Was für ein Jahreswechsel! Der ist zwar jetzt schon ein paar Tage her. Aber die Leute reden immer noch drüber. Er war halt was Besonderes. Statt lärmender Routine vielfach einfallsreiche Improvisation. Und erstaunlicherweise fanden nicht wenige ihre Versuche, das neue Jahr anders zu beginnen, gar nicht mal so übel. Auch wenn es nicht immer so sein müsste.
Letzteres gilt auch für den Impfstart. Der kam wohl so plötzlich wie Weihnachten, Silvester oder Ostern, spotten einige, denen noch nach Spotten zumute ist. Sicher war es ein Kraftakt der besonderen Art. Aber schließlich haben wir alle über ein halbes Jahr genau von diesem Moment ständig geredet. Prominente Stimmen erhoben ihn gar in den Status des schönsten Weihnachtsgeschenks.
Dass nicht alles gleich rundläuft, war erwartbar. Leider auch der politische Streit, bei dem kaum auseinanderzuhalten ist, ob mehr die Sorge um Verbesserungen oder die Positionierungen im Wahljahr das Hauptmotiv ist. Als wären Enttäuschung, Frustration und Verärgerung nicht schon groß genug in dieser Situation.
Bestimmte Reflexe im politischen Betrieb kamen schon in den letzten Wahlkämpfen nicht besonders gut an. Erst recht nicht, wenn bisherige Regierungspartner plötzlich gegenseitig ihre jeweiligen Unfähigkeiten entdeckten und glaubten, das öffentlich kundtun zu müssen. In Zeiten, die von uns allen massive Einschränkungen abverlangen, die mit tief besorgten Fragen über die Folgen der Panademie behaftet sind, richten sich die Erwartungen auf vieles, aber sicher nicht auf derart alte Rituale.
Wer es an Weihnachten und Silvester geschafft hat, von liebgewonnenen eigenen Ritualen Abstand zu nehmen, darf zu Recht auch von anderen Ähnliches erwarten. Was kein Aufruf zum Verzicht auf politische Auseinandersetzung ist, aber einer, es angesichts der Situation anders anzupacken. Im Grunde geht es um zwei Kernpunkte: Verbesserungen dort, wo es derzeit nicht gut läuft, und Antworten für die Zeit nach der Krise. Dass Letztere mit Unwägbarkeiten verbunden sind, ist kein Grund, darauf zu verzichten. Das wissen die Menschen, die trotzdem erfahren wollen, welche Gedanken es über die Perspektiven gibt. Und an deren Glaubwürdigkeit werden sie ihre Entscheidung treffen.