Der Erstligist BC Bischmisheim ist die Top-Adresse im Sport mit dem Federball in Deutschland. Die Mannschaft hat in den letzten beiden Jahren die Meisterschaft gewonnen. Auch in diesem Jahr ist Bischmisheim einer der Favoriten auf den Titel.
Ein gewöhnlicher Tag im Leben von Isabel Herttrich (großes Foto) und Marvin Seidel ist gelinde gesagt anstrengend: Neun Mal oder rund 30 bis 35 Stunden in der Woche, also von Montag bis Freitag, findet man die beiden jungen Athleten mit dem Schläger in der Hand in der Badminton-halle. Am Wochenende stehen Bundesligaspiele oder internationale Turniere an. In der wenigen freien Zeit, die ihnen bleibt, lernen sie für die Uni. Nebenbei, wie Herttrich und Seidel sagen, wollen beide ein Bachelor-Studium in BWL absolvieren. Nebenbei, denn die beiden sind Profisportler. Beim Badminton-Club Saarbrücken-Bischmisheim spielen die gebürtige Bayerin und der 21-Jährige aus St. Ingbert in der Bundesliga. Und das mit großem Erfolg: Drei Spiele vor Ende der Saison steht der BCB auf dem ersten Tabellenplatz. Aus den bisher 13 Partien ging das Team zwölfmal als Sieger vom Feld. In den letzten beiden Jahren erkämpften sich die Saarländer die Meisterschaft in der Bundesliga. Und auch in diesem Jahr ist die Mannschaft der Favorit auf den Titel. Allein die bisherige Punkteausbeute in der Liga stellt Seidel nicht zufrieden. "Wir können prinzipiell mit der Saison bisher zufrieden sein. Weil wir aber oft 5:2 oder 4:3 gewonnen haben, konnten wir nicht so viele Punkte holen", sagt er. "Da ist uns das neue Punktesystem nicht zugutegekommen."
An einem Spieltag in der Badminton-Bundesliga ermitteln zwei Teams in sieben Spielen den Sieger. Die Athleten der beiden Kontrahenten messen sich in zwei Herreneinzeln, zwei Herrendoppeln, einem Damendoppel, einem Dameneinzel und in einer Mixed-Partie. Das neue Punktesystem, das der Deutsche Badminton-Verband (DBV) in dieser Spielzeit eingeführt hat, bewertet nun nicht mehr nur den eigentlichen Sieg eines Teams, sondern auch die Qualität des Sieges. Nur ein Erfolg, in dessen Verlauf der Gegner nur ein Spiel oder keines für sich entscheiden konnte, ist dem DBV drei Punkte wert. Alle anderen Siege werden lediglich mit zwei Punkten belohnt. Trotz der von Seidel bemängelten Punkteausbeute erspielten er und seine Mitspielerinnen und Mitspieler so insgesamt 30 Punkte. Der ärgste Konkurrent der Bischmisheimer, der TV Refrath, liegt mit einem Spiel und Punkt weniger auf dem zweiten Rang der Bundesliga. Auf dem dritten Platz liegt der 1. BC Düren mit 25 Punkten. Der Rest der Liga liegt ohne wirkliche Chance weit zurück. Am vergangenen Samstag traf der BCB im Auswärtsspiel auf den 1. BV Mülheim. Am Freitag davor sprach Seidel von einem Pflichtsieg seines Teams gegen den Tabellensiebten aus Nordrhein-Westfalen und Bischmisheim wurde seiner Favoritenrolle dann auch gerecht. Mit 6:1 besiegte der BCB die Mülheimer und wurde mit der vollen Punktzahl belohnt. "Wir sind auf jeden Fall zufrieden, die drei Punkte zu holen war wichtig", sagte Herttrich, die an diesem Tag ihre beiden Spiele im Damendoppel und in der Mixed-Disziplin gewann. Seidel hingegen konnte nicht ins Geschehen eingreifen, weil er sich zurzeit an zwei Krücken fortbewegt. Er hatte sich im Herrendoppel-Finale der Deutschen Meisterschaften Anfang Januar zwei Bänder im Fuß abgerissen. "Ich hoffe, dass ich schnell wieder fit werde und dann beim Final-Four-Turnier wieder dabei sein kann", sagt er und spricht damit eine weitere Regeländerung in dieser Saison an.
Nicht nur änderte der DBV die Punktevergabe für einen Sieg und die Modalitäten für ein einzelnes Spiel der Sieger einer Partie wird nun in drei Gewinnsätzen mit jeweils elf Punkten ermittelt und nicht wie zuvor in zwei Sätzen mit 21 Punkten. Auch die Vergabe des Meistertitels läuft erstmals anders ab: Die eigentliche Playoff-Runde wurde durch das besagte Final-Four-Turnier ersetzt, also ein Turnier der besten vier Mannschaften der Saison. In zwei Tagen, am 13. und 14. Mai, werden diese vier Teams im hessischen Bad Hersfeld den Deutschen Mannschaftsmeister des Jahres 2017 ermitteln. Und dass der BCB auch in diesem Jahr nach ganz oben will, macht Seidel deutlich: "Wir wollen Meister werden, was anderes gibt es beim BCB nicht", sagt er und lacht.
Dass die Ansprüche in Bischmisheim so hoch sind, liegt einerseits an den sieben Meistertiteln in den Jahren von 2006 bis 2016. Andererseits stehen im Kader mit Marc Zwiebler und Michael Fuchs zwei Stars der Szene, die zwar nun schon zur älteren Generation der Spieler zählen, die aber lange Jahre die deutsche Badminton-Elite bildeten. Aber auch die jüngere Generation der Top-Athleten mit Herttrich und Seidel, die beide zum Kader der Nationalmannschaft gehören, ist beim BCB vertreten. Diese Mischung aus alten Superstars und jungen Ausnahmetalenten macht den alljährlichen Meisterschaftsanspruch zur Selbstverständlichkeit. "Wenn wir alle fit sind und auch keiner wegen internationaler Turniere verhindert ist, dann gehen wir meiner Meinung nach in jedes Spiel als Favorit", sagt Seidel.
Zahlreiche
Regeländerungen
in dieser Saison
Diese Favoritenrolle will der BCB auch in der kommenden Woche unter Beweis stellen, wenn das Team nach Bergisch-Gladbach reist. Am nächsten Dienstag, 21. Februar, um 19 Uhr steht das Spitzenspiel der Bundesliga gegen den TV Refrath an. "Ich denke, dass es an dem Spieltag kein 7:0 oder 6:1 geben wird. Es wird bestimmt eine enge Kiste", sagt Herttrich. Und tatsächlich ist Refrath ein ernstzunehmender Gegner. Sieben Dreipunkt-Erfolge feierte der TV bisher. Der BCB holte sechs Dreier. Ein Punkt trennt die beiden Teams in der Liga. Das erste Aufeinandertreffen mit Refrath entschied allerdings Bischmisheim deutlich für sich: Ende November besiegte der BCB den Gegner aus Refrath mit 5:2. Es wäre nicht vermessen zu behaupten, dass auch am Ende des Final-Four-Turniers eines dieser beiden Teams ganz oben auf dem Treppchen steht.
Hendrik Voss