Solch ein Duell haben Kampfsportfans noch nicht gesehen genau deshalb ist der Hype um den Fight zwischen Floyd Mayweather und Conor McGregor so riesig. Finanziell sind beide schon jetzt Gewinner.
Las Vegas Floyd Mayweather trägt nicht umsonst den Spitznamen "Money". Geld bedeutet ihm alles, zumindest lässt er die Sportwelt das glauben. Und deswegen freut er sich auch diebisch auf den größten Zahltag seines Lebens. In einem Video, das im Internet hunderttausendfach geklickt wurde, greift Mayweather in einen großen schwarzen Ledersack, der frühere Boxweltmeister holt dicke Geldbündel heraus und prahlt: "300 Millionen in 36 Minuten. Ich bin nur ehrlich".
Eine offizielle Kampfbörse gibt es zwar nicht, aber Mayweathers Gage dürfte tatsächlich in diese Region gehen, wenn er am 26. August für einen Mega-Kampf gegen den Iren Conor McGregor aus seinem Box-Ruhestand in den Ring zurückkehrt. Sein Widersacher, ein Superstar aus der sogenannten MMA-Szene (Mixed-Martial-Arts), der vor seiner Profikarriere Sozialhilfe empfangen haben soll, dürfte mit geschätzten 100 Millionen Euro ebenfalls fürstlich entlohnt werden. Solche Summen können nur bezahlt werden, wenn riesengroßes Interesse da ist und tatsächlich lechzt die Kampfsportszene nach diesem ungleichen Duell. Auf der einen Seite der ungeschlagene, aber in die Jahre gekommene Box-Champion. Auf der anderen Seite der brutale Käfig-Kämpfer, der seinen allerersten Boxkampf auf Wettkampfniveau bestreitet. In Deutschland können die Fans im Livestream ab 3 Uhr nachts auf DAZN verfolgen, wer sich wie schlägt. Gekämpft wird in der T-Mobile Arena in Las Vegas vor 20.000 Zuschauern. Als Gewichtsklasse wurde das Superweltergewicht (bis 69,85 kg) gewählt.
Der Sieger wird durch einen reinen Boxkampf ermittelt, McGregor darf keine seiner MMA-Techniken anwenden. Also keine Tritte mit den Beinen oder Knien und keine Schläge mit den Ellenbogen. Allerdings: Genau das sind seine bevorzugten Techniken, mit den Fäusten ist der UFC-Champion nach Einschätzung der Experten technisch nur mäßig begabt. Doch "The Notorious" (Der Berüchtigte) tönt: "Ein Schlag ist alles, was ich brauche". Mayweather ist dennoch der haushohe Favorit, hat aber auch am meisten zu verlieren. Nämlich seine makellose Bilanz von 49 Siegen in 49 Profikämpfen, mit der er im September 2015 seine aktive Karriere beendet hatte. Aber "Money" steht eben auf Dollar-Scheine, und dieser Kampf stößt aus finanzieller Sicht in neue Dimensionen vor.
McGregor hat dagegen schon jetzt gewonnen. Sein Bekanntheitsgrad ist immens gewachsen, und sollte er sich im Kampf halbwegs achtbar aus der Affäre ziehen, hätte er auch die meisten Kritiker überzeugt. Seit 2008 betreibt der Ire den Kampfsport professionell, er hat im Jiu-Jitsu den braunen Gürtel und eroberte in der UFC als Leichtgewichts-Champion den Thron. Doch das Oktagon, wo der 29-Jährige sonst seine Gegner verprügelt, ist etwas völlig anderes als das Seilgeviert im Boxen.
Seitdem beide Parteien den Fight am 14. Juni als perfekt gemeldet hatten, fiebert die Kampfsportszene auf das Duell hin. Die Fans müssen allerdings tief in die Tasche greifen, um den Fight des Jahres live zu sehen. Laut "USA Today" soll das Pay-per-View Ticket beim übertragenden Sender Showtime stolze 89,95 US-Dollar kosten. Trotzdem hoffen die Macher darauf, den Einnahmerekord aus dem Mega-Fight zwischen Mayweather und Manny Pacquiao im Mai 2015 zu brechen, als 4,4 Millionen Menschen ein TV-Ticket erwarben. Wer live in der Arena dabei sein will, muss zwischen 1.857 und 28.575 US-Dollar hinblättern Schwarzmarktpreise nicht einberechnet. Irgendwoher muss das Geld für die Riesengage der Boxer ja kommen.
