Stephen Hawking behauptet, dass die Menschheit innerhalb eines Jahrhunderts, statt wie bisher von ihm selbst angenommen in 1.000 Jahren, andere Welten bevölkern muss, um das Überleben zu sichern. Warum die Eile?
Der Physiker Stephen Hawking sagt, dass der menschlichen Spezies nur noch 100 Jahre bleiben, um einen anderen Planeten zu bevölkern und so das Überleben zu sichern. Seine Behauptung, die er im Rahmen einer neuen Reihe der BBC-Wissenschafts-Show "Tomorrows World" traf, hat zu Kontroversen geführt.
Die große Frage ist, warum Hawking seine vorherige Einschätzung revidiert hat, in der er behauptete, dass wir 1.000 Jahre haben, um einen Fluchtplan auszuführen. Warum setzte er das Zeitfenster innerhalb eines einzigen menschlichen Lebens fest?
Sicher, politisch scheint die Welt unruhiger als noch vor einem Jahr, und sicherlich beängstigender als am Ende des Kalten Krieges und nach dem Fall der Berliner Mauer im Jahr 1989. Aber haben wir wissenschaftlich fundierte Gründe zu schlussfolgern, dass die existenzielle Gefahr in letzter Zeit so drastisch angestiegen ist?
Die Wahrscheinlichkeit, von einem großen Asteroiden getroffen zu werden oder durch die Explosion eines nahen Sternes zu verglühen ist nicht gestiegen. Anhaltspunkte für einen nahe bevorstehenden Kontakt zu uns potenziell feindlich gestimmten Aliens scheint es auch nicht zu geben. Keine Beweise soweit von intelligenten Lebensformen außerhalb der Erde und wir senden heute auch weniger Signale ins All als früher (obwohl immer noch ein paar Nachrichten ins All gesendet werden, wie zum Beispiel eine Sendung in Richtung des Polarsterns am 10. Oktober 2016).
Also muss Hawkings Schlussfolgerung auf etwas anderem basieren. Vielleicht ist er besorgt, dass die Nanotechnologie ein Eigenleben entwickelt und das Graue-Schmiere-Szenario hervorruft (Anm. d. Redaktion: hypothetisches Weltuntergangsszenario, Begriff geprägt von Nanotechnologie-Pionier Eric Drexler)? Und er hat definitiv über den Vormarsch künstlicher Intelligenz nachgedacht, die uns Menschen überlegen sein könnte und uns letztendlich gefährlich werden und vernichten könnte.
Aber auf Platz eins unseres "Katastrophenmessers" ist die Gefahr einer weltweiten Epidemie, welche 7,5 von zehn möglichen Punkten in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit erhielt wie Wissenschaftsautor David Darling und ich in unserem Buch "Megacatastrophes! Nine Strange Ways the World Could End" erläuterten. Die Zunahme Antibiotika-resistenter Mikroben und der Ebola-Ausbruch, in West-Afrika im Jahr 2014, untermauern diese Gefahr.
Auch steuert die andauernde Ausstoßung von Treibhausgasen zur Klimaerwärmung bei und kann schließlich zu einer gefährlichen Klimaveränderung führen. Etwas das wir nicht gänzlich mehr verhindern können.
Die letzten beiden Szenarien unterscheiden sich von den anderen Risiken sie könnten die menschliche Zivilisation zerstören, aber nicht unsere Spezies. Aber vielleicht unterscheidet Hawking nicht strikt zwischen der Zerstörung der Zivilisation und der Zerstörung der Spezies. Viele würden eine Rückkehr in Höhlen mit dem Ende unserer "Spezies" gleichsetzen dem Untergang des "Homo sapiens technologicus".
Wichtig ist, dass diese möglichen Katastrophen, die nicht aus den Untiefen des Alls auf uns zukommen, von uns abhängen. Werden wir in der Lage sein, die Technologie weiterzuentwickeln, die inhärenten Gefahren aber abzuwehren? Werden wir uns um unseren Planeten und seine einzigartige Biosphäre kümmern, sodass er auch für zukünftige Generationen die blaue Kugel sein wird, die wir Zuhause nennen?
Vielleicht ist Hawking, vor dieser düsteren Kulisse, einfach pessimistischer geworden, und zweifelt, dass wir das schaffen können. Ich stimme ihm zu, dass wir innerhalb der nächsten 100 Jahre einen anderen Planet bevölkern sollten. Aber, der wichtigste Grund dafür, den ich sehe, ist die Gefahr durch eine immer weiter ausufernde virtuelle Welt. Warum sollte man ein Raumschiff bauen und die mühsame Reise zum Mars oder einem anderen Planeten antreten, wenn man, was auch immer man möchte, in einer Simulation erleben kann? In diesem Fall, scheint alles in Ordnung zu sein... bis jemand oder etwas den Stecker zieht.
Ein Gastbeitrag von Professor Dirk Schulze-Makuch
WISSEN
picture alliance / empics
Welche Untergangsszenarien bewegten Hawking zu einem eiligeren Plan, einen anderen Planeten zu besiedeln?
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