Saar-Athletinnen und -Athleten haben im Sportjahr 2016 bei allen Großveranstaltungen mitgewirkt allen voran die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro. FORUM-Mitarbeiter Sebastian Zenner sprach mit Saarlands oberstem Sportfunktionär, LSVS-Präsident Klaus Meiser, über den aktuellen Stand des Saarsports.
Herr Meiser, sind Sie zufrieden mit dem Abschneiden der saarländischen Teilnehmer an den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro?
Die Bilanz ist nicht überragend, aber ich bin damit zufrieden. Für eine Medaille hat es leider nicht gereicht, aber es gab viele hervorragende Platzierungen. Von zwölf Sportlerinnen und Sportlern kamen neun unter die besten Zehn ihrer Disziplin. Immerhin gehören sie damit zu den besten der Welt und das sollte man nicht geringschätzen. Auch die Anzahl der Teilnehmer war gut. Wenn man beides in Relation zur Größe des Saarlandes stellt, kann man mit dem Ergebnis durchaus zufrieden sein.
Welches Resümee ziehen Sie aus den nichtsportlichen, also organisatorischen und politischen Rahmenbedingungen in Brasilien?
Sicherlich ist es in Rio besser gelaufen, als es viele vorher befürchtet hatten. Allerdings weiß ich von Funktionären, dass es vor Ort dennoch große Probleme gab. Ich bin froh, dass diese nicht öffentlich gemacht wurden und man so den Gastgeber respektiert hat. Aber ich sage immer noch: Es kann nicht sein, dass Rio Olympia kann und Hamburg kann es nicht. Wenn man sich das vor Augen hält, ist es schon grotesk.
Wird sich auf absehbare Zeit wieder eine deutsche Stadt um die Austragung der Spiele bewerben?
Ziel bleibt eineerfolgreicheOlympia-Bewerbung
Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) und die Landessportverbände sind sich einig darin, dass es das nicht gewesen sein kann. Unser Ziel bleibt eine erfolgreiche Olympia-Bewerbung. Entscheidend wird sein, dass eine solche Entscheidung besser vorbereitet wird. Das Referendum in Hamburg hätte nicht scheitern müssen, wenn früh genug Einigkeit über Finanzierungsregelungen bestanden hätte. Dann hätten die Gegner diese Themen nicht so stark aufmachen können, wie es geschehen ist. Also: Wir sollten uns mittelfristig wieder bewerben. Allerdings mit einer weit besseren Vorbereitung und Koordination zwischen Bund, Land und Stadt.
Warum sollte sich eine deutsche Stadt in Zeiten immer neuer Korruptions- und Dopingskandale im Sport um eine Olympia-Bewerbung bemühen?
Der Sport ist trotz aller Probleme und aller Skandale ein unglaublicher Imagefaktor. Natürlich ist es auch für die betroffene Region eine Riesenchance in Sachen Infrastruktur. Deshalb denke ich, dass es Deutschland gut zu Gesicht stehen würde, wenn man dafür noch einmal Flagge zeigt.
"Riesentalente im Schwimmen und in der Leichtathletik"
Wie geht es für den Saarsport nach den Spielen in Rio weiter?
Es wird Veränderungen geben. Für alle. Außerdem stehen große Entscheidungen an. Der DOSB, das Bundesinnenministerium und die Sportverbände werden noch im Oktober dieses Jahres zu Entscheidungen kommen müssen, wie viele Bundesstützpunkte es noch geben wird, wo sie bleiben, hinkommen oder wegfallen sollen und wie der Sport und die dafür benötigten finanziellen Mittel konzentriert werden können. Hier stehen wir vor einer wichtigen Phase.
Welche Veränderungen in diesen Bereichen hätten Einfluss auf den Saarsport?
Ich will jetzt keine Standorte verbal gefährden. Aber wir wissen, wo unsere Probleme liegen und sind mit Hochdruck in Gesprächen mit den Spitzenverbänden. Genaueres wird man, wie ich glaube, im November berichten können. Ich bin mir allerdings sicher, dass das Saarland mit seinem Olympia-Stützpunkt und der Hermann-Neuberger-Sportschule gut aufgestellt bleibt.
Was bedeutet dies mit Blick auf saarländische Talente und ihre internationalen Chancen?
Hier müssen wir stark zwischen den Sportarten differenzieren. Es gibt Sportarten, in denen wir mit Blick auf die Spiele in Tokio 2020 durchstarten. Wir haben zum Beispiel Riesentalente im Schwimmen und in der Leichtathletik. Auch der Nachwuchs im Badminton und im Ringen ist wieder sichtbar. Wo man hier landen kann, weiß man jetzt natürlich noch nicht. Aber insgesamt ist die Basis gut. Wir müssen aber auch jetzt schon die Weichen stellen, um die besten Talente auch hier im Saarland zu halten. Das ist immer unser größtes Problem.
