Gerüschte Petticoats
Sie fallen allein schon mit ihrem aufgebauschten Volumen ziemlich stark aus dem Rahmen der insgesamt recht schlicht gehaltenen Damen-Winterkollektionen der Saison 2020/2021. Und natürlich werden die aktuellen Petticoats nicht mehr wie in früheren Zeiten als stützende Unterröcke für darüber drapierte weit geschnittene Dresses getragen, sondern im Trend des seit einigen Jahren anhaltenden Lingerie-Looks offensiv als Ausgehkleid präsentiert.
Das hätte nicht einmal der Mode-Revolutionär Christian Dior im Rahmen seines New Looks 1947 gewagt, als er das die weibliche Silhouette ausschweifend unterhalb der schmalen Taille betonende Kleidungsstück mit seiner rund 400-jährigen Geschichte wieder in die Fashionwelt eingeführt hatte. Und selbst in Rockabilly-Zeiten ab Mitte der 1950er-Jahre wurde es noch als skandalös angesehen, wenn der Petticoat unter der Überbekleidung hervorgeblitzt war.
In der Puppenmode wurde der Petticoat hingegen nicht zuletzt dank Barbie sehr populär, kein Wunder, dass die französische „Vogue" die neuen, um die Hüfte voluminös breiten Dresses als „Dolls" bezeichnet hat. Generell verwandeln die Petticoats des Winters 2020/2021 ihre Trägerinnen in moderne Märchenprinzessinnen, verzichten also auf den expressiven Sex-Appeal der übrigens aus der Lingerie-Abteilung abgeleiteten Looks. Dank reichlich Rüschen oder dem Einsatz von luftigem Tüll haben sie eher etwas verspielt Mädchenhaftes an sich, wie es die Models auf den Laufstegen von Louis Vuitton, Moschino oder Molly Godard gezeigt hatten.
Trend: Halbe Sachen vereinen sich
Nach Colour-Blocking, Print-Mixturen oder Patchwork haben die Designer nun eine neue Variante ins Auge gefasst, um ziemlich gegensätzliche Elemente in einem Kleidungsstück miteinander zu verbinden. Dafür hat sich die Bezeichnung „Half-and-Half"-Look durchgesetzt. Der hatte seinen Anfang wohl hauptsächlich im Bereich Denim genommen, mit zwei unterschiedlich gefärbten, aneinander genähten Jeanshälften.
Auch mit Hosenanzügen aus zwei differierenden Stoffen hatten Labels wie Off-White schon vor zwei Jahren experimentiert. T-Shirts boten sich ebenfalls als Spielplatz für zwei verschiedene Optik-Signale an.
Im Winter 2020 haben sich die Designer nun in Sachen Half-and-Half vor allem Kleider und Mäntel vorgenommen. Vom Label Rokh gibt es einen Trenchcoat, dessen eine Hälfte in schwarzem Plaid gehalten ist, während die zweite Hälfe in Beige-Grau daherkommt. Loewe zeigte ein Kleid auf dem Catwalk, dessen Torsoregion in Creme-Schwarz samt Floral-Print getaucht war, woran sich der Rockbereich in schlichtem Schwarz anschloss. Givenchy sorgte mit einem Kaftan für Aufsehen, wobei eine blau-karierte Seite in Orange-Braun mit einer Seite in Schwarz verknüpft war.
Sogar Kombis von Jacken/Blazern und Kleidern/Mänteln in einem Stück gab es beispielsweise bei Monse, Son Jung Wang oder Jonathan Simkhai (Mix von semi-transparentem Kleid mit Trenchcoat) zu bewundern, woran sich allerdings wohl nur ziemlich wagemutige Damen oder nach Aufsehen heischende Promi-Ladys trauen dürften. Marken, in deren Winter-Repertoire der Trend auftaucht, sind beispielsweise auch noch Tory Burch, Off-White oder Lie Collection.