Endlich wieder Zweite Liga! Ohne die ganz großen Namen und einen echten Topfavoriten, aber dafür mit viel Tradition und angriffslustigen Neulingen geht die 2. Fußball-Bundesliga in die Saison 2017/18.
FC Ingolstadt
Nach zwei Jahren in der Bundesliga müssen sich die Oberbayern wieder neu sortieren. Mit Markus Suttner, Pascal Groß (beide Brighton) oder Matthew Leckie (Hertha BSC) verließen eine Reihe von Stammspielern den Club. Zudem muss Trainer Maik Walpurgis den Neuaufbau ohne Sportchef Thomas Linke starten. Durch die Transfers dürften aber genug finanzielle Reserven vorhanden sein, um eine schlagkräftige Mannschaft zusammenzustellen. Stefan Kutschke (Dresden) wird den Angriff bereichern.
FORUM-Prognose: Wenn Ingolstadt sich schnell findet, können die Schanzer um den Wiederaufstieg mitspielen.
SV Darmstadt 98
Am Böllenfalltor mussten die Verantwortlichen dem drohenden Abstieg schon früh ins Auge sehen und leiteten den großen Umbruch ein. Mehr als ein Dutzend Spieler wurde ausgetauscht. Jetzt besitzen bei den Lilien elf Spieler Verträge mit einer Laufzeit von mindestens drei Jahren. 98 stürzt also keinesfalls ins Bodenlose, verfügt über einen breiten, gut besetzten Kader und hat mit Torsten Frings einen jungen Trainer, der frische Impulse setzt.
Prognose: Den Aufstieg zu erwarten, ist völlig überzogen. Aber die Mannschaft hat Qualität und gehört zumindest zum erweiterten Favoritenkreis.
Eintracht Braunschweig
Der Schmerz des knapp verpassten Aufstiegs saß bei den Löwen tief. Doch an der Hamburger Straße kann man auf vertraute Strukturen setzen. Torsten Lieberknecht und Marc Arnold sind ein eingespieltes Team, das die starke Mannschaft weitestgehend zusammengehalten hat und nun einen neuen Anlauf nimmt. Allerdings wecken Stürmer Christoffer Nyman und Abwehrchef Saulo Decarli Begehrlichkeiten bei einigen Erstligisten.
Prognose: Startet die Eintracht ähnlich eindrucksvoll wie im Vorjahr, sind die Niedersachsen einer der heißesten Aufstiegsanwärter.
Union Berlin
In Berlin-Köpenick unternimmt man den nächsten Versuch, sich die Sehnsucht von der Bundesliga zu erfüllen. Akaki Gogia (Dresden) soll gerade das Flügelspiel beleben, Marc Torrejon (Freiburg) die Defensive stabilisieren und Grischa Prömel (Karlsruhe) den Konkurrenzkampf in der Zentrale anheizen. Die Stammelf blieb fast komplett zusammen, aber Union braucht einen breiten Kader, damit den "Eisernen" diesmal nicht auf der Zielgerade der Saison die Luft ausgeht.
Prognose: Mit den Hauptstädtern ist zu rechnen, gerade die Heimstärke kann im Aufstiegsrennen ein gewichtiges Pfund sein.
Dynamo Dresden
Den Sachsen ist mit den Abgängen von Stefan Kutschke (Ingolstadt), Akaki Gogia (Union Berlin) und Marvin Stafaniak (Wolfsburg) fast die komplette offensive Achse weggebrochen. Spieler aus der zweiten Reihe und Neuzugänge wie Lucas Röser (Sonnenhof Großaspach) bekommen ihre Chance. Doch Uwe Neuhaus will den Kader noch verstärken. Darüber hinaus plagten die Dynamos in der Vorbereitung Verletzungssorgen.
Prognose: Der fünfte Platz scheint wohl kaum zu wiederholen sein. Entscheidend ist für Dresden, nicht in eine Abwärtsspirale zu geraten.
1.FC Heidenheim
In der Beschaulichkeit der schwäbischen Alb kann Frank Schmidt den FCH in aller Ruhe weiterentwickeln. Der Club hat sich nach drei Jahren in der 2. Liga etabliert und spricht offen von seiner "Vision Bundesliga". Marnon Busch (Werder Bremen), Kolja Pusch (Regensburg) und Robert Glatzel (Kaiserslautern) sind interessante Ergänzungen, doch für den großen Wurf dürfte das noch nicht reichen. Die Zauberworte heißen für Frank Schmidt aber ohnehin "Stabilität" und "Nachhaltigkeit".
Prognose: Nach der desolaten Rückrunde der Vorsaison tut der FCH gut daran, kleinere Brötchen zu backen. Mit dem Abstieg sollte man aber nichts zu tun haben.
