Fahrgemeinschaften liegen voll im Trend. Sie sparen Geld und sind gut für die Umwelt. Rechtlich bergen sie allerdings Risiken.
Klima, Staus, Kosten – wer immer nur alleine im Auto sitzt, macht womöglich was falsch. Fahrgemeinschaften sind daher im Kommen. Mal einfach so starten, ohne die Vorgaben zu kennen, kann allerdings ins Auge gehen. Denn ob privat organisiert oder über entsprechende Plattformen im Internet: Die Regeln haben ihre Tücken. Vor allem für jene, die mit Fahrgemeinschaften einen Reibach machen wollen. Wer in Deutschland gegen Geld Fahrgäste befördert, muss sich an die Vorschriften des Personenbeförderungsgesetzes (PBefG) halten. Es sei denn, so schränkt das Gesetz ein, das Entgelt übersteigt nicht die Betriebskosten einer Fahrt. Dazu zählen Sprit- und Wartungskosten, Versicherungsprämien sowie – falls darstellbar – die Abschreibung. Streng genommen dürfen die Beträge aus Sicht des Fahrers nicht mal kostendeckend sein, denn der muss seinen Anteil selbst tragen. Geteilt wird der Preis einer Fahrt daher immer durch die Insassenzahl einschließlich Fahrer (siehe Info).
Diese Regel ist unbedingt einzuhalten. Andernfalls unterstellt der Gesetzgeber eine „geschäftsmäßige Absicht zur Personenbeförderung". Die ist in Deutschland – wen wundert’s – genehmigungspflichtig und bedingt zudem einen Personenbeförderungsschein. Falls keine Genehmigung vorliegt, drohen Bußgelder bis zu 20.000 Euro. Darüber hinaus ein noch gefährlicheres Risiko: Wer das PBefG widerrechtlich umgeht, riskiert den Verlust seines bisherigen, für Privatzwecke abgeschlossenen Versicherungsschutzes. Normalerweise sind selbstverschuldete Schäden (außer die am Reisegepäck) durch die Haftpflichtversicherung des Halters oder Fahrers gedeckt.
Bußgelder bis zu 20.000 Euro
Der Leipziger Rechtsanwalt und Strafrechtsexperte Tommy Kujus macht eindringlich klar, was der Verlust dieses Schutzes bedeutet: „Der Fahrer müsste dann bei einem selbst verschuldeten Unfall alle entstandenen Schäden selbst zahlen. Das kann bei Totalschäden, insbesondere aber Personenschäden in den Ruin führen." Für die Mitfahrer dagegen würde es bedeuten, dass sie ihre Ansprüche gegen den Fahrer selbst durchsetzen müssten. „Bei nicht vermögenden Privatleuten, gestaltet sich das schwierig", sagt Kujus. Er rät daher, bei vermeintlich hohen Preisen misstrauisch zu sein und sich die Betriebskosten vorrechnen zu lassen.
Doch auch, wenn das PBefG keine Anwendung findet, bleibt einiges zu beachten. Für das Prinzip einer Fahrgemeinschaft gilt der juristische Begriff des „Rechtsbindungswillens", der über den Status einer reinen Gefälligkeit hinausgeht. Genauer: Wenn sich mehrere Personen zusammenschließen, um sich auf gemeinsamer Fahrt die Kosten zu teilen, gründen sie damit automatisch eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Sie ist die einfachste Variante einer Rechtsform, hat aber Konsequenzen. Etwa, wenn Vereinbarungen nicht eingehalten werden über Fahrtziele, Zahlungsmodalitäten, Abfahrtszeiten oder Treffpunkte. Einer dadurch geschädigten Person stehen grundsätzlich Schadensersatzansprüche zu. Deshalb sollten alle Vereinbarungen schriftlich fixiert und durch Unterschriften bestätigt werden.
Automatische Gründung einer sogenannten GbR
Mitfahrer setzen zudem voraus, dass sich ihr Steuermann an alle Regeln im Straßenverkehr hält. Darauf blind vertrauen sollten sie nicht. Äußerst delikat wird die Sache beim Thema Alkohol und Drogen. Hierzu hat das Oberlandesgericht Frankfurt (AZ.: 19 U 242/05) entschieden: „Wenn man wissentlich neben einem alkoholisierten Fahrer sitzt und es zu einem Unfall kommt, beträgt das Mitverschulden des Beifahrers mindestens 25 Prozent." Wer also die Fahruntüchtigkeit des Fahrers vermutet, sollte auf keinen Fall einsteigen.
Umgekehrt muss auch der Fahrer seine Mitreisenden in Augenschein nehmen. Das gilt vor allem bei Fahrten in Grenzregionen. Hier sollte der Chauffeur alle Ausweise der Mitreisenden vor einem Grenzübertritt überprüfen. Denn liegt bei einer Kontrolle durch die Polizei oder den Zoll kein Ausweis oder Aufenthaltstitel eines Mitreisenden vor, droht dem Fahrer die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens wegen des Verdachts der Schleusertätigkeit. Nicht nur in Deutschland, das Verfahren entspricht europäischem Recht.
Wer alles beachtet, fährt mit einer Fahrgemeinschaft ganz sicher sinnvoller als alleine. Was früher mal von und für Studenten und deren Heimfahrten am Wochenende ersonnen wurde, funktioniert mittlerweile auch außerhalb hipper Metropolen. In ländlichen Strukturen schießen Mitfahrzentralen oder -portale wie Pilze aus dem Boden. Oft unterstützen die Kommunen solche Projekte. So auch im Unterallgäu, einer Region, in der flächendeckender ÖPNV schwierig ist. Dort hat man deshalb vor vier Jahren eine appbasierte Mitfahrzentrale ins Leben gerufen.
Beifahrer können bei Unfall Mitschuld haben
„Seit der Einführung haben wir 170.000 Kilometer Fahrstrecke eingespart und 14.000 Liter Kraftstoff", rechnet Helmut Höld, der ÖPNV-Beauftragte im zuständigen Mindelheimer Landratsamt vor: „Das entspricht einer Vermeidung von 34 Tonnen CO₂. Außerdem haben die Nutzer rund 20.000 Euro Fahrtkosten gespart." Ganz bewusst habe man die Mitfahrzentrale für Fahrten in zum Teil sehr abgelegene Gemeinden konzipiert und nicht nur in Ballungszentren. Das sei gut für die Regionalstruktur, aber auch gut für den Geldbeutel der Teilnehmer. Was das für den einzelnen bedeutet, hat Höld ebenfalls errechnet: „Wer täglich 25 Kilometer fährt, spart mit einer Fahrgemeinschaft etwa 50 Euro pro Monat."