Nachdem sie ihre Quarantäne absolviert haben, steht für die Drittliga-Handballer der HG Saarlouis die kommende Saison im Fokus. In der sportlich weniger bedeutsamen Ligapokalrunde sollen die Talente Spielpraxis sammeln. Es stehen auch schon Neuzugänge und ein Abgang fest.
Der Rückschlag kam prompt: „Wir waren der Normalität gerade wieder ein Stück nähergekommen. Dann kam der Vorfall und plötzlich hatte sich alles erledigt", sagt Philipp Kessler. Der Trainer des Handball-Drittligisten HG Saarlouis befand sich mit seinem Team mitten in der Spielvorbereitung auf ESG Gensungen/Felsberg, als ein positiver Corona-Fall im Kader die Planungen zunichtemachte. Alle wurden vom zuständigen Gesundheitsamt bis mindestens 27. April in Quarantäne geschickt, und die Ligapokalspiele gegen Gensungen (17. April) und eine Woche später gegen HSG Bieberau-Modau mussten verschoben werden. Wann sie nachgeholt werden, will der Verein zeitnah mitteilen.
„Wir leben nicht wie Vollprofis in einer Blase"
„Wir leben nun einmal nicht, wie manche Vollprofis, in einer Blase. Ich hoffe, dass keine schweren Verläufe oder langfristigen Folgen entstehen, auch nicht bei den Angehörigen. Das ist das allerwichtigste", sagt HG-Trainer Kessler und ergänzt mit Blick auf die sportlichen Auswirkungen: „Wir werden schon versuchen, die Jungs fitzuhalten, aber ohne die Möglichkeit, draußen joggen zu gehen, ist das schon schwierig. Nicht jeder Spieler hat einen Heimtrainer oder ein Laufband zu Hause." Zusammen mit Athletiktrainer Yannic Wilhelmi wird er seinen Schützlingen Übungen und Videos zur Verfügung stellen, die das Training im Homeoffice ermöglichen sollen. Darüber wollen die Trainer über Videokonferenzen mit den Spielern in Kontakt bleiben. Vorausgesetzt, die Quarantäne endet für alle wie angekündigt am 27. April – dies könnte sich je nach Ansteckungszeit Einzelner ändern – stehen der HG nur drei volle Tage für die Vorbereitung auf das Pokalspiel bei der HSG Rodgau am 1. Mai zur Verfügung. „Mit entsprechender Belastungssteuerung und Verletzungsprophylaxe ist das durchaus machbar", findet Kessler. Er stellt aber auch klar: „Die Gesundheit der Spieler geht eindeutig vor die Platzierung in dieser einfachen Pokalrunde. Sportlich geht es für uns eher darum, die Spiele zu nutzen, um sich schon mal für die nächste Drittliga-Saison einzuspielen." Die Ligapokalrunde wurde nach dem Abbruch der Liga ins Leben gerufen, um zwei Startplätze für die erste Runde des DHB-Pokals auszuspielen.
Einspielen und sich auf Drittliganiveau etablieren sollen sich in den kommenden Wochen vor allem Marco Grgic (17), Konrad Wagner (18) und Elyas Noh (16). Während Wagner seinen Vertrag mit der HG gerade erst bis 2024 verlängert hat, musste mit Hendrik Huth (19) ein HG-Talent seine Karriere im Leistungssportbereich verletzungsbedingt beenden. Die jungen Wilden durften schon in den Drittligaspielen und vor allem im ersten Ligapokalspiel Einsatzzeit sammeln. Die wertvollen Erfahrungen wurden allerdings mit einer 32:35-Niederlage gegen den TV Gelnhausen bezahlt. Am 3. Spieltag der Liga Mitte Oktober hatte Saarlouis noch mit 30:22 klar die Oberhand. „Es stand auf unserer Seite eine ganz andere Mannschaft auf dem Platz als noch in der Hinrunde", erklärt Philipp Kessler. Damals war der inzwischen an Zweitligist ThSV Eisenach verliehene Kapitän und Antreiber Peter Walz noch an Bord. Loic Laurent (nach Urlaub) und Wladislaw Kurotschkin (Bänderriss) waren nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte. „Wir hätten das Spiel gerne gewonnen, aber es kam einiges zusammen, weshalb es nicht gereicht hat", stellt Kessler fest und führt neben Abstimmungsproblemen in der Abwehr auch die Leistung der Torhüter an: „Wir sind in Saarlouis dahingehend verwöhnt, dass unsere Torhüter im Schnitt 13 Paraden pro Spiel abliefern. Gegen Gelnhausen waren es nur acht", sagt er und rechnet vor: „Mit den fehlenden fünf Paraden hätten wir das Spiel 32:30 gewonnen, und jeder spricht von einem gelungenen Auftakt in die Pokalrunde, bei dem sogar die Jugendspieler integriert wurden. Ich kann das schon ganz gut einordnen. Das Ergebnis steht bei mir nicht über allem."
Weil die Zukunft der HG Saarlouis nicht nur auf den Schultern des eigenen Nachwuchses liegen kann, hat die sportliche Leitung um Mathias Ecker die Weichen der Kaderplanung gestellt. Prominentester Neuzugang ist Rückkehrer Tommy Wirtz. Der luxemburgische Nationalspieler kommt von Zweitligist DJK Rimpar zurück ins Saarland, wo er bereits in der Saison 2019/2020 das HG-Trikot trug und zum Leistungsträger und Publikumsliebling avancierte. Mathias Ecker spricht demnach von einem „Glücksgriff für den Verein", von dessen „genialen Fähigkeiten" vor allem Außen-Talent Elyas Noh profitieren soll. Auf diese Rolle freut sich der 28-jährige Lehrer Wirtz: „Ich kann es auch kaum erwarten, meine alten Teamkollegen wiederzusehen, wieder in der Stadtgartenhalle zu spielen und die HG beim Erreichen ihrer Ziele zu unterstützen." HG-Trainer Philipp Kessler, der selbst noch einen Vertrag bis 2022 besitzt, freut sich genauso: „Tommy bringt große Qualität und Schnelligkeit auf der linken Außenposition mