Vor dem Rücktritt: Das Alter besiegt Philipp Kohlschreibers Fitness, und Formermattung schaltet Glamour-Spielerin Maria Sharapova aus.
Ein Bad fehlte Maria Sharapova, nachdem sie ihren Schönheitsschlaf auf nur drei Stunden beschränkt hatte, um einem stillen Wasser bei der New York Fashion Week bei seinen Nachhaltigkeitsaktivitäten auf die Sprünge zu helfen. Das fehlende Weichen in schaumigen Sphären beklagte die ehemalige Nummer eins der Tenniswelt im Februar via Instagram-Post, wenige Wochen, nachdem sie ihr Erstrunden-Aus bei den Australian Open auf Platz 366 der Weltrangliste hinunter katapultiert hatte. Okay, könnten Kundigere im Thema „Nachhaltigkeit" jetzt sagen, ist doch schön, wenn die 32-jährige Russin die Heißwassermengen einer bis oben gefüllten Badewanne gespart hat. Reicht ja schon, dass sich die Spuren, die ein Flug zur Modewoche in die USA hinterlässt, nicht einfach wegentspannen und fortpudern lassen.
Über das Buch „Unstoppable" ihrer „bisherigen Lebensgeschichte" vom Aufstieg zum Tennisstar schreibt Sharapova, dass Leute sie stets fragen, wie sie so „tough" sein und immer weitermachen könne. Ihre wässerige Website-Plauderei dazu: „Teilweise ist es ein: ‚Wer weiß?‘ – Wenn Du zu tief hinschaust, vernichtest Du (diese Fähigkeit) vielleicht".
Zumindest bis zu ihrer unfreiwilligen Pause vom Sportbetrieb ist eine der höchstbezahlten Promiathletinnen der Welt mit dieser Einstellung gut gefahren. Nach 15 Monaten Sperre mangelte es der fünffachen Grand-Slam-Siegerin dann wohl an sportlich effizienten „Unstoppable"-Stabilisatoren aus der Motivationskiste. Vier Jahre ist es her, dass die Hochglanz-Sportlerin, die mit 14 Jahren ihr Profi-Dasein offiziell startete, bekanntgab, dass sie bei den Australian Open auf die seit Januar 2016 verbotene Substanz Meldonium positiv getestet worden sei. Ihr sei nicht aufgefallen, dass das Herz-Kreislauf-Mittel, das Durchblutung und Ausdauer anheizen soll, auf der Doping-Verbotsliste stand, da sie seit 2006 ein Medikament mit diesem Wirkstoff genommen habe.
Maria Sharapova war einst die Nummer eins der Tenniswelt
Jetzt, gut zweieinhalb Jahre nach ihrer Rückkehr und vielen Rückschlägen, muss Sharapova, die 2004 mit 17 Jahren Serena Williams im Finale von Wimbledon besiegte, überlegen, wie es weitergeht mit ihrer Karriere. Ob es auf den Tenniscourts der Welt für sie überhaupt noch Chancen gibt. So knapp wie 2005, als die Russin dreimal im Halbfinale und einmal im Viertelfinale von Grand Slams verlor, wird es für die Sportlerin wohl nicht mehr werden. Bei den Australian Open hatte sie dieses Jahr als ehemalige Championesse und Publikums-Attraktion nur mit einer Wildcard antreten dürfen, die sie allerdings nicht bis in die zweite Runde trug. Das dritte Major-Erstrunden-Aus in Folge, ein Debakel für die einst „Nicht-Aufzuhaltende".
Immerhin einen Karriere-Grand-Slam – bestehend aus allen vier der hochrangigsten Tennistitel – hat der Liebling der Hochglanz- Cover im Gepäck: Sie hat ihn errungen, obwohl sie lange Jahre um ihren Australian-Open-Sieg 2008 herum Schulterprobleme und schließlich eine OP an ihrer Schwachstelle hatte.
„Cosmopolitan France" feierte Sharapova einst als eine von acht inspirierenden Frauen der Welt. Schmuck, Mode, Parfüms, Autos und selbst am Strand noch schicke Handtäschchen am Arm: Die einstige Erz-Konkurrentin von Serena Williams hat in den langen Jahren in den Arenen des Tenniszirkus genügend Werbeverträge und Kooperationen abgeschlossen, um auch nach dem Ende ihrer sportlichen Karriere nicht verhungern zu müssen. Dabei muss die gefeierte Sport-Schönheit, die in ihrer Jugend von Martina Navratilova und an der Akademie von Nick Bollettieri in Florida gefördert wurde, noch nicht einmal auf ihre „Sharapova"-Süßigkeiten zurückgreifen. Sicher will sie ja ihre Figur erhalten, auch wenn die 32-Jährige ihre einst unermüdliche Tennis-Form unübersehbar verloren hat. 2007 verdiente das Teilzeit-Fotomodel laut „Sport Bild" 20 Millionen US-Dollar allein mit Werbeverträgen, war damit die Sportlerin mit dem höchsten Verdienst weltweit.
Bei den Australian Open 2016 positiv auf Meldonium getestet
Dem strahlend-schönen Schein zum Trotz: Nach ihrem frühen Aus bei den Australian Open 2020 scheint Maria ganz klar nicht mehr „Unstoppable" zu sein. Zuvor war sie bereits bei den Majors in Wimbledon und New York jeweils in der ersten Runde ausgeschieden. Gerade mal 15 sportliche Auftritte hatte die einstige Nummer eins 2019. Wenige, schwache Erfolge verzeichnete die bei ihren Mitspielerinnen nicht sehr beliebte, kühle Strategin seit ihrer Rückkehr aus der Zwangspause 2017. Verletzungen, auch Aufgaben prägten das Bild. Ihr Karriereende aufgrund von anhaltender Formschwäche rückt so nahe wie nie zuvor. Es sei denn, Sharapova entschließt sich, mit dem Nachwuchs bei Einsteigerturnieren um spärliche Weltranglistenpunkte zu kämpfen und sich mühsam wieder aus den Top 400 hochzuarbeiten.
