Malerisch liegt der Ort Funchal an der Küste der portugiesischen Insel Madeira. Highlight ist hier das legendäre Hotel „Belmond Reid’s Palace", wo schon die österreichische Kaiserin Sisi, Winston Churchill oder Charlie Chaplin übernachteten. Besucher finden hier auch einen außergewöhnlichen Garten mit allerlei Exotischem.
Wo hat man das schon auf der Welt gesehen? Ein Laubengang, dicht bewachsen mit Jade-Wein. Die Blüten dieser extrem seltenen Pflanze, die von den Philippinen stammt, sehen aus wie nach oben gebogene Papageienschnäbel. An halbmeterlangen Lianen baumeln sie im Wind. Auffälliger als ihre Form aber ist ihre Farbe: helltürkis. Knalliger geht kaum.
„Diese delikate Pflanze blüht bei uns nur alle 13 Jahre", sagt Gärtner Luís sichtlich stolz auf die tropische Rarität im Garten. „Doch das milde Klima von Madeira und unsere Vulkanerde lassen sie bei uns gut gedeihen."
Luís gehört zu der siebenköpfigen Gärtnertruppe, die den Hotelgarten vom „Belmond Reid’s Palace" pflegt. Da gibt es eine Menge zu gärtnern. Denn der Park der Nobelunterkunft auf der portugiesischen Insel im Atlantik umfasst vier Hektar. Die Pflanzen dieses exotischen Gartens umrahmen das rosafarbene Hotelgebäude, welches ikonenhaft über der Bucht von Funchal thront. Am steilen Hang zum Meer ist die Gartenanlage auf mehreren Terrassen angelegt.
Irgendwie passt die botanische Jade-Wein-Kostbarkeit zu diesem legendären Hotel, haben doch beide einiges gemeinsam: exotische Herkunft, Extravaganz in der Erscheinung, Sehnsuchtspotenzial für Kenner.
Fast könnte man den Hotelgarten vom „Reid’s Palace" mit einem botanischen Garten verwechseln, so immens ist die Vielfalt in diesem subtropischen Pflanzenparadies. Die Augen wandern von den orange leuchtenden Blüten der Strelitzie zu den tiefvioletten Blütenständen des Madeira-Natternkopfes, der als „Stolz von Madeira" bezeichnet wird.
„Reiben Sie an diesen Blättern", sagt Amélia Carvalho und zupft am gelbblühenden Kerzenstrauch ein Blatt ab. Die Portugiesin arbeitet als Tourguide und kennt sich in den Gärten von Madeira aus. Die Nase glaubt sich plötzlich ins Kino versetzt! „Das ist die Popcorn-Pflanze, eine Erdnuss-Kassie."
Alte madeirische Rezepte
Die Hände streifen über die riesigen Fächer der Baumfarne, die als Gruppe ein Miniwäldchen bilden. Und erst die Bäume: der über hundert Jahre alte Drachenbaum, der seltene Trompetenbaum mit den gefüllten Blüten und der Orchideenbaum mit seinen asymmetrischen Blättern.
Bei der üppigen Bougainvillea kommt kaum ein Gast vorbei, ohne ein Foto zu schießen. Die leuchtende Farbe macht’s.
„Ich mag sie nicht so gern", gesteht Gärtner Luís, „denn beim Zurückschneiden kann man sich an den widerspenstigen Stacheln schlimm verletzen." Da ist der Küchengarten mit seinen Kräuter- und Gemüsebeeten ungefährlicher. Schnittlauch, Schokoladenminze oder Radieschen – und Fenchel. Nach dieser Pflanze ist die Stadt Funchal benannt.
Der Chefkoch vom „Belmond Reid’s Palace", der wie der Gärtner Luís heißt, schätzt den hoteleigenen Küchengarten. Im feinen Restaurant „William" verwendet Luís Pestana bewusst lokale und frische Zutaten. Dabei kreiert er eine zeitgenössische Küche, inspiriert von alten madeirischen Rezepten. Der scheue Meisterkoch ist der erste auf Madeira Geborene, der einen Michelin-Stern trägt.
Das Spitzenrestaurant „William" mit der Fensterfront zur Meerseite, ist nach dem Hotelgründer William Reid benannt. Der Schotte war 14 Jahre alt, als es ihn 1836 nach Madeira verschlug. Später brachte er es im Wein-Business zum Erfolg.
