Der 1. FC Saarbrücken kann sich spätestens nach dem 3:1 in Verl nach oben orientieren. Beim Auswärtssieg lieferte das Team von Lukas Kwasniok eine Meisterleistung.
Der Trainer des 1. FC Saarbrücken gilt als detailverliebt und fußballbesessen. Seine Videoanalysen führt er akribisch und dennoch mit viel Witz durch. „Ich habe noch keinen Trainer gehabt, der uns so gut auf den Gegner vorbereitet hat“, sagte Torwart Daniel Batz schon vor Wochen. Und nach dem 3:1-Erfolg des 1. FC Saarbrücken beim SC Verl lobte Top-Scorer Nicklas Shipnoski: „Er hat mal wieder gezaubert.“
Zum zweiten Mal in Folge rückte Trainer Kwasniok von seinem präferierten 4-3-3-System ab. Die Kritiker, die ihm in der Schwächephase vorwarfen, er sei stur und verfüge über keinen Plan B, sind längst widerlegt. Beim Aufsteiger-Duell zog Kwasniok seinen Kapitän Manuel Zeitz nach dessen Rotsperre in die Innenverteidigung und beließ Talent Luca Kerber auf der zentralen defensiven Mittelfeldposition. Der etatmäßige Linkverteidiger Mario Müller agierte mit Tobias Jänicke auf der „Doppel-Acht“ und im Zentrum neutralisierte Julian Günther-Schmidt den Verler Spielmacher Mehmet Kurt und setzte selbst Akzente nach vorne. In der vordersten Reihe hatte Kwasniok mit Minos Gouras und Nicklas Shipnoski eine auf Konter ausgerichtete Doppelspitze beordert. Sein Team stand tiefer als in den Spielen zuvor und in dieser Taktik lag der Schlüssel zum Sieg. „Saarbrücken hat uns überrascht. Wir hatten sie vorne aggressiver erwartet, aber sie haben unser Spiel clever unterbunden und extrem gut umgeschaltet“, lobte Verls Coach Guerino Capretti.
Schon nach 20 Minuten führten die Gäste durch den ersten Saisontreffer von Minos Gouras sowie einem Eigentor des Verlers Sven Köhler mit 2:0, unmittelbar nach dem Wechsel spielte Gouras einen Konter wunderbar aus. Der Anschlusstreffer von Justin Eilers in der Schlussminute war dann letztlich nur noch Ergebniskorrektur, ärgerte Kwasniok aber dennoch: „Die letzte Viertelstunde hat mir nicht so gut gefallen. Das werde ich auch ansprechen. Wir waren da ein bisschen fahrig, haben einige Bälle zu leicht hergeschenkt. Verl hat schon ein paarmal bewiesen, dass sie Rückstände auch in der Schlussphase noch drehen können. Da müssen wir einfach wacher sein.“
Doch das war dann letztlich Kritik auf hohem Niveau. Mit 40 Zählern aus 24 Spielen hat der Aufsteiger ein weiteres Zwischenziel erreicht. Nach drei Siegen in Folge und vor drei Heimspielen in Serie geht der Blick nach oben. „Es gibt keinen Grund in Euphorie zu verfallen. Es sind immer enge Spiele und wir müssen am Anschlag agieren, um zu gewinnen“, mahnt Kwasniok vor dem Heimspiel am Mittwoch gegen den MSV Duisburg.
