Die 1:2-Niederlage beim 1. FC Kaiserslautern sorgt beim 1. FCS für miese Stimmung. Ein Blick hinter die Kulissen zeigt aber, dass das Ergebnis nicht aus heiterem Himmel kommt.
Wie schwierig die Situation beim Drittligisten 1. FC Saarbrücken ist, belegt ein Ereignis vom Samstagabend. Gegen 20 Uhr teilte Mittelfeldspieler Fanol Përdedaj via Instagram mit, dass sich seine Zeit beim 1. FCS dem Ende zuneigt. Nicht etwa, weil er sich verändern möchte, sondern weil der Verein nicht mehr mit ihm plant. Überbracht wurde ihm diese Entscheidung am vergangenen Mittwoch durch Sportdirektor Jürgen Luginger. Sechs weitere Verträge werden ebenfalls nicht verlängert. Das ist das Resultat einer Analyse der Sportlichen Leitung und des künftigen Cheftrainers Uwe Koschinat.
Es sind Entscheidungen, wie sie im Fußball-Geschäft immer wieder vorkommen. Aber warum diese unmittelbar vor einem hoch emotionalen Derby getroffen wurden? Diese Antwort ließ der Verein bislang offen. Das ist umso erstaunlicher, als dass die betroffenen Spieler vergattert wurden, mit der Verkündung bis nach dem Spiel gegen Waldhof Mannheim am Mittwoch zu warten. Jeder Journalist, der nah am FCS dran ist, wusste um die Vorgänge. Geschrieben hat es vor dem Lautern-Spiel keiner. Auch aufgrund der Brisanz des Derbies. Dass mit Përdedaj und Jayson Breitenbach zwei Spieler in der Startelf standen, die keine Zukunft mehr in Saarbrücken haben, hat selbst die eigenen Mitspieler überrascht. Während der 23-jährige Breitenbach einen rabenschwarzen Tag erwischte und das zweite Gegentor mit einleitete, fiel Hitzkopf Përdedaj nur einmal auf, als er gegen Lauterns Jean Zimmer handgreiflich wurde. Der ansonsten gute Schiedsrichter Robert Schröder ahndete die Tätlichkeit nicht.
Es war einer der wenigen Aufreger in einem ansonsten ziemlich emotionsarmen Derby, das der FCK durch den Doppelpack mit Daniel Hanslik völlig verdient mit 2:1 gewann. Der zwischenzeitliche Ausgleich durch Kapitän Manuel Zeitz war der einzige Lichtblick einer ansonsten indiskutablen ersten Saarbrücker Hälfte. Nach dem Wiederanpfiff und der Einwechslung von Angreifer Sebastian Jacob wurde es etwas besser. 20 Minuten spielte der FCS gefällig, hatte durch Marin Šverko einen große Ausgleichchance, wurde am Ende aber dann nicht mehr sonderlich zwingend.
Der Auftritt auf dem leeren Betzenberg war ein Spiegelbild der vergangenen Wochen. Bis auf Jacob sorgte keiner der Einwechselspieler für Belebung. Vielen Akteuren geht auch nach einem dreiviertel Jahr die erforderliche Drittligakörperlichkeit ab. Die Anzahl der Gegentore nach Flanken von außen hat beängstigende Ausmaße angenommen. „Keine Mannschaft verteidigt so naiv wie wir“, kritisierte Torwart Daniel Batz wiederholt. „Es ist nicht das erste Mal, dass uns das passiert“, räumte Coach Lukas Kwasniok nach dem Spiel ein. Über die Ursachen kann freilich spekuliert werden. Doch nicht immer soll die Fehleranalyse in den vergangenen Wochen fair abgelaufen sein. Als der FCS vor zwei Wochen in Wiesbaden in der Schlussminute den Ausgleich kassierte, hatte Kwasniok schnell einen Schuldigen ausgemacht: Den gerade zuvor eingewechselten Maurice Deville, der 80 Meter vor dem eigenen Tor einen Freistoß verursacht hatte. Dass Außenverteidiger Anthony Barylla die Flanke vor dem Gegentor wie schon häufiger einfach schlecht verteidigte, wurde nicht erwähnt. Die wochenlange Hängepartie um seine Zukunft scheint dem 23-Jährigen zuzusetzen. Seine Leistungen in der Rückrunde sind schwach, seine Beteiligung an Gegentoren rekordverdächtig. In Kaiserslautern sah er bei beiden Treffern nicht gut aus. In der zweiten Halbzeit kam dann eine erschreckende Fehlpassquote hinzu.
