Eine gute Tasse Tee schafft einen Moment des Genießens und Innehaltens. Der regelmäßige Konsum von Grüntee wirkt zudem gesundheitsfördernd und beugt einer Vielzahl von chronischen Erkrankungen vor.
Einer Legende zufolge ließ ein chinesischer Kaiser nach einem langen Tagesritt nach alter Tradition am Feuer einen Topf mit heißem Wasser kochen. Dabei sollen Teeblätter eines wilden Teestrauches in den Topf gefallen sein. Das Wasser darin verfärbte sich grünlich und verströmte einen angenehmen, köstlichen Duft. Nachdem der Kaiser die Schale ausgetrunken hatte, soll er sich völlig frisch und erholt gefühlt haben.
Über Jahrhunderte hinweg ist der Grüntee als Heiltee in Asien berühmt. Längst schätzt man auch im Westen seinen Nährstoffgehalt. Zahlreiche Studien belegen die antioxidative Wirkung. Neben dem köstlichen Geschmack, wirkt er auch beruhigend und anregend.
Hemmt die Tumorentstehung
Die Pflanze des Grüntees ist die Camellia sinensis mit weißen und roten Blüten, die wie Rosen aussehen. Sie wird seit der Verbreitung des Tees systematisch gezüchtet und es werden ausgewählte Sorten angebaut. Wie bei Apfelbäumen und Weinreben ergeben sich durch Kreuzungen Kulturpflanzen mit individuellem Aussehen und Geschmacksmerkmalen. Die immergrünen Sträucher oder kleinen Bäume werden bis zu fünf Meter hoch und verbreiten sich in Japan, Korea, in China bis ins nordöstliche Indien. Nach Süden sind die Pflanzen noch weiter verbreitet: bis nach Laos, Myanmar, Thailand und Vietnam. Die Mehrheit chinesischer Tees sowie japanischer Tees fallen in die Kategorie der Camellia sinensis. Die Chinesen bezeichnen diese Sorten als "die der kleinen Blätter". Zu den Ausnahmen zählen der Oolong, der zwischen grünem und schwarzem Tee klassifiziert wird, sowie einige weiße Tees. Bei der Ernte des Tees folgt man bestimmten Regeln. Bereits im 9. Jahrhundert beschäftigte sich der chinesische Dichter Lu Yü mit dem richtigen Zeitpunkt: "Nur im März und April, frühmorgens, wenn die winzigen Blattknospen sich entfalten, unter hellem Himmel und wenn Wolkendunst die Bergkuppe verhüllt. Die besten Blätter sollen faltig sein wie die Lederstiefel tatarischer Reiter, gekräuselt wie die Wamme eines mächtigen Bullen, entfaltet wie der Nebel, der einer Bergschlucht entsteigt, schimmernd wie der See und weich wie feine Erde, die eben der Regen benetzt hat."
Grüner Tee wird sofort nach dem Pflücken und Welkenlassen der Blätter erhitzt beziehungsweise gedämpft. Dadurch werden die Enzyme unterdrückt, die beim Schwarzen Tee für die Oxidation und die dunkle Blattfarbe sorgen. Durch diese schonende Verarbeitung wird, im Gegensatz zum schwarzen Tee, auf die Fermentation verzichtet. So behält der grüne Tee sehr viele seiner gesunden Bestandteile. Man sagt ihm nach, dass er eine positive Wirkung bei Müdigkeit, Konzentrationsschwäche und Kopfschmerzen besitzt. Er stärkt die Abwehrkräfte und eignet sich auch hervorragend als Getränk für zwischendurch oder während der Arbeit, da er wie kein anderer Tee den Geist erfrischt und neue Kräfte weckt. Grüner Tee kann blumig oder leicht fruchtig schmecken, mit einer kräftigen oder einer zarten, weichen Note. Grüner Tee enthält auch nur etwa ein Drittel der Koffeinmenge von schwarzem Tee. Durch die Kombination von Koffein und Katechin ist die anregende Wirkung sehr mild und wirkt mehr auf den Geist als auf den Kreislauf. Die im grünen Tee enthaltenen Polyphenole und Flavonoide haben eine antibakterielle Wirkung und fangen zellzerstörende freie Radikale ein, was zu einer Verlangsamung des Alterungsprozesses führt.
Es konnte nachgewiesen werden, dass grüner Tee die Tumorentstehung hemmt und präventive Effekte bei Herzkreislauf-Erkrankungen hat. Zudem wirke er kräftigend bei Leberschwäche und Arteriosklerose, da die phenolischen Inhaltsstoffe des grünen Tees als Radikalfänger wirken. Grüntee erweist sich auch bei Autoimmunerkrankungen bis hin zu Depressionen als ideale begleitende Therapie einer ganzheitlichen Behandlung. Darüber hinaus härtet grüner Tee den Zahnschmelz und schützt vor Karies. Neben dem köstlichen Geschmack wirkt er nicht nur anregend, sondern auch beruhigend.
