeift auch gleich einen Raufbold zurück. Das funktioniert, wenn auch Mops Artax aufgrund seiner geringen Größe und seines jungen Alters recht viele Freiheiten bei den anderen Hunden genießt, aber um den ging es ja ohnehin gerade nicht. Nach einiger Zeit lässt das Interesse am Beschnuppern und Toben wieder nach, und es drängt sich fast schon der Verdacht auf, dass die kleine, fröhliche Gruppe ziemlich froh ist, recht schnell wieder vor dem Kamin Platz nehmen zu dürfen. Olivia läuft zumindest schon mal vor. Aber gut, der ist eh immer kalt. Darum trägt sie auch einen flauschigen Schal, der der Pitbullmix-Hündin etwas Wärme spendet. Vor dem Eintreten heißt es aber noch Füße, Pardon, Pfötchen abtrocknen, zumindest bei diesem wie sagt man so schön Hundewetter.
Die Hundetrainerin sorgt dafür, dass sich alle benehmen
Der Alltag in der Huta ist gut strukturiert. Jeden Tag empfängt Sabrina Sutter hier zehn Hunde, manche davon kommen täglich, andere zwei- oder dreimal in der Woche. Die Hundetrainerin mit Kynologie-Studium (die Lehre vom Hund) hat sich schon vor vielen Jahren dazu entschlossen, solch eine Dienstleistung anzubieten, nachdem sie zunächst neben Trainingsstunden einen Gassi-Service anbot. Der lief zwar gut, hatte aber einen Nachteil: Wenn sie die Hunde einsammelte, um sie auszuführen, verbrachten manche eine ganze Zeit lang im Auto, und halb- oder ganztägig betreut waren sie dadurch auch nicht. Doch gerade das ist für viele ihrer Kunden wichtig, die sich dafür entscheiden, ihren Liebling in eine Tagesstätte zu bringen. Also machte sich die junge Hundefachfrau zunächst auf die Suche nach einem geeigneten Grundstück.
Nach sieben Jahren wurde sie auf dem Scheidterberg in Saarbrücken fündig. Ruhig, trotzdem stadtnah, etwas versteckt und ziemlich ideal fand sie das Grundstück, das sie mit der Hilfe von Freund Hendrik so in Form brachte, dass es zum einem den Charakter eines "Waldkindergartens" für Hunde hat und zum anderen auch einen sicheren Aufenthalt gewährleistet. Anfang des Jahres war es dann soweit, die ersten Schützlinge wurden Teil der "Vorstadtwölfe", wie sich die Einrichtung nennt. Von dem ein oder anderen im Bekanntenkreis wurden die jungen Leute zunächst belächelt.
Die betreuten Vorstadtwölfe sind so verschieden, wie auch ihre Herrchen und Frauchen, bei denen es sich um nahezu alle Altersklassen und Berufsgruppen handelt. Seither ist der Andrang so groß, dass Sabrina Sutter schon eine Warteliste führt, denn sie nimmt nur Hunde auf, die auch eine gewisse Zeit lang bei ihr bleiben sollen. Ein Erfolg, mit dem sie selbst nie gerechnet hätte. Die Eingewöhnung eines Hundes benötigt Zeit und Aufmerksamkeit, darum nimmt sie nie mehr als einen neuen Hund auf einmal in die Gruppe auf. Im Rudel herrschen eine Dynamik und dank Sabrina Sutter auch Regeln, die nur sie festlegt. Nur so harmonieren die verschiedenen Charaktere miteinander, ob Draufgänger, Charmeur, Raufbold oder quirliger Clown eine Chance bekommt jeder. Wichtig sind dann nur die klaren Strukturen, denn auch der Hundetrainerin entgeht nicht, dass viele Menschen ihre Hunde mit Liebe überschütten, aber nicht konsequent erziehen, zumindest nicht über "Sitz", "Platz" und "Gib Pfötchen" hinaus. "Erziehung ist auch Tierschutz", erklärt sie und darum lernen die Hunde hier auch zum Beispiel einfach mal nichts zu tun.
