Ugg-Boots spalten die modebewusste Frauenwelt wie wohl sonst nur wenige Kleidungsstücke oder Accessoires. Entweder frau liebt sie und besitzt gleich mehrere Paare, oder aber sie verabscheut sie und würde nie auch nur einen Euro dafür ausgeben.
Faszinierend ist, dass sich die Fellschuhe trotz ihres umstrittenen Status schon so lange auf den Laufstegen und in den Schuhgeschäften halten konnten. Wie lange wird das wohl noch so bleiben? Und wie wurden die Stiefel eigentlich zum Must-have für die Hälfte der Frauenwelt? Jedes Jahr aufs Neue, wenn die Tage dunkler, kürzer und ungemütlicher werden und die Kälte des kommenden Winters schon deutlich zu spüren ist, stellt sich nicht nur allen Frauen, sondern auch der Männerwelt die bange Frage: Liegen Ugg-Boots diesen Winter noch im Trend, oder sind sie endgültig out? Dabei verfolgen sowohl Frauen als auch Männer die Diskussion um die Fellstiefel aus ganz unterschiedlichen Interessen.
Wenig Halt, aber mit Sicherheit warme Füße
Frauen der Kategorie eins lieben ihre Ugg-Boots abgöttisch und können es kaum erwarten, bis es wieder kalt genug ist, um in die kuscheligen Felltreter zu schlüpfen und den ganzen Tag wie in Hausschuhen herumzulaufen. Sie fürchten den Tag, an dem Uggs wirklich aus der Mode sind und man sie auf keinem Laufsteg und in keinem Katalog mehr findet. Frauen vom Typ zwei dagegen freuen sich über jeden Satz in den Modezeitschriften, der lautet "Ugg-Boots endgültig von den Laufstegen verschwunden" oder "Diesen Winter bleiben die Ugg-Boots im Schrank". Sie verabscheuen die formlosen Plüschschuhe, in denen die Füße keinen Halt haben und frau durch die Stadt schlurft wie abends von der Couch ins Bett. Und die Männer? Die sind sowieso vom ersten Tag, an dem Ugg-Boots modern wurden, der Meinung: Diese Dinger machen Frauen alles andere als attraktiv. Sogar T-Shirts mit der Aufschrift "Zieh deine Ugg-Boots aus, wenn du mit mir redest", gibt es zu kaufen. Aber wie kam es dazu? Wann und wie wurden die Fellstiefel eigentlich so bekannt und woher kommen sie?
Seinen Ursprung hat der Trend nicht in Amerika, sondern in Australien. Schon um 1920 waren dort in den ländlichen Regionen Lammfell-Stiefel bekannt und beliebt, sie dienten Bauern und Schafzüchtern als traditionelles Schuhwerk. Woher allerdings der Begriff Ugg-Boots kommt, ist umstritten. Eine Erklärung ist, dass die Piloten im ersten Weltkrieg sogenannte Fug Boots trugen, Stiefel aus Lammfell, die die Füße möglichst warmhalten sollten. Da diese Schuhe aber allgemein nicht als besonders schön angesehen wurden, bekamen sie den Spitznamen "Ugly-Boots" oder "Ugg-Boots", also "hässliche Stiefel". Eine andere Version lautet, dass Frank Mortel von Mortels Sheepskin Factory 1958 den Begriff erfand, nachdem er das erste Paar Boots in seiner Fabrik hergestellt hatte und seine Frau zu ihm sagte, dass die Stiefel "ugly", also "hässlich" seien. Um die Entstehung des Namens der Ugg-Boots ranken sich also viele Geschichten, nicht aber darum, wie die Schuhe später den Weg nach Amerika fanden, von wo aus sie sich schließlich in der Welt verbreiteten: In den 1960ern waren die Stiefel aus Lamm- und Schafsfell vor allem bei australischen Wettkampfsurfern und -schwimmern beliebt, die sich nach dem Sport in den kuscheligen Tretern die Füße aufwärmten. Der Surfer Brian Smith brachte die Ugg-Boots dann im Jahr 1978 von Australien nach Kalifornien. Er war davon überzeugt, dass sich auch die amerikanischen Surfer nach dem Sport nach warmen Füßen sehnen, und gründete das Label Ugg Australia. So führte Smith die Stiefel in die amerikanische Fashion-Welt ein und hatte großen Erfolg: 1995 kaufte die Deckers Outdoor Corporation den Namen Ugg Australia und vermarktete die Schuhe durch Werbung mit Kate Hudson, Cameron Diaz, Sarah Jessica Parker, Leonardo Di Cabrio und Jennifer Lopez. Auch Oprah Winfrey stellte die Ugg-Boots in ihrer Fernsehshow unter ihren Lieblingssachen vor. Es folgten Werbeanzeigen in großen Modezeitschriften, und Ugg wurde um die Jahrtausendwende als Luxusmarke in der ganzen Welt bekannt. Seitdem waren die Stiefel nicht mehr nur bei Surfern beliebt, jetzt wollte jeder von der Bequemlichkeit und Wärme der Felltreter profitieren. So wurden Uggs zum weltweiten Trend, der die Modewelt spaltete und für zahlreiche Diskussionen sorgte.