Schon einen Monat vor dem ersten Gong hatte der Fight knapp neun Millionen Euro in den weltweiten Wettbüros bewegt. Zum Vergleich: Der WM-Titelkampf im Schwergewicht zwischen dem inzwischen zurückgetretenen Wladimir Klitschko und dem britischen Sieger Anthony Joshua kam "nur" auf 5,5 Millionen Euro. Bei den Wettanbietern hat Mayweather aufgrund seiner deutlich größeren Boxerfahrung klar die Nase vorn: Wer 100 Euro auf den Amerikaner setzt, erhält nur etwa 120 Euro zurück. Zocker können im Erfolgsfall mit McGregor viel Geld verdienen, die Quote für den Iren liegt bei 1:4,5.
Mayweather und McGregor taten im Vorfeld alles, um mit dem branchenüblichen Ballyhoo die Stimmung anzuheizen. Über viele Tage tingelten beide durch die USA, sie beschimpften sich und gaben vor, sich so überhaupt nicht leiden zu können. Multimillionär Mayweather provozierte seinen Kontrahenten bei einer Pressekonferenz, indem er einen Scheck über 100 Millionen Dollar aus der Tasche holte und sagte: "Sieh her, ich habe genug Geld. Du hast für deinen letzten Kampf nur drei Millionen bekommen, das reicht bei mir für ein Trainingscamp". McGregors Konter zielte auf Mayweathers angebliche Steuerschulden in den USA: "Floyd, zahle deine Steuern".
Bei einer anderen Pressekonferenz zwei Tage später bewarf Mayweather, eingehüllt in eine irische Landesfahne, seinen Widersacher mit Geldscheinen. Und wieder konterte der Ire cool: "Das sind ja nur Ein-Dollar-Scheine".
Doch dies ist kein Duell Good Guy gegen Badass, auch McGregor versteht sich in Provokation. In einem Internetvideo trug der Käfig-Kämpfer ein Trikot des NBA-Clubs Golden State Warriors mit der Nummer 23, die dem Spieler Charles Akeem Watson gehört. Eine freche Anspielung auf die Gerüchte um eine Affäre im Jahr 2010 von Watson und Mayweathers damaliger Freundin Josie Harris. Als Mayweather seine damalige Lebensgefährtin wegen der Gerüchte zur Rede stellte, schlug er sie vor den Augen ihrer gemeinsamen Kinder. Zur Strafe musste er für zwei Monate ins Gefängnis.
Provozieren kann McGregor, aber was hat er boxerisch drauf? Wenn er seine Beine nur einsetzen darf, um sich flink zu bewegen, nicht aber, um mit ihnen auszuteilen? Der frühere Box-Weltmeister Paul Malignaggi war Sparringspartner des Iren, bis er sich mit ihm überwarf. Er behauptet, dass McGregor "wie ein Mädchen winselt, wenn man ihn mit Körpertreffern traktiert". Der 38-Jährige glaubt aber auch, dass der Außenseiter viele Experten überraschen wird. "Wenn er dich trifft, tut das weh", sagt Malignaggi, "und das wird auch Mayweather spüren". McGregors größte Stärke sei "die Präzision", nicht so sehr die Schlaghärte. "Hat er die Oh-mein-Gott-Power? Nein. Aber das gibt es auch kaum noch", sagt der Amerikaner.
Auch Mayweather war während seiner aktiven Karriere kein K.-o.-Monster, aber athletisch konnte ihm keiner das Wasser reichen, nicht einmal ansatzweise. Die Frage ist: Wie fit ist der inzwischen 40-Jährige nach fast zweijähriger Wettkampfpause? Wie gut sind seine Reflexe noch geschult? Wie gut würde er jetzt einen Niederschlag verkraften?
Mayweather mag sich selbstbewusst bis zur Grenze des Größenwahns inszenieren, aber diese Fragen bringen auch ihn zum Nachdenken. Er sei nicht mehr der Boxer, der er vor zwei Jahren gewesen sei, gab der Ex-Champion zu. Und über seinen elf Jahre jüngeren Kontrahenten McGregor sagt der Amerikaner: "Er ist viel jünger, er ist größer und er hat eine größere Reichweite als ich".
Fakt ist: Alle tappen ein wenig im Dunkeln, denn so ein Duell hat der Kampfsport bislang noch nicht gesehen. Und deswegen wird im Vorfeld jedes Gerücht auf die Leistungsstärke der Athleten noch aufmerksamer erhört. Als eine Geschichte im Umlauf war, dass Leichtgewichtsboxer Brandon Rios im Sparring McGregor ausgeknockt haben soll, sah sich der vermeintliche K.-o.-Schläger selbst zu einem Dementi veranlasst. "Die Welt spielt verrückt", sagte Rios. "Mein Handy steht nicht mehr still, ich bekomme Anrufe und Nachrichten ohne Ende. Dabei habe ich McGregor noch nie getroffen und weiß gar nicht, wer das ist".
Von Jörg Soldwisch
SPORT
imago / ZUMA Press
Boxweltmeister gegen Käfigkämpfer
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