Es gibt schon eine Warteliste
Es ist mittlerweile Nachmittag, Lucy wird abgeholt. Schwanzwedelnd flitzt sie zum Tor, an dem schon Frauchen Kristin Barbknecht wartet. Dreimal in der Woche bringt sie ihre Hündin von Siersburg hierher, seit sie in Saarbrücken einen Arbeitsplatz gefunden hat. Lucy müsste sonst lange Zeit alleine zu Hause verbringen. Das ist ein Grund, weshalb Lucy den Tag hier verbringt, aber es gibt noch einen anderen: "Hier kann sie in einem Rudel sein, und seit sie hier ist, hat sie unheimlich viel gelernt im Umgang mit anderen Hunden", erzählt Barbknecht. Ist es nicht seltsam, den eigenen Hund in fremde Hände zu geben? Barbknecht erinnert sich an das lange Vorgespräch, bei dem sich die beiden Frauen direkt sympathisch fanden, und an den ersten Tag, an dem sie Lucy abgab. "Es war ein bisschen so, wie ein Kind in die Kita zu bringen", erzählt sie. "Aber am zweiten Morgen hat sie schon mit dem Schwanz gewedelt und sich gefreut, wieder hier sein zu dürfen." Das ist auch das, was Sabrina Sutter bei ihrer täglichen Arbeit so gefällt: "Sie freuen sich, morgens hierher zu kommen, und genauso, wenn sie wieder abgeholt werden".
Von Nadine Bröcker
Hundetagesstätte Vorstadtwölfe, Scheidterberg.
Kontakt: Sabrina Sutter
Telefon 0152-34590273
Glosse:
7.15 Uhr. Ein kurzes, aber erlesenes Frühstück, zu mehr ist keine Zeit. Der Tag ist eng getaktet, ein Termin jagt den nächsten. Wir goutieren ein frisches Lachstartar, dazu ein Schlückchen australisches "Aqua Dog", DAS Wasser für den Hund von Welt.
Natürlich kommt für uns nur die Geschmacksrichtung "Hühnchen" infrage, schließlich sind wir figurbewusst. Die Varianten "Rind" und "Speck" überlassen wir lieber den gewöhnlichen Straßenkötern.
8.00 Uhr. Unser Chauffeur wartet bereits. Friseurtermin bei Maître Pierre. Waschen, Schneiden, Föhnen, Strähnchen machen.
10.30 Uhr. Ayurveda-Wellnessmassage zu Gesängen von hawaiianischen Buckelwalen herrlich. Es gibt nichts Entspannenderes für Körper und Geist. Wie nur können zwei Stunden so schnell davoneilen?
12.30 Uhr. Verabredung mit Königspudel Amethyst und Kintamani-Dame Abunya im angesagtesten Hunderestaurant der Republik. Dort werden Kängurufleisch, Lachshaut und Geweih vom Rotwild gereicht ein Hundetraum, einfach köstlich.
14.45 Uhr. Anprobe des neuen Nappa-Leder-Halsbandes und des bezaubernden Pelzmäntelchens bei der Schneiderin unseres Vertrauens. Entzückend, wirklich entzückend. Für die Anprobe der Winterstiefelchen bleibt leider keine Zeit, denn der nächste Termin wartet schon.
17.15 Uhr. Zahnstein-Entfernung, 30-minütige Zahnfleischmassage und anschließendes Bleaching bei Dr. Dent.
19 Uhr. Yoga und Pilates. "Aqua Dog Hühnchen" allein macht eben keine Traumfigur leider.
20.30 Uhr. Noch ein klitzekleines Filet vom peruanischen Pampa-Hasen, ehe wir vollkommen erschöpft in unsere weichen Gucci-Kissen fallen. So ein Hundeleben kann echt anstrengend sein.
Jörg Heinze