Hertha BSC eröffnet mit dem Heimspiel gegen den VfB Stuttgart (Samstag, 15.30 Uhr) die neue Bundesligasaison und steht vor einer Spielzeit mit anspruchsvollen Aufgaben.
Trotz der Spielpause erschien die Hauptstadt im Sommer besonders in Blau und Weiß. Kein Wunder: Schließlich beging Hertha BSC im Juli seinen 125. Geburtstag. Eine Festwoche würdigte diesen Anlass, es wurde die Ausstellung "Hauptstadtfußball" eröffnet: mit Schwerpunkt klar auf Hertha BSC. Das neue Trikot unterstreicht ebenfalls das Jubiläum: Die Vereinsfarben sind mit goldenen Streifen versetzt, das Wappen wird mit eben dieser Farbe festlich gerahmt. Dazu prangt in diesem Jahr auf der Internetseite das Motto: "Die Zukunft gehört Berlin", um neben der langen Vereinshistorie auch die sportlichen Perspektiven aufzuzeigen.
Doch vor den Erfolg haben auch in Berlin die Götter die Arbeit und den Schweiß gesetzt. Die Verantwortlichen um Manager Michael Preetz und Trainer Pal Dardai tüfteln ja schon seit Jahren daran, die Bundesligamannschaft Schritt für Schritt in der oberen Tabellenregion zu etablieren. Bislang ist festzustellen, dass der Plan aufgegangen ist man ist aber auch noch mitten auf dem Weg. Ein sechster Platz wie vergangenes Jahr ist beileibe keine Selbstverständlichkeit. Vor allem, wenn alle anderen Vereine mit wirtschaftlich größeren Möglichkeiten die Erwartungen erfüllen sollten.
Viele Verletzungen stören Vorbereitung
Bei Hertha beschreitet man ungeachtet dessen seinen Weg weiter. Angesichts der üppigen Einnahme aus dem Transfer von John Anthony Brooks zum VfL Wolfsburg ging man dieses Jahr aber durchaus offensiver auf dem Transfermarkt zu Werke. Durch die Verpflichtungen von Davie Selke (RB Leipzig), Matthew Leckie (FC Ingolstadt), Karim Rekik (Olympique Marseille) und der Leihe von Valentino Lazaro (RB Salzburg) wurde ein Großteil der Brooks-Millionen reinvestiert. Auf der anderen Seite da bleibt man sich beim Berliner Bundesligisten treu rücken mit Baak, Kade, Maier und Trainer-Sohn Palko Dardai auch wieder Talente aus dem eigenen Nachwuchs nach oben auf.
Bei allen mittel- und langfristigen Planungen steht nun aber auch ganz real die Herausforderung der Spielzeit 2017/18 auf der Tagesordnung. "Das wird", macht sich Herthas Kapitän Vedad Ibisevic nichts vor, "eine knallharte Saison". Schließlich ist man neben Meisterschaft und Pokal auch im internationalen Geschäft am Start. Inklusive Gruppenphase in der Europa League erwarten die Herthaner so allein bis Weihnachten 24 Spiele mindestens. Der nächste Entwicklungsschritt also für das Team, der nicht zwangsläufig mit Erfolgen in allen drei Wettbewerben gekrönt sein wird.
Dennoch gilt es, im "Kerngeschäft Bundesliga" mehr Konstanz in den Saisonverlauf zu bekommen schließlich waren die vergangenen Jahre oft von Abwärtstrends nach positivem Beginn geprägt. Auch die vergangene Rückrunde (19 Punkte) blieb wieder deutlich hinter der Hinserie (30) zurück. Von der Ausgeglichenheit des Kaders her ist eine Rotation zumindest im gewissen Maß möglich wenn das Verletzungspech einen Bogen um den Olympiapark macht. In den vorigen Jahren aber war es dort immer wieder ein ungeliebter Gast und auch in der Vorbereitung bereiteten Blessuren den Verantwortlichen reichlich Kopfzerbrechen.