Mitte des 19. Jahrhunderts kamen immer mehr Briten auf die Insel, um das milde Klima zu genießen. Viele blieben mehrere Monate, manche sogar Jahre. Mit unternehmerischem Spürsinn erkannte William Reid das touristische Potenzial dieser Entwicklung. Früh vermietete er gemeinsam mit seiner Frau Unterkünfte an betuchte Gäste.
William Reid träumte von einem feinen Hotel in der Bucht von Funchal. Zielstrebig setzte er das Projekt um. Doch bevor das Luxushotel 1891 eröffnete, verstarb der Gründer. Zwei Söhne übernahmen die Leitung des Hauses. Es sollte sich zu einem Hotelklassiker mit kolonialem Charme und illustren Gästen entwickeln.
Sisi zählte zu den ersten Gästen. 1860 war die Kaiserin von Österreich-Ungarn erstmals auf das portugiesische Eiland gereist. Sie liebte es, durch die Eukalyptus- und uralten Lorbeer-Wälder zu wandern, heißt es. Bei ihrem zweiten Besuch 1891 logierte die Monarchin unter einem Pseudonym im „Reid’s Palace".
Winston Churchill steht ebenso im Gästebuch. Der britische Premierminister bevorzugte für seinen Urlaub feine Hotels mit Garten. Im „Reid’s Palace" weilte er im Jahr 1950. Wie so oft auf Reisen, malte der Politiker meist Landschaften. Bevorzugt im Freien – mit Staffelei und natürlich Zigarre.
Bernard Shaw lernte hier Tango tanzen
Das Hotel benannte eine der beiden Präsidentensuiten nach Churchill. Die Ausstattung ist elegant, aber nicht überladen, die handgemalte Tapete anmutig. Das Badezimmer träfe vermutlich Churchills Geschmack. Die blau-weißen Keramikfliesen mit Blumenmotiven wirken wie gemalt, portugiesische Azulejos eben, selbst kleine Kunstwerke.
Die regulären Zimmer bestechen durch zurückhaltende Eleganz und Komfort. Zur Begrüßung wartet eine Karaffe mit Madeira-Wein von Blandy’s auf den Gast. Auf dem Balkon des Hotelzimmers mit Blick auf den Ozean schmeckt der berühmte Dessertwein am besten.
Zwischendurch war die madeirische Weinhändlerfamilie Blandy auch Eigentümer vom Reid’s Palace. Das Hotel wechselte mehrfach den Besitzer. Über die Jahre wurde das Haus vergrößert und saniert. Seinen traditionellen Charakter hat es dadurch nicht verlo-ren. 1996 übernahm die Orient-Express-Gruppe, die inzwischen Belmond heißt, das Traditionshotel.
Die Liste der Berühmtheiten unter den Hotelgästen ließe sich lange fortsetzen: Charlie Chaplin, Gregory Peck. Gern wird kolportiert, dass der Literaturnobelpreisträger Bernard Shaw im Hotel das Tangotanzen gelernt hat. Im Foyer hängt ein Foto, das seinen Tanzunterricht festhält. Den Dinnerdance mit angesagtem Dresscode gibt es noch immer, wenn auch in heutiger Zeit ein wenig legerer.
Unverändert ebenso die Tradition des Afternoon Teas. Teeliebhaber wählen unter 24 Teesorten. Sogar grüner Tee von den Azoren steht bereit. Die Kellner servieren die Etageren mit den Sandwiches und Scones bei gutem Wetter auf der Loggia. Ein Nachmittagstee mit sensationeller, palmenumrankter Aussicht auf das Meer und die Kreuzfahrtschiffe, die in den Hafen von Funchal einlaufen.
„I had tea at Reid’s", heißt es längst nicht mehr nur für Celebritys. Denn das Tea-Time-Vergnügen kann heute jeder Liebhaber britischer Teekultur im „Belmond Reid’s Palace" genießen, selbst wenn er nicht im Hotel wohnt. Doch die edlen Pools bleiben exklusiv den Hotelgästen vorbehalten. Am Morgen ziehen einige Frühaufsteher lange Bahnen durch das riesige Schwimmbecken bei der Frühstücksterrasse. Bewegter zeigt sich der Atlantikpool direkt am Meer, den die Brandung ständig frisch füllt.
Als olfaktorisches Naturereignis erweist sich der nächtliche Spaziergang durch den Garten vom „Belmond Reid’s Palace". Betörender Parfümdunst durchzieht die Dunkelheit, denn viele der tropischen Pflanzen duften gerade nachts intensiv. Ist das der Duft vom Garten Eden?