Ein Blick in die Tiefe ist der Siegerin von 36 Turnieren einmal mehr versagt: „Ich kann nicht in eine Kristallkugel sehen", sagte sie nach ihrer jüngsten, gewaltigen 3:6-, 4:6-Auftaktniederlage gegen die Kroatin Donna Vekic in Melbourne über künftige Grand-Slam-Teilnahmen. „Ich weiß nicht, ob ich im nächsten Jahr wieder hier sein werde."
Sharapovas Webseite glitzert und funkelt im Licht der Jet-Set-Welt. Doch das Tennisleben ist ein anderes, wenn Teenager wie Cori Gauff die sportlichen Schlagzeilen bestimmen und es kaum auffallen dürfte, wenn Model Maria – einst 21 Wochen an der Spitze der Spielerinnen – offiziell abtritt. Ihr Herz hängt wohl doch noch am Tennis: „Es macht keinen Spaß, über all die Schwierigkeiten zu sprechen", beschied sie „Down Under". Die Frau, die bei nervenstarken Matches mit ihrem lautstarken Stöhnen auffiel, wird sehr leise am Ende ihrer Karriere auf den Courts der Welt.
Philipp Kohlschreiber: „Ich weiß, dass das Ende naht"
Ins Grübeln kam in Melbourne nach seinem unverschuldet frühen Aus auch Philipp Kohlschreiber, der über viele Jahre beharrlich, fleißig, fröhlich und optimistisch als deutsche Nummer eins in den Top 100 mitmischte, der bei acht ATP-Turnieren den Titel holte. Rafael Nadal, Andy Murray und noch manche andere Top-Ten-Spieler hatte der 36-Jährige in seinen 20 Jahren als Profi besiegt. Sogar in den großen Major-Turnieren, beispielsweise 2009 den 17-fachen Grand-Slam-Sieger Novak Djokovic bei den French Open. Oder 2018 die aktuelle deutsche Nummer eins, Alexander Zverev, in der dritten Runde der US Open. Nachfolgend startete die einstige Nummer 16 der Weltrangliste 2019 „voll positiver Energie" in die Saison. Vor einem Jahr besiegte er im 1.000er-Turnier von Indian Wells einmal mehr den fast unbesiegbar wirkenden Djokovic ganz locker. Strahlend kam „Kohli" danach zur Pressekonferenz nach München, wo der dreimalige Sieger der BMW Open schon als 14-Jähriger Wettkämpfe focht, wo er seine Freude auf seine 14. Teilnahme im Iphitos-Club am Aumeister bekundete: „Hier ist es nicht so overcrazy wie ein Grand Slam, wo nur Chaos ist, wo man sich als Spieler ein wenig verloren fühlt." 2020 will der gebürtige Augsburger, der in der Bundesliga für Großhesselohe aufschlägt, wieder beim 250er-Wettbewerb, dem „härtesten Sandplatzturnier der Welt" antreten. Eigentlich die perfekte Vorbereitung für die French Open, die auch so ein verrücktes Major-Turnier sind, wo der Wahl-Kitzbühler immer wieder mal zum Knock-out-Gegner der Großen wird.
Anders als Sharapova schlug sich „Kohli" zum 2020er-Start in Australien gut. Er gewann ein bestens besetztes Challenger auf dem von Feuerstürmen gebeutelten Kontinent, war in optimaler Form für den Jahresauftakt-Grand-Slam. Der akribische Vorbereiter arbeitete sich auf ATP-Rang 74 vor, strebte eine Rückkehr in die Top 50 an. In der zweiten Runde wollte der 36-Jährige bester Laune ins Generationenduell gegen die Nummer sechs der ATP-Wertung, den Griechen Stefanos Tsitsipas, gehen. Doch beim Einschlagen am Morgen spürte der Veteran bald, dass es „keinen Sinn" macht. Ein schmerzhafter Bauchmuskelriss ließ sich nicht mehr einfach wegdrücken. Kohlschreiber musste „die Reißleine ziehen".
Eine ungute Erinnerung an die vergangene Saison rief der unvermeidliche Rückzug bei dem 36-Jährigen wach. Hüfte, Rücken: Allem Fleiß zum Trotz wurden körperliche Handicaps zu „Kohlis" schlimmsten Gegnern, machten Niederlagen unausweichlich. „Ich weiß, dass das Ende naht", ist sich der sonstige Sonnyboy der altersbedingten Grenzen seines Körpers bewusst. Eigentlich will die aktuelle Nummer drei Deutschlands noch bis Ende 2021 weitermachen. Ursprünglich träumte er für 2020 den großen Traum, einmal bei Olympia dabei zu sein. Der unverdrossene Kohlschreiber trainierte und focht deshalb umso fleißiger. Dann meldete sich der überforderte Bauchmuskel.
Eine Botschaft mit Nachhall: Wieder so ein Jahr, in dem er ständig gegen Verletzungen ankämpfen muss, will der Bayer sich nicht antun. Bei zu vielen Blessuren könnte es sein, dass er eines Tages beschließt: „Das war’s." Doch noch ist der Sandplatzkönig von München optimistisch, dass er ohne den Druck, viel zu reißen, weitermachen kann. Der Bauchmuskel zumindest sollte ja schnell bei ihm heilen.