Floating ist ein meditatives Erlebnis, das immer mehr in Mode kommt. Kein Wunder: Von sämtlichen äußeren Reizen befreit erlangen die wie Korken auf dem Wasser schwebenden Floater die totale Erholung für Körper und Geist. Ein Selbstversuch im mehrfach ausgezeichneten Münchener „Float Schwabing".
Alles so schön entspannt hier. Die freundliche Dame im strahlend weißen Empfangsraum. Der helle, abschließbare Umkleide- und Duschbereich, der nur für mich reserviert ist. Die duftenden, großen Handtücher, die neben frischen Blumen bereitliegen. Die leise Instrumentalmusik. In der einen Ecke steht ein Hocker, auf dem ich meine komplette Kleidung ablegen kann. In der anderen Ecke steht er: der Floatingtank. Ein weißes, rund 2,25 Meter langes, etwa 1,5 Meter breites und ebenso hohes, hohles Gebilde, dessen übergroßer Deckel wie eine Motorhaube geöffnet ist und zum Einsteigen einlädt. Für Klaustrophobiker wäre das eine schwere Prüfung, doch mit beengten Räumen habe ich kein Problem. Dennoch kostet es mich Überwindung, einzusteigen und mich in das nur 25 bis 30 Zentimeter tiefe, rund 35 Grad warme Wasser zu legen. Auf Knopfdruck schließt sich der Deckel über der ungewöhnlichen „Badewanne" und hüllt mich in komplette Dunkelheit und komplette Stille. Kurz spüre ich Nervosität. Was tun, wenn sich der Deckel nicht mehr öffnen lässt? Doch ich erinnere mich an die einführenden Worte bei der Begrüßung: In dem Tank ist genug Luft vorhanden, ebenso ein Waschlappen, mit dem sich die Augen befeuchten lassen, falls etwas Salzwasser hineingerät. Und für den Ernstfall existiert ein Notfallknopf, der sofort das Personal im Nachbarraum alarmiert.
Ein Knopf für den Ernstfall
Daneben befindet sich noch ein Knopf. Er aktiviert ein schwaches Rotlicht im Tank. Das gefällt mir. Mein Puls geht wieder runter. Alles gut. Wenige Momente später lasse ich mich komplett fallen. Wobei ich freilich nirgends falle, denn mein Körper treibt dank hochgesättigter Epsomitsalze wie ein Korken auf dem Wasser. Selbst mit ausgestreckten Armen berühre ich kaum die Ränder, den Boden sowieso nicht. Ich verfalle also eher – nämlich in einen sehr meditativen Zustand der Schwerelosigkeit. Ich schalte komplett ab, schlafe immer wieder kurz ein. Der Alltag entschwebt in Windeseile, der einzige Gedanke, der mir noch kommt, ist: Kann man eigentlich nichts denken? Wenn ja, dann tue ich das gerade.
In diesem Zustand würde ich sofort unterschreiben, was der Gehirnforscher und Float-Tank-Erfinder John C. Lilly behauptete: Dass an keinem anderen Ort eine derart tiefe Entspannung für alle Muskelgruppen zu erreichen wäre wie hier. Schließlich verwende das menschliche Gehirn tagsüber mehr als 80 Prozent seiner Kapazität dazu, Außenreize zu verarbeiten und diese gedanklich zu reflektieren. Innerhalb des Tanks entfallen diese Gehirntätigkeiten jedoch. Diese sogenannte Sensorische Deprivation eröffnet laut Lilly und Kollegen neuen Raum für Kreativität und Selbsterfahrung. Eine ganze Reihe an Studien, die jedoch wegen ihrer geringen Anzahl an Probanden für wissenschaftlich gefestigte Aussagen nur bedingt geeignet sind, haben die positive Wirkung des Wasserbades auf Körper und Geist belegt. Auch eine positive Wirkung bei Rückenschmerzen, Verspannungen, eine Senkung des Blutdrucks und eine Stärkung des Immunsystems werden dem Floating attestiert. Davon könnten sogar Depressionspatienten profitieren, bei denen der Psychologe Sven-Åke Bood in einer Studie einen positiven Einfluss nachweisen konnte. Freilich kommen auch andere Entspannungstechniken zu positiven Effekten. Nur – so eine Meta-Analyse von 17 Studien, die vor einigen Jahren in der Fachzeitschrift „Psychology and Health" publiziert wurde – wirke jedoch keine so schnell und unbedenklich wie das Floaten. Offenbar erkennen auch viele Kunden die Vorteile, das Angebot wächst jedenfalls stetig. Allein in deutschen Städten gibt es mehr als 70 Floatarien, einige Dutzend in Wellnesshotels kommen noch hinzu.
Es gibt auch offene Becken
Auch wenn sich nicht bei jedem und erst recht nicht bei jeder Sitzung meditative Höhenflüge, nie gekannte Geistesblitze und schillernde Tagträume einstellen: Das sanfte Herumtreiben ist eine interessante Alternative zu anderen Entspannungsmethoden, erst recht für Menschen, die sich im Wasser wohlfühlen.
Nach wie vor skeptisch ob der Enge des Tanks? Alternativ zum geschlossenen Tank lässt sich auch ein bis zur Decke hin offenes Becken wählen – oder eine Begleitung, die neben einem treibt. Doch egal ob solo oder zu zweit: Auf Kaffee, schwarzen und grünen Tee sowie schwere Mahlzeiten sollten Schwebewillige verzichten, sonst wird die Entspannung nämlich deutlich gehemmt. Ein mit zu viel Koffein vollgepumptes Nervenbündel wird es im Tank keine zehn Minuten aushalten – genauso wenig wie im Rasulbad oder auf einer Massagebank. Diese Kombination wäre meines Erachtens ideal, wird aber derzeit leider nicht mehr angeboten. Den Geldbeutel freut’s. Denn die 60 Minuten im Tank kommen bereits auf 79 Euro. Reizlose Entspannung hat eben nicht nur ihren Reiz, sondern auch ihren Preis.