In der öffentlichen Wahrnehmung prägt zumeist die Regierung das Bild der Politik. Dabei kann sie nur machen, was das Parlament beschließt. Am 26. März entscheiden die Saarländer über die künftige Zusammensetzung des Landtags und die Mehrheitsverhältnisse zur Regierungsbildung.
Alles spricht für ein spannendes Finish. Die beiden großen Parteien lieferten sich nach letzten Umfragen ein Kopf-an-Kopf-Rennen. Der Wahlkampfkonzentrierte sich zuletzt ganz auf die Frage, wer künftig an der Spitze der saarländischen Landesregierung stehen wird. In Umfragen, auch der von Forsa im FORUM-Auftrag, ist deshalb auch gerne die Frage gestellt worden: "Wenn Sie den Ministerpräsidenten/die Ministerpräsidentin direkt wählen könnten,....". Dürfen die Wahlberechtigten aber nicht. Dafür ist der Umweg über den Landtag notwendig.
Die Wahl des Regierungschefs, oder in diesem Fall der Chefin, erfolgt im Parlament. Und dessen Zusammensetzung und damit die Mehrheitsverhältnisse stehen am Wahlsonntag eigentlich zur Wahl. Da lohnt kurz vor dem Wahltag ein Blick hinter die Kulissen des Hohen Hauses, in dem 51 Abgeordnete die Interessen der knapp eine Million Saarländer vertreten sollen. Die Parlamentarier sollten sich zwar ihren Wählern und ihrem Wahlkreis verpflichtet fühlen, sind aber "Vertreter des ganzen Volkes" und "nur ihrem Gewissen unterworfen".
Was dann im Fall der Ministerpräsidentenwahl auch schon mal dazu führen kann, dass trotz verabredeter Koalition nicht die notwendige Mehrheit in geheimer Wahl zustandekommt. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer kann aus ihrer ersten Wahl leidvoll berichten. Sie wurde, damals als Nachfolgerin von Peter Müller, erst im zweiten Wahlgang gewählt. Eine schwere Geburt bringt manchmal die schönsten Kinder, so ihr damaliger Kommentar.
Selbstbewusstes Eigenleben
Das Parlament hat ein Eigenleben, das ihm als dem eigentlichen Souverän zukommt. Letztlich kann eine Regierung keinen Cent ohne die Zustimmung des Parlaments ausgeben. Und dass der Saarländische Landtag seine Kontrollfunktion gegenüber der Regierung außerordentlich ernst nimmt, haben gleich drei Untersuchungsausschüsse in der letzten Legislaturperiode gezeigt. Museumsneubau, Meeresfischzuchtanlage und geplante Grubenflutungen wurden höchst akribisch unter die Lupe genommen.
Im Alltag müssen sich insbesondere die Abgeordneten der Regierungsfraktionen gelegentlich in einem Spagat üben. Dass die in einer Koalition verabredeten Mehrheiten auch bei Abstimmungen stehen, darauf stützt sich die Regierung. Das erfordert bisweilen innerhalb der Fraktionen, aber auch zwischen den Regierungsfraktionen erheblichen Diskussions- und Abstimmungsbedarf. Die Fraktionschefs können ein Lied davon singen.
Wie gut ein Parlament und damit letztlich auch die Regierung ist, hängt aber ebenso von der Opposition ab. Wenn die hellwach ihre Kontrollfunktion ausübt und gleichzeitig mit eigenen qualifizierten Vorschlägen aufwartet, kann das die Regierungsfraktionen durchaus ins Schwitzen, gelegentlich auch in Erklärungsnot bringen.
Dem beständigen Ringen um mehr Transparenz in der Parlamentsarbeit hat Piraten-Fraktionschef Michael Hilberer im letzten halben Jahr noch ein zusätzliches Experiment hinzugefügt. Man mag das als übertriebene Spielerei abtun, aber es zeigt: auch in diesem Fall gibt es noch Luft nach oben.
Wer sich mehr als einen oberflächlichen Blick in den Landtag am Saarufer gönnt, womöglich einen Blick in den Terminkalender der Abgeordneten werfen kann, wird kaum bestreiten können, dass jeder der 51 den Wählerauftrag ernst nimmt. Sichtbarstes Zeichen nach außen mag sein, dass der Blick in den Landtag bei Plenardebatten keineswegs ähnlich leere Ränge zeigt wie in anderen Parlamenten, sondern volles Haus. Und selbst wenn es mal in Debatten hitzig zur Sache geht, kann man später gut saarländisch trotzdem noch ein Bier zusammen trinken.
Der Landtag wird nach dem Wahltag sein Gesicht verändern. 15 Abgeordnete haben nicht mehr kandidiert, zumeist aus Altersgründen. Unabhängig vom Wahlausgang ist damit klar, dass mindestens ein Viertel der Sitze neu besetzt wird. Ob und wie viel Veränderungen es darüber hinaus gibt, können rund 800.000 Wahlberechtigte entscheiden.
Von Oliver Hilt