Es ist nicht die einzige Personalie, die Fragen aufwirft. Linksverteidiger Mario Müller, der während der starken ersten Saisonphase Stammspieler war, ist plötzlich außen vor. Auch bei seinem Ex-Club auf dem Betzenberg bekam der 29-Jährige, der noch bis 2022 an den FCS gebunden ist, keine Einsatzminuten. Die bekam mit Jayson Breitenbach dagegen einer der „Aussortierten“. Kwasnioks flapsige Bemerkung, da habe er „in die Kloschüssel gegriffen“, passt ins Bild.
Schwer erklärbar ist auch der Umgang mit Lukas Schleimer. Der 21-Jährige spielte vor einer Woche gegen Türkgücü zum ersten Mal seit langem von Beginn an und wurde anschließend vom Trainer gelobt. Am Donnerstag wurde die Nürnberger Leihgabe von Sportchef Luginger gefragt, ob er sich einen Verbleib in Saarbrücken vorstellen könnte. Koschinat würde ihn spannend finden. Wie schnelllebig das Fußball-Geschäft ist, musste „Schleimi“ dann aber 24 Stunden später erfahren, als er aus dem 18er-Kader für das Lautern-Spiel flog. Zudem soll ihm Kwasniok wenig Aussichten auf weitere Einsätze gemacht haben.
Ob Schleimer, dem mehrere Angebote aus der 3. Liga vorlegen, nun beim FCS bleibt, ist äußerst fraglich. Klar ist hingegen, dass neben Përdedaj und Breitenbach auch Kianz Froese, Timm Golley, José Pierre Vunguidica sowie die beiden Ersatztorleute Ramon Castellucci und Jannick Theisen die Rote Karte bekamen. Boné Uaferro, der in Kaiserslautern nach seiner Einwechslung völlig neben sich stand, soll dagegen weiterverpflichtet werden.
Am Mittwoch steht gegen Waldhof Mannheim das nächste Derby an. Es passt ins Bild, dass Kapitän Zeitz, einer der wenigen, die sich in Kaiserslautern gegen die Niederlage stemmten, gesperrt fehlen wird.
FORUM-Einzelkritik: (Bewertet wurden Spieler mit mindestens 20 Minuten Einsatzzeit)
Daniel Batz: Einer der wenigen, der lautstark agierte. An den Gegentoren schuldlos. Hatte ansonsten wenig Gelegenheit, sich auszuzeichnen. Note 3
Marin Šverko: Zu Beginn teilweise sehr fahrig, nach der Pause deutlich verbessert. Note 3-
Steven Zellner: Weitestgehend umsichtig und zweikampfstark. Schaltete sich am Ende in die Offensive ein. Note 3
Manuel Zeitz: Ordentlicher Auftritt des Kapitäns, dem der Ausgleichstreffer gelang. Note 3
Anthony Barylla: An beiden Gegentoren beteiligt. Sein Freistoß zum Ausgleich kann über seinen sonstigen Auftritt nicht hinwegtrösten. Schlimme Fehlpässe in der zweiten Halbzeit. Note 5-
Jayson Breitenbach: Es tut einem Leid für den ohnehin nicht mit viel Selbstvertrauen ausgestatteten Verteidiger. Wurde nach einer halben Stunde erlöst. Note 5-
Luca Kerber: Kalt wie eine Hundeschnauze und mit guter Derby-Einstellung. Der 19-Jährige war bester Saarbrücker. Bezeichnend. Note 2-
Tobias Jänicke: Bemüht und couragiert, leider im letzten Drittel nicht konsequent genug. Note 3-
Fanol Përdedaj: Zurecht in der Halbzeit ausgewechselt, nachdem er zuvor nur durch eine Tätlichkeit aufgefallen war. Note 5-
Nicklas Shipnoski: Lief ungemein viel, war in der Offensive lange Zeit der einzige, der einen Ball kontrollierte. Hatte die einzige FCS-Chance aus dem Spiel heraus vor der Pause. Note 3-
Minos Gouras: Fand weder von der Zweikampfführung noch von der Laufleistung her zu einer vernünftigen Derby-Einstellung. Note 5
Boné Uaferro: Kam für Breitenbach und schaffte das Kunststück, noch nervöser zu wirken. Kaum eine gelungene Aktion. Note 5-
Sebastian Jacob: Belebte das Spiel nach seiner Einwechslung, rieb sich in vielen Zweikämpfen auf. Leider auch glücklos. Note 3
Markus Mendler: Ein guter Schuss, ansonsten ohne jegliche Zweikampfführung und Passsicherheit. Note 5