Doch die Aussichten sind gut, vor allem, weil Kwasniok nicht nur taktische, sondern stets auch personelle Lösungen findet. So fiel auch der kurzfristige Ausfall von Angreifer Sebastian Jacob zumindest sportlich nicht ins Gewicht. Hinter den Kulissen sorgte die Tatsache, dass der 27-Jährige das Abschlusstraining abbrechen musste, aber für Gesprächsbedarf. Während der obligatorischen Pressekonferenz unmittelbar nach der Einheit, wurden Jacobs Adduktorenprobleme mit keinem Wort erwähnt. „Die Entscheidung ist erst später gefallen. Sebastian hat ein leichtes Ziehen verspürt. Er war zum Zeitpunkt der Pressekonferenz beim Arzt. Es war keine böse Absicht“, sagte der Trainer, der sich anschließend mächtig darüber ärgerte, dass Bilder des Abschlusstrainings auf einer Facebook-Seite eines Fanclubs auftauchten. Darauf war die komplette Grundformation für das Verl-Spiel ebenso zu erkennen, wie die Tatsache, dass Jacob das Abschlussspiel nicht mehr mitgemacht hatte. „Es ist nicht meine Baustelle, aber es ist nicht professionell, dass so etwas möglich ist“, sagte der Trainer, der Fragen nach seiner Zukunft nicht mehr beantworten möchte: „Wir konzentrieren uns auf die kommenden Aufgaben. Damit haben wir genug zu tun.“ Während der Trainer nach seinem angekündigten Abschied zum Saisonende bemerkenswert gelassen agiert, brach Doppeltorschütze Minos Gouras eine Lanze für seinen Coach. „Wir hoffen alle, dass er bleibt“, sagte er Richtung Trainer. Vor allem bei dem 22-Jährigen zeigte die Formkurve am Samstag deutlich nach oben. „Er bringt alles mit, aber muss lernen, sich durchzusetzen“, gab Kwasniok dem Flügelflitzer vor Wochen mit auf den Weg. In Verl hatte er diese Vorgabe prima umgesetzt. Seine Treffer widmete er übrigens seinem kleinen Bruder Mika: „Ich hab ihm vor dem Spiel versprochen, dass ich ein Tor schieße“, sagte Gouras grinsend. Am Ende sind es sogar zwei geworden.
FORUM-Einzelkritik:
Daniel Batz: Sicher, souverän und hellwach. Ohne jegliche Schwäche. Note 2
Anthony Barylla: Auf der rechten Außenbahnposition nicht ganz so fehlerfrei wie zuletzt im Zentrum. Dennoch solide. Note 3
Steven Zellner: Im Vergleich zum München-Spiel noch einmal verbessert. Wie immer mit viel Risiko. Note 2-
Manuel Zeitz: Stand bei einem Janjic-Kopfball optimal. Ansonsten ein starker Auftritt des Kapitäns in der Innenverteidigung. Note 2-
Jayson Breitenbach: Kommt immer besser zurecht und kann langsam Stammplatz-Ansprüche anmelden. Note 2-
Luca Kerber: 65 Minuten lauf- und kampfstark. Danach verließen ihn die Kräfte und ein, zwei Fehlpässe schlichen sich ein. Note 3
Mario Müller: Braucht etwas, um ins Spiel zu kommen. Danach steigerte er sich deutlich, daher war seine Auswechslung zur Pause überraschend. Note 3-
Tobias Jänicke: Umsichtig und routiniert, manchmal auch unauffällig. Tolle Vorarbeit zum Führungstreffer. Note 3
Julian Günther-Schmidt: Ein Mentalitätsspieler. Warf sich in jeden Zweikampf, verkörpert alle Attribute, die es für diese Liga braucht. Note 2
Nicklas Shipnoski: Diesmal ohne Torbeteiligung. Aber extrem viel unterwegs und an einigen guten Angriffen beteiligt. Note 3
Minos Gouras: Spielte seine Konterstärke aus und vollendete zweimal eiskalt. Note 1-
Einwechselspieler (mit mindestens 20 Minuten Spielzeit):
Fanol Perdedaj: Fügte sich nahtlos ein und brachte Ruhe ins Spiel. Note 3
Maurice Deville: Couragiert in den Zweikämpfen, gewann viele davon. Note 3
Lukas Schleimer: Machte endlich auf sich aufmerksam. Ballsicher und einige kluge Pässe. Note 3