Jerome Müller und Lars Weissgerber vom Handball-Zweitligisten HG Saarlouis nehmen für Deutschland an der U21-WM in Algerien teil. Mit ihrem Verein wollen sie sich im Tabellen-Mittelfeld ansiedeln.
Das Schicksal meint es mit Junioren-Nationalspielern gleich welcher Sportart ja eigentlich gut. In der Ausübung ihres Hobbys gehören sie zu den Besten im Land, und die Chancen auf eine erfolgreiche Profikarriere stehen prinzipiell gut. Natürlich bedeutet der Leistungssport in jungen Jahren auch Verzicht. Das wissen Jerome Müller und Lars Weissgerber von Handball-Zweitligist HG Saarlouis nur zu gut. Wenn für die Teamkollegen nach dem letzten Ligaspieltag eine mehrwöchige Pause ansteht, geht es für die Kaderspieler von einem Lehrgang zum nächsten, um sich auf die internationalen Turniere vorzubereiten. In diesem Jahr steht für Müller und Weissgerber die U21-Weltmeisterschaft in Algerien (18. bis 30. Juli) auf dem Plan. "Es war erstmals so, dass wir nach der Runde mit dem Verein zwei Wochen Urlaub hatten. Das war vorher anders. Ich hatte zum ersten Mal seit fünf Jahren oder so mal wieder etwas Zeit, in Sommerurlaub zu fahren", erklärt Jerome Müller. "Das hat schon sehr gutgetan. Ich konnte endlich mal abschalten." Auch Teamkollege Lars Weissgerber versichert: "Ich fühle mich richtig fit, auch wenn die Vorbereitung mit der Nationalmannschaft schon hart war. Aber das wird sich konditionell positiv auswirken. Daher bin ich auch sehr entspannt. Die Freude auf die WM überwiegt."
Erster Sommerurlaub seit fünf Jahren
Das Trainergespann Erik Wudtke/Klaus-Dieter Petersen hatte die Mannschaft im Zuge der WM-Vorbereitung in der Bundeswehr-Sportschule Warendorf (Westfalen) zusammengetrommelt. Von dort aus ging es weiter zur "Airport Trophy" im schweizerischen Kloten bei Zürich, ehe sich der nächste Lehrgangsabschnitt auf deutscher Seite des Bodensees anschloss. In Warendorf stand eine Mischung aus Kondition und Taktikschulung auf der Agenda. Dabei fehlte allerdings ein wichtiger Eckpfeiler der Mannschaft: Spielführer Tim Suton (TBV Lemgo, früher HG Saarlouis) musste den Lehrgang wegen einer Belastungsverletzung am Fuß absagen. Ob er an der WM teilnehmen kann, ist noch unklar.
Auch ohne den Kapitän lief die kleine "Generalprobe" in Zürich erfolgreich: Drei Siege aus drei Spielen bedeuteten den Turniersieg. Dabei setzten sich die beiden Saarlouiser Linkshänder mit ihren Teamkameraden gegen keine Geringeren als Europameister Spanien (28:25), U19-Weltmeister Frankreich (28:24) und die Schweiz (33:23) durch. Trainer Erik Wudtke war zufrieden: "Wir haben ein sehr gutes Turnier gespielt und haben vom Trainingslager davor profitiert, in dem wir einige Dinge trainieren konnten, die jetzt auch funktioniert haben", sagte er nach dem Turnier. Allerdings nicht ohne zu relativieren: "Die anderen Nationen haben da und dort etwas experimentiert, das darf man nicht vergessen. Aber wir konnten zeigen, dass wir schwer zu schlagen sind, wenn es uns gelingt, die richtigen Lösungen zu finden." "Den Turniersieg sollten wir jetzt nicht zu hoch hängen", findet auch Jerome Müller, der insgesamt sechs Treffer erzielte. "Wir haben gut gespielt, aber wir wissen auch, dass die Spanier und die Franzosen bei der WM wahrscheinlich noch mal ein Klasse stärker auftreten werden." Lars Weissgerber war mit zwölf Treffern einer der besten Schützen im DHB-Team. Der Franzose Melvyn Richardson, Sohn des früheren Weltklasse-Handballers Jackson Richardson, wurde als wertvollster Spieler des Turniers ausgezeichnet.