Die Zubereitung des grünen Tees kann man regelrecht zelebrieren. Verschiedene Teeläden bieten ihren Gästen eine Teezeremonie oder auch Teeseminare an. Im Nannuoshan Tee Haus in der Berliner Oranienburger Straße beispielsweise erklärt Gabriele Messina, wie die Wassertemperatur, Verarbeitung der Teeblätter und die Oxidationsstufen den Tee beeinflussen. Sie stammt aus Italien. Da sie keinen Kaffee vertrug, probierte sie Tee aus. Die Kultur der Teebereitung gefiel ihr, besonders die Gongfu Cha Zeremonie. "Dazu gehören Blumen auf dem Tisch, kleine Süßigkeiten, wie auch geistreiche Gedanken und Worte. Für guten Tee sollte man die richtige Teeschale, die passende Kanne und entsprechendes Zubehör benutzen. Oder auch die kleinen traditionellen Figuren mit drei Beinen, die einem Frosch oder einem Fisch ähneln. Es heißt, sie würden Geld, Gesundheit und Klugheit schenken. Aber nur, wenn man den ersten Aufguss, der vielleicht nur eine Sekunde währt, über die Teetiere gießt."
Zur Ruhe kommen und entspannen
Eine Tasse feinen Tees zuzubereiten und zu genießen, ist ein sinnliches Vergnügen. Bis zu fünf oder sechs Aufgüsse lassen sich aufbrühen. Teegenuss bedeutet auch die Bereitschaft zur Ruhe zu kommen und sich zu entspannen. "Mein Herz schlägt für den Tee nicht nur wegen seiner gesundheitlichen Wirkung, sondern auch wegen der alten Rituale", erzählt die junge Frau, die mit ihrem Kompagnon Michela Filippini selbst in die chinesischen Teeregionen fährt und die kleinen Familienbetriebe besucht, die den Tee von Hand oder noch mit alten Maschinen verarbeiten.
Beim Silver Teamaster Leroy Henze können die Gäste im "Regent Berlin" hochwertige Teesorten erst einmal "erschnuppern", bevor sie ihre Wahl treffen: Ob den leicht herben und erfrischenden Green Dragon, dessen erste Blattknospen im Frühling geerntet werden, den Rose Grüntee, eine erlesene Mischung aus grünen Teeblättern und Rosenblüten oder die japanischen Grüntees vom Sencha bis zum vollbeschatteten, feinsten "Gyokuro". Übersetzt wird dieser mit "runder Tautropfen", der die meisten Aminosäuren besitzt, eine schöne Süße und viel Chlorophyll.
"Ich liebe es am meisten, wenn ich die zunächst losen, trockenen Blätter zeigen kann und wie sie sich dann beim Aufguss auflösen und verändern. Es hat mich anfangs selbst überrascht, wie wichtig die Sinne beim Teegenuss sind die Nase, Augen, der Geschmack. Tee hat mich geöffnet für das Schöne des Lebens." Ob in Gemeinschaft oder gedankenversunken mit sich allein, mit einer Schale Tee lässt sich gut abschalten. In China heißt es: "Man trinkt Tee, um den Lärm der Welt zu vergessen".
Früher in China als Heilmittel bekannt
Die über 3.000 Jahre alte chinesische Teekultur ist die älteste Teekunst. War Tee zuerst als Heilmittel bekannt, wurde die Pflanze Jahrhunderte später von Mönchen kultiviert. In Japan ist das Teetrinken gar eine Art Lebensphilosophie. Man spricht auch vom Teeweg. Der Tee sei ein Botschafter von Harmonie und Schönheit. "Tee dämpft den Übermut und beruhigt den Geist; er regt die Gedanken an und verhindert die Schläfrigkeit; erfrischt den Körper und macht die Sinne klar", so beschrieb schon der japanische Zeremonienmeister Lu Yü im 9. Jahrhundert die Wirkung des Tees. Japanische Mönche brachten die Teepflanze mit in die Heimat, nachdem sie diese während ihres Studiums des Buddhismus in China kennengelernt hatten. Obwohl die Teeernte dort fast nur maschinell erfolgt, hat die Qualität vieler japanischer Grüntees allerhöchste Güte. Schon alte Schriften beschrieben, wie der Tee zubereitet und getrunken werden sollte. So entstand eine ausgeklügelte Zeremonie mit Gong-Klängen und fein-stem Weihrauch. Die äußerst schlichte Form der Zeremonie nennt sich auch "Tee des stillen Geschmacks". Harmonie, Freude, Reinheit, Stille sind Ziele der Zeremonie. Es geht wie in der Zen-Meditation, der sie entsprungen ist, darum, die Achtsamkeit und Wahrnehmung zu schulen.
Matcha ist Japans edelster Grüntee. Die Teeblätter werden gleich nach der Ernte gedämpft, getrocknet und zu einem sehr feinen Pulver zermahlen. Es löst sich vollständig in heißem Wasser bei etwa 80 Grad auf. Mit einem Teebesen aus Bambus wird der Tee dann geschlagen, bis er schaumig wird. Reiner Matcha-Tee schmeckt etwas herb und bitter, was ihn auch so gesund machen soll. Kaiser Chien Lung sprach vom "köstlichen Geschmack und vom köstlichen Zustand der Ruhe, den der Tee hervorbringt, jener unschätzbare Trank, der die fünf Ursachen des Kummers vertreibt".
Christel Sperlich