FC St. Pauli
Großes Stühlerücken auf dem Kiez! Olaf Janßen durfte als Co-Trainer von Ewald Lienen bereits das Team kennenlernen und ist jetzt der Boss, während Lienen als Berater ins zweite Glied zurücktritt. Uwe Stöver (Kaiserslautern) übernimmt ab Oktober den Posten des Sportdirektors. Das Team wurde mit Clemens Schoppenhauer (Würzburg) und Sami Allagui (Hertha BSC) sinnvoll ergänzt. Die Vertragsverlängerung mit Cenk Sahin kann Gold wert sein.
Prognose: Eine weitere Zittersaison dürfte den Hamburgern erspart bleiben. Auch ein Überraschungscoup scheint nicht ausgeschlossen.
SpVgg Greuther Fürth
Cheftrainer Janos Radoki hält bei den Franken die Spannung hoch und sieht einen großen Konkurrenzkampf um die Plätze in der Stammelf. Große Fußstapfen hinterlässt vor allem Robert Zulj (nach Hoffenheim). Nik Omladic (Braunschweig) oder Manuel Torres (Karlsruhe) sollen das spielerische Vakuum im Mittelfeld schließen. Die Verletzung von Kapitän Marco Caligiuri (Muskelfaserriss) in der Vorbereitung war ein Rückschlag.
Prognose: Beim Kleeblatt muss man immer mit allem rechnen. Soll mehr als ein Platz im gesicherten Mittelfeld herausspringen, muss alles passen.
VfL Bochum
Genau 17 Tage vor dem Saisonstart hat sich Bochum von Cheftrainer Geertjan Verbeek getrennt. Das Verhältnis zwischen Team und Trainer war zerrüttet und die Trennung unausweichlich. Mit Ismail Atalan (Sportfreunde Lotte) übernimmt ein junger, hungriger Trainer, der den Traditionsclub mittelfristig in die Bundesliga zurückführen soll. Gerade in der Offensive wurde das Team mit Lukas Hinterseer (Ingolstadt) und Dimitrios Diamantakos (Karlsruhe) verstärkt.
Prognose: Ein einstelliger Tabellenplatz sollte möglich sein, der Aufstieg ist aber wohl noch nicht in Reichweite.
SV Sandhausen
In Trikots der Marke "Juventus Turin" wollen die Sandhäuser erneut so früh wie möglich 40 Punkte einfahren. Kenan Kocak möchte noch mehr "Spaß und Spielfreude" sehen. Eroll Zejnullahu (Union Berlin) und Nejmeddin Daghfous (Würzburg) könnten diese Hoffnungen erfüllen. Ob der Klassenerhalt wieder souverän gelingt, hängt vor allem davon ab, ob Manager Ottmar Schork, der mit einem Wechsel nach Kaiserslautern in Verbindung gebracht wurde, erneut für kleines Geld Talente gefunden hat, die sein Trainer auf Zweitliga-Niveau trimmt.
Prognose: Auch wenn der SVS schon lange dabei ist: Eine Garantie für den Klassenerhalt gibt es nicht. Es geht wieder nur gegen den Abstieg.
Fortuna Düsseldorf
An der noblen Königsallee möchte man endlich wieder über Fortuna-Erfolge jubeln! Niko Geißelmann (Fürth) bringt neue Qualität nach Standards, außerdem wurde Rouwen Hennings fest vom FC Burnley verpflichtet. Der Top-Torjäger braucht aber dringend noch hochwertige Unterstützung. Sollte diese kommen, und kann Ihlas Bebou gehalten werden, kann das Saisonziel Platz sechs auf jeden Fall erreicht, vielleicht sogar übertroffen werden.
Prognose: Fortuna hat den Anspruch, oben mitzuspielen, und für dieses Ziel auch genug Qualität im Kader.
1.FC Nürnberg
Wenig Geld, aber hohe Erwartungen diesen schwierigen Spagat müssen Trainer Michael Köllner (Philosophie "flach statt hoch") und Sportchef Andreas Bornemann am Pfalznerweiher meistern. Adam Zrelak (Jablonec) komplettiert die Abteilung Attacke um Rurik Gislasson, Edgar Salli, Sebastian Kerk und Mikael Ishak. Alle haben ihr Potenzial bisher noch nicht abgerufen. Köllner muss das Optimum aus der Mannschaft herausholen, um wirklich angreifen zu können.
Prognose: Anspruch und Realität könnten auch in diesem Jahr zu weit auseinanderklaffen. Für ganz oben wird es wohl, trotz der starken Youngster, nicht reichen.
