Längst hat die technische Revolution Einzug in die Landwirtschaft gehalten, doch es geht auf der Weide und im Stall längst nicht nur um Hochleistungstraktoren und Milchpumpensysteme. Neuerdings haben sogar Kühe eine Hebammen-Rufbereitschaft.
Der "MooCall" erobert den Kuhstall, und der macht, was schon der Name vermuten lässt. Er ruft den Bauern zum lieben Vieh, wenn sich Nachwuchs ankündigt. Möglich macht das ein Hochleistungssensor, der sich am Schwanz der Kuh befindet. Dieser kann in jeder Sekunde bis zu 600 Daten messen und diese entsprechend auswerten. Dadurch registriert der Sensor nicht nur die Wehentätigkeit der trächtigen Kuh, er kann auch abschätzen, wann die Geburt kurz bevorsteht. Dann setzt das Gerät einen Alarmton ab, den sogenannten MooCall, und sendet diesen direkt auf das Smartphone des Landwirts. So entgeht ihm kein freudiges Ereignis im Stall, und er kann Hilfe leisten, wenn bei der Geburt nicht alles glatt geht.
Erfunden hat den Sensor der Amerikaner Niall Austin. Dem verstarb im Jahr 2010 ein Kalb aufgrund von Komplikationen bei der Geburt, weil er nicht rechtzeitig da war und einen Tierarzt verständigen konnte. Aufgerüttelt durch dieses Ereignis, gründete Austin mit seinen beiden Freunden Michael Stanley und Emmet Savage das Projekt "MooCall". Und damit nicht nur der Sensor läuft, sondern auch die Weiterleitung auf das Smartphone reibungslos funktioniert, stieg der Mobilfunkriese Vodafone mit ins Geschäft ein und lieferte die passende GSM-Technologie. Hierbei kann der Landwirt selbst bestimmen, ob er lieber einen Anruf oder eine SMS erhalten möchte, auch der Einsatz einer App ist möglich. Gerade bei großen Höfen mit viel Vieh macht die Technologie Sinn, denn so verliert der Landwirt nie den Überblick und bleibt selbst daheim bestens informiert.
Apropos große Höfe. Um die noch besser zu managen, gibt es nicht nur den Kuh-Sensor, auch Drohnen sind im Einsatz. Diese helfen dabei, die Felder zu überwachen. Sie überprüfen nicht nur, wann die Pflanzen Dünger und Wasser brauchen, sie messen auch die Bodenbeschaffenheit und den Stickstoffgehalt. Stimmt dieser nicht, meldet die Drohne das Problem eigenständig. Das vereinfacht dem Landwirt die Bewirtschaftung. Eine wirtschaftlich bedeutsame Hilfe, die das Start-up Gamaya da entwickelt hat. An Bord jeder Drohne ist modernste hyperspektrale Sensorik eine spezielle Messtechnik, die an ein Röntgengerät erinnert. Künftig soll die nicht nur Daten messen, analysieren und melden, sie soll auch gleich die anfallende Optimierungsarbeit erledigen. Roboter fahren dann über weit verzweigte Wiesen und Felder und erledigen alle Aufgaben, die ihnen die Drohne aufträgt vom Gießen über das Düngen bis hin zum Anpflanzen.
Noch klingt das wie ferne Zukunftsmusik, doch mancherorts in Frankreich sind bereits eifrige Drohnen über den Rapsfeldern zu beobachten. Diese messen den Stickstoffgehalt und erlauben es so den Landwirten entsprechend nachzurüsten, falls die erlaubte Menge unterschritten wird. Noch sind die Drohnen Leihgaben von Airnov, die die Geräte als Testversion mit zugehöriger App zu Verfügung stellen. Laufen die Tests erfolgreich, so verrichten die Drohnen bald auch hierzulande die Feldarbeit. "Internet of Things" nennen Experten Produkte wie dieses und meinen damit den Übergang zwischen realer Welt und virtuellen Sphären. Sobald sich das Internet aufmacht, in das Landleben Einzug zu halten, macht es dieses ein großen Stück praktikabler.
So wie die neueste Generation von Mähdreschern. Hier steuert der Landwirt nicht mehr die große Maschine, er managt sie. Informationen über Fahrtrichtung und Aufgaben erhält der Mähdrescher via Satellit. Da braucht es eigentlich gar keinen Menschen mehr am Steuer, doch noch ist das Pflicht, denn so wollen es die Sicherheitsbestimmungen. Fakt ist: Die automatische Steuerung des Bordcomputers macht die Arbeit nicht nur leichter, sie gewinnt auch an Effizienz. Pro Jahr ist es jetzt möglich, etwa 200 Hektar Fläche abzuernten.
Und das ist noch längst nicht alles. Die Geräte verfügen auch über sensible Sensorik-Systeme. Die tasten während der Fahrt ab, ob sich die Pflanze wirklich wohlfühlt, und entscheiden dann selbstständig, wie weiter zu verfahren ist. So kann Dünger bedarfsgerecht aufgebracht, die Pflanzkulturen und Abstände verändert und entsprechend gewässert werden.
Digitalisierung auf den Punkt
Digitalisierung auf den Punkt, in der Landwirtschaft bedeutet das Gewinn. Der Anbau gelingt nachhaltiger, die Ernte fällt reichlicher aus und das ganz ohne Menschenkraft, wie noch in den vergangenen Jahrzehnten. Sollte dem Landwirt trotzdem die Organisation seines Hofes zu viel abverlangen, wartet auch da schon eine technische Lösung. Das Online-Portal trecker.com stellt sich selbst als "der starke Partner für den Schritt in die Zukunft der Landwirtschaft" vor. Hier will man helfen, Kosten einzusparen, Arbeitszeiten und Wege zu optimieren und damit dem Betrieb eine neue Struktur zu geben. Gerade da, wo viele Arbeitsabläufe zwar dem Menschen aus der Hand genommen sind, sie aber dennoch einer gute Planung bedürfen, ist es wichtig, am Ball zu bleiben und so der Konkurrenz immer einen Schritt voraus zu sein.
Hilfreich dabei ist, dass dem Landwirt dabei keiner "auf den Füßen" steht, sondern die komplette Organisation auf virtuellem Wege erfolgt. Der Hauptsitz des Unternehmens trecker.com ist Berlin. Aus der Hauptstadt regelt das Team alle Anfragen und bietet fachliche Expertise ganz nach Kundenwunsch. Der kann sich den Service per Mausklick buchen, zahlt dafür eine Pauschale und erhält Planungshilfen, Tipps und Tricks, um den eigenen Betrieb noch besser zu organisieren. Nur aktiv werden und sich für eine Form der digitalen Unterstützung entscheiden, dass muss am Ende noch jeder Landwirt selbst. Von der ehemaligen Romantik bei der schweißtreibenden Feldarbeit ist dabei in diesem Jahrhundert nicht mehr viel übrig geblieben, aber genau darum geht es ja. Sich die neuen Techniken zunutze zu machen, zu investieren und dadurch den Reingewinn zu steigern das ist in Zeiten sinkender Milchpreise und steigender Lebensmittel-Importe wichtiger denn je.
Sabrina Teske