Wie wollen Sie dieses lösen?
In erster Linie geht es darum, Top-Trainer zu haben. Was das angeht, laufen derzeit fast täglich Gespräche. Mehr möchte ich dazu im Moment noch nicht sagen. Finanziell sind wir sehr ordentlich aufgestellt, und ich bin optimistisch, dass wir unsere Ziele erreichen. Beispielsweise haben wir im Tischtennis mit Patrick Franziska und Patrick Baum zwei der deutschen Spitzenspieler und dazu viele Nachwuchstalente beim 1. FC Saarbrücken.
An welchen Schwächen muss der Saarsport, also auch der Landessportverband für das Saarland (LSVS) noch arbeiten?
Wir haben sicherlich in einzelnen Sportarten auch hausgemachte Probleme. Die gilt es intern anzusprechen und zu beheben. Uns fehlen bei einer fast perfekten Infrastruktur noch barrierefreie Quartiere. Dieses Problem wollen wir nächstes Jahr angehen.
Wird es weitere infrastrukturelle Veränderungen an der Hermann-Neuberger-Sportschule geben?
Der Baubeginn für unsere Werkstatt steht unmittelbar bevor. Das klingt vielleicht banal, aber für ein Gelände wie unseres und Immobilien, deren Wert sich zwischen 70 und 100 Millionen Euro bewegt und die täglich instand gehalten werden müssen, errichten wir für unseren Trupp von 15 Personen im technischen Dienst die passende Infrastruktur. Dieses Gebäude wird zwischen der Tennishalle und der Mensa entstehen. Im Januar oder Februar sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Danach geht es an die Sanierung der Turnhalle, die ja unter Denkmalschutz steht. Für diese Maßnahme, die 2017/2018 über die Bühne gehen soll, kalkulieren wir mit vier Millionen Euro Kosten.
Bekommt der LSVS für die Bauvorhaben finanzielle Zuschüsse?
Der Bau des Werkstattgebäudes und die Sanierung der Turnhalle werden von der Sportplanungskommission unterstützt. Ansonsten finanzieren wir die Maßnahmen aus unseren eigenen Mitteln.
Risikofrei im Ehrenamt
Welche weiteren Projekte begleitet der LSVS derzeit?
Finanziell haben wir vieles verstärkt. Ein zweites Projekt, das wir weiter forcieren wollen, ist das Kompetenzzentrum Ehrenamt. Wir hatten allen Vereinen die Chance versprochen, risikofrei im Ehrenamt tätig sein zu können. Der Service des Kompetenzzentrums funktioniert bereits sehr gut, aber wir müssen ihn noch viel breiter vorstellen. Je mehr Vereine ihn nutzen, desto mehr kann der Spaß im Ehrenamt dominieren und nicht die Frage nach hohen Risiken, die einem mitunter die Lust auf das Engagement nehmen können. Die Vereine, die unsere Dienste annehmen, sind dankbar dafür, dass sie kompetent, zeitnah und rechtssicher Auskünfte und Hilfestellungen erhalten.
Welche Maßnahmen sind im Bereich der Nachwuchsförderung aktuell?
Neben der hervorragenden Förderung, die wir ohnehin schon haben, ist ein Zukunftsprojekt, für das wir noch sehr viel tun müssen, die Verstärkung in den Kindergärten, Grundschulen und den weiterführenden Schulen. An der Spitze ist hier natürlich die Eliteschule des Sports am Rotenbühl zu nennen, danach kommen die mit dem Zertifikat "Sportbewegte Schule" ausgezeichneten Schulen. Hier wollen wir die Basis verbreitern.
Interview: Sebastian Zenner
Zur Person:
Klaus Meiser wurde am 3. Oktober 1954 in Quierschied geboren. Der Jurist war 1991 bis 1999 Bürgermeister seiner Heimatgemeinde. Er war zweimal saarländischer Innenminister und anschließend von 2009 bis 2015 Fraktionsvorsitzender der CDU im Landtag des Saarlandes und ist seit 2015 Landtagspräsident. Seit 2014 ist er Präsident des Landessportverbands. Zuvor war er von 1997 bis 2007 Vizepräsident des 1. FC Saarbrücken. Heute engagiert er sich auch noch im Vorstand der Spielvereinigung Quierschied sowie des 1. FC Saarbrücken Tischtennis.