1.FC Kaiserslautern
Eine wirklich ruhige Sommerpause kennt man auf dem Betzenberg schon gar nicht mehr. Der Wirbel um die Nachfolge von Sportchef Uwe Stöver überlagerte alle sportlichen Entscheidungen beim FCK, der weiterhin ganz genau darauf achten muss, kein zu großes finanzielles Risiko zu gehen. Trainer Norbert Meier muss elf Neuzugänge, darunter einige hoffnungsvolle Nachwuchskräfte, integrieren. Immerhin ist der Kader rechtzeitig komplett, das Team hat Zeit, sich zu finden.
Prognose: Gelingt eine spielerische Weiterentwicklung, sollte ein einstelliger Tabellenplatz drin sein. Mehr zu erwarten, ist wohl unrealistisch.
Erzgebirge Aue
Ex-Trainer Domenico Tedesco brauchte im Erzgebirge nur drei Monate, um sich für höhere Aufgaben zu empfehlen. Nach seinem Wechsel zum FC Schalke 04 steht jetzt mit Thomas Letsch der ehemalige Leiter des Leipziger Nachwuchsleistungszentrums auf der Auer Kommandobrücke. Seine Erfahrungen im Umgang mit jungen Spielern könnten im Abstiegskampf wichtig werden. Fraglich ist, wie gut die Lücke, die Louis Samson und Steve Breitkreutz (beide nach Braunschweig) durch ihre Abgänge gerissen haben, geschlossen wird.
Prognose: Im Erzgebirge ist man Abstiegskampf-erprobt. Das jetzt fertige neue Stadion kann ein wichtiges Faustpfand sein.
Arminia Bielefeld
Jeff Saibene führte die Ostwestfalen aus fast schon aussichtsloser Lage doch noch zum Klassenerhalt und geht mit einer jungen Mannschaft sowie nicht mehr als 19 Feldspielern in die neue Saison. "Wenn die Qualität da ist, ist mir ein kleiner Kader lieber", sagte Saibene, der dank seiner Schweizer Kontakte Andraz Sporar aus Basel auf die Alm lockte. Torhüter Stefan Ortega kehrt in seine Heimat zurück und will die neue Nummer eins werden.
Prognose: Die Mittel in Bielefeld sind beschränkt, mit dem Klassenerhalt wären alle Saisonziele erreicht. Aber schon das wird schwer genug.
MSV Duisburg
Die "Zebras" wollen ihren Status als Fahrstuhlmannschaft der letzten Jahre ablegen und starten als gefestigte Einheit in die "Mission Klassenerhalt". Säulen im Team sind Mittelfeldmotor Fabian Schnellhardt und Abwehrchef Branimir Bajic. Moritz Stoppelkamp (zuletzt Karlsruhe) kehrt in seine Geburtsstadt zurück und will seine schwarze Serie von drei Abstiegen in Folge beenden. Ein Schock sind die schweren Verletzungen von Zlatko Janjic (Kreuzbandriss) und Tim Albutat (Sprunggelenks-OP)
Prognose: Unter Ilja Gruev hat sich Duisburg auch fußballerisch weiterentwickelt das Ziel Klassenerhalt ist absolut realistisch.
KSV Holstein Kiel
Nach 36 Jahre flattern die Kieler Störche wieder in der 2.Liga! Der Aufstieg ist der Lohn für die kontinuierliche Aufbauarbeit, die Geschäftsführer Wolfgang Schwenke & Co in den letzten Jahren an der Förde geleistet haben. Die Defensive um Torhüter Kenneth Kronholm soll der Trumpf der Schleswig-Holsteiner, die vor allem über das Kollektiv kommen, werden. Die Aufstiegshelden blieben fast alle in Kiel, die Basis des Teams wurde noch einmal verbreitert.
Prognose: Holstein ist eine gewachsene Einheit und brennt auf das Abenteuer 2. Liga. Auch wegen der fehlenden Erfahrung wird man aber wohl bis zum Schluss gegen den Abstieg kämpfen müssen.
SSV Jahn Regensburg
Erst wurden die Donaustädter von der 2. Liga bis in die Regionalliga durchgereicht dann gelang der direkte Durchmarsch zurück ins Bundesliga-Unterhaus. In dieser Zeit haben sich die Oberpfälzer vor allem dank des Stadionbaus deutlich professionalisiert. Der Verlust von Aufstiegstrainer Heiko Herrlich (nach Leverkusen) soll durch Achim Beierlorzer (zuletzt RB Leipzig) kompensiert werden. Mit Kolja Pusch (Heidenheim) und Erik Thommy (Leihe nach Augsburg beendet) gingen zwei weitere Aufstiegshelden. Hat dadurch die Euphorie einen Dämpfer erlitten?
Prognose: Der Jahn dürfte einer der heißesten Abstiegskandidaten sein. Vom Saisonstart wird eine Menge abhängen.
Marcel Meinert