Wie absurd es manchmal zugehen kann, bewiesen etwa die Ausfälle gleich aller drei Torhüter Mitte Juli. Sowohl Rune Jarstein (Infekt) und Thomas Kraft (Nasenbeinbruch) als auch der ablösefrei verpflichtete "Weltmeister-Sohn" Jonathan Klinsmann (Knieprobleme) mussten damals zwischenzeitlich passen.
Dazu konnten einige Spieler aus Verletzungsgründen nicht beide Trainingslager absolvieren. Niklas Stark etwa kam mit einem Rippenbruch von der U21-EM zurück und fiel dadurch für die Wochen in Bad Saarow und im österreichischen Schladming aus. Erst Mitte vergangener Woche stieg der 22-Jährige wieder ins Mannschaftstraining ein ebenso wie Jordan Torunarigha, der vier Wochen nicht mit dem Team üben konnte.
Noch komplizierter scheint der Fall ausgerechnet bei Davie Selke zu sein. Sein vereinbarter Einstieg nach dem Lauftrainingslager wegen der U21-EM brachte ein jähes Ende. Beim 22-jährigen Stürmer mit 8,5 Millionen Euro Herthas Rekordeinkauf wurde ein Knochenmarködem im Mittelfuß festgestellt. Die Verletzung verhinderte nicht nur seine Teilnahme in Schladming, sondern führt auch zu einer Pause auf zunächst unbestimmte Zeit. Bei den Verantwortlichen dürften die Alarmglocken schrillen. Schließlich sorgte vergangene Saison ein Ödem im verletzten Knie von Neuzugang Ondrej Duda dafür, dass der slowakische Nationalspieler nur zu drei Kurzeinsätzen in der Bundesliga kam.
Auch der bislang letzte Neuzugang, Valentino Lazaro, muss eine Verletzung auskurieren. Die Verantwortlichen von Hertha BSC hatten sich länger um den vielfältig einsetzbaren 21-Jährigen bemüht. Kaum nahmen die Verhandlungen konkrete Formen an, wurde aber eine Außenbandverletzung bei Lazaro festgestellt. Nach intensiver Untersuchung durch Herthas medizinische Abteilung wurde das Leihgeschäft mit anschließender Kaufoption dennoch unter Dach und Fach gebracht. Natürlich auch ein Zeichen dafür, wie viel man bei den Blau-Weißen von dem Spieler hält allerdings kann er wohl erst Ende August ins Training einsteigen.
Bekanntlich ist Pal Dardai aber kein Typ, der sich über derartige Probleme beklagt. Als Trainer muss er natürlich auch lösungsorientiert vorgehen und fand beispielsweise mit Alexander Esswein in der Vorbereitung einen Ersatz für die Stürmerposition neben Ibisevic. Der 27-Jährige hat in seiner ersten Saison bei Hertha mit zwei Toren in 29 Bundesliga-Einsätzen (davon nur vier über die gesamte Spieldauer) nicht unbedingt überzeugen können, wird nun aber als ein Gewinner der Vorbereitung bezeichnet. Positiv stimmen dürfte bei Hertha BSC vor dem Saisonauftakt zu Hause gegen den VfB Stuttgart dazu die Statistik. Seit dem Wiederaufstieg 2013 hat man das erste Punktspiel nicht mehr verloren viermal gewann Hertha, einmal hieß es Unentschieden. Wie vergangenes Jahr (SC Freiburg) ist mit Stuttgart ein Aufsteiger der erste Gegner. Pal Dardai betont auch vor seinem dritten Saisonstart, wie wichtig ein erfolgreicher Auftakt für sein Team ist. Da kann man den Ungar wie vergangenes Jahr nach dem Last-Minute-Sieg gegen die Freiburger schon mal ausgelassen über den Platz hüpfen sehen.
Von Hagen Nickelé