Gleich nach dem Turnier ging es für die DHB-Junioren zum letzten Trainingslager der WM-Vorbereitung nach Konstanz (2. bis 7. Juli), wo sie sich mit der 30:33-Niederlage im Test gegen Island einen kleinen Dämpfer einhandelte. "Da hat man gemerkt, dass jeder in den Wochen zuvor ein paar Körner gelassen hat. Trotzdem war es okay. Island war an dem Tag einfach frischer und besser", muss Müller gestehen. "Beim Turnier wollen wir sie aber auf jeden Fall schlagen, wenn wir auf sie treffen." Die Weltmeisterschaft beginnt für das deutsche Team am 18. Juli mit der Partie gegen Ungarn. Weitere WM-Gegner sind Chile (20. Juli, 19 Uhr deutsche Zeit), Südkorea (21. Juli, 17 Uhr), die Färöer (23. Juli, 19 Uhr) und Norwegen (24. Juli, 21 Uhr). "Wir können durchaus selbstbewusst in die WM gehen", findet Müller. "Wir haben gezeigt, dass wir die Topteams schlagen können und haben uns deshalb das Ziel gesteckt, mindestens die beste europäische Mannschaft zu sein." "Die klare Nummer eins der Favoriten ist Frankreich", sagt Weissgerber. "Dazu kommen die üblichen Verdächtigen wie Spanien, Island oder auch Ungarn, mit denen man immer rechnen muss." Weil sie alle zu den gleichen Jahrgängen gehören, begegnen sich die Top-Talente Europas und der Welt seit einigen Jahren immer wieder auf den Turnieren. "Vor und nach den Spielen geht es immer freundschaftlich zu", verrät Rechtsaußen Weissgerber. Auf der "Platte" wird allerdings um jeden Ball aufopferungsvoll gekämpft.
"Wir können die Topteams schlagen"
Vielleicht kehren die beiden Saarländer aber auch als Weltmeister zurück zu ihrer Vereinsmannschaft. Die HG Saarlouis startete am 10. Juli in die Vorbereitung auf die neue Saison. "Weil die WM recht früh beginnt, verpassen Whitey und ich eigentlich nur die Ausdauer- und Athletikeinheiten", sagt Jerome Müller und Lars Weissgerber ergänzt: "Das sind ja die Inhalte, die wir schon seit einiger Zeit mit der Nationalmannschaft absolvieren." Die verbleibenden drei Wochen vor dem Saisonstart am Pokal-Wochenende des 19. und 20. Augusts, in denen sie zusammen mit den HG-Teamkameraden trainieren, sind im Vergleich zu manch vergangenem Sommer fast schon luxuriös. "Wir sind rechtzeitig zu den spielerischen Einheiten wieder zurück. Außerdem kennen wir die Neuen ja schon etwas aus den Probetrainings", sagt Weissgerber, der zuversichtlich auf die neue Runde blickt: "Wir haben eine Supermischung aus erfahrenen Spielern und den jungen Wilden, die sich in den letzten Jahren zusammengefunden haben. Dazu ist der Kader etwas breiter aufgestellt als sonst und qualitativ vielleicht noch etwas besser als in der letzten Saison." Die Neuzugänge im 18 Mann starken Kader lassen die Verantwortlichen die Ziele etwas höher schrauben. Der Ruf des "unabsteigbaren" Kellerkinds soll weg, stattdessen will sich der beste Handballclub des Saarlandes im gesicherten Mittelfeld etablieren. Vielleicht angeführt von zwei U21-Weltmeistern.
Sebastian Zenner