Uggs sind schon zum modischen Klassiker aufgestiegen
Das alles ist nun schon einige Jahre her, und bekanntlich verändern sich Trends sehr schnell. Was letztes Jahr noch ein absolutes Must-have war, kann in diesem Jahr schon wieder vollkommen out sein. Auch über die Ugg-Boots wird jedes Jahr aufs Neue diskutiert. Schon 2012 fand man Schlagzeilen wie "Hurra, der Ugg-Boot ist endlich out", und trotzdem ist er sowohl aus den Schuhschränken der Frauen als auch aus den winterlichen Einkaufsstraßen immer noch nicht wegzudenken. Aber warum nicht? Warum hält sich dieser Trend so lange? Liane Seitz, Mode-Expertin und Bloggerin, und Lena Terlutter, Stylistin und Boutiquen-Besitzerin, haben bereits 2014 auf dem Internetportal "gofeminin.de" vorausgesagt, dass der Ugg-Boot noch einige Zeit modern sein wird: "Ich würde sagen, dass sich Ugg-Boots mittlerweile zu einem Klassiker entwickelt haben. Sie zählen zu den Basics, die jeder im Schrank hat", so Terlutter.
Auch Seitz ist der Meinung, dass sich die Uggs noch lange auf der Straße halten werden: "Man hat diesen Boots schon länger den Tod erklärt, aber sie sind immer noch da. Und die Nachfrage ist ungebrochen. Das merkt man einfach daran, dass jedes Jahr viele neue Varianten auf den Markt kommen. Mit den Uggs ist es eigentlich genauso wie mit den Birkenstocks, die sich ja auch nach wie vor fest im Trendbereich halten. Sie passen einfach wunderbar zu dieser Me-Generation, die sagt, ich bin mir wichtig, und wenn ich mich wohlfühle, dann strahle ich das auch aus.
Uggs sind eigentlich sowas wie Outdoor-Hausschuhe, die einfach total gemütlich sind. Nicht nur in allen möglichen Farben sind die Stiefel erhältlich, auch aufwändig geschmückte Hingucker mit Pailletten, Knöpfen, Fellbommeln und diversen Mustern sind jedes Jahr entweder knöchel- oder kniehoch in den Schuhgeschäften zu finden. Dabei sind die teuren Originale von Ugg Australia längst nicht mehr die einzige Alternative. Viele Marken bieten ihre eigenen Felltreter, meist zu viel günstigeren Preisen, zum Verkauf an.
Out ist der Ugg-Boot also noch lange nicht, und wahrscheinlich wird er als Basic-Ausstattung seinen Anhängerinnen noch viele Winter lang ein wohliges Seufzen entlocken, wenn sie entweder barfuß oder mit dicken Socken in die Kuschelstiefel schlüpfen.
Dass gleichzeitig ungefähr von genauso vielen Frauen und Männern ein entnervtes Stöhnen zu hören ist, wenn sie spätestens wie jetzt im Dezember die ersten Damen in den ausgelatschten Tretern durch die Fußgängerzone schlurfen sehen, das gehört zum Ugg-Boots-Trend wohl einfach dazu.
Von Nina Groß