Noch vor einigen Wochen schien es so, als sei es alternativlos, dass Bundestrainer Joachim Löw „Die Mannschaft" mindestens bis zur Europameisterschaft in Spanien begleiten dürfte. Nach dem 0:6-Debakel in Spanien rücken immer mehr Experten von ihm ab. Löws Verdienste sind groß, die Verschleißerscheinungen allerdings auch. Nach der missratenen WM vor gut zwei Jahren hat sich der Bundestrainer für einen Umbruch entschieden. Der war nachvollziehbar. Thomas Müller spielte selbst bei den Bayern nicht, Mats Hummels und Jérôme Boateng steckten in einer Formkrise. Doch Fußball ist schnelllebig. Müller und Boateng haben mittlerweile die Champions League gewonnen, Hummels ist längst wieder auf einem Top-Niveau. Der Fall Müller ist dabei besonders komplex. Gerade auf seiner Position gibt es herausragende, junge Alternativen. Aber als Führungsspieler würde er der DFB-Elf gut zu Gesicht stehen. Anders gelagert sind die Fälle Hummels und Boateng. Sie sind Führungsspieler und auf ihren Positionen eigentlich auch sportlich immer noch unverzichtbar. Dass Löw sie aber ohne Gesichtsverlust wieder integrieren kann, scheint undenkbar. Dennoch ist es an der Zeit, dass der DFB die Weichen neu stellt. Löw ist kaum noch zu halten, gleiches gilt für Manager Oliver Bierhoff. Die große Frage, die sich stellt: Wer sind die Alternativen? Erfolgstrainer wie Jürgen Klopp oder Hansi Flick sind auf die Schnelle nicht zu bekommen. Gleiches gilt für Thomas Tuchel. Ralf Rangnick wäre die naheliegendste Lösung. Aber ob der schwierige Schwabe mit seinem Reformeifer beim DFB vermittelbar ist? Auch U21-Coach Stefan Kuntz dürfte ein Kandidat sein. Möglicherweise nicht für eine längere Zeit, aber als „Heißmacher" bis einschließlich der EM könnte er sicher ein Thema werden. Und wer könnte auf Bierhoff folgen? Wäre der DFB bereit, neue Wege zu gehen, sollte er sich mit der Personalie Bastian Schweinsteiger beschäftigen. Der Ex-Kapitän und Weltmeister von 2014 verfügt über eine tadellose Vita und ist ein glänzender Analytiker. Egal, wie der DFB sich entscheidet, eines ist schon klar: Ein „Weiter so" kann es nicht geben.
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Foto: picture alliance / SvenSimon
Nachspielzeit: Löws Zeit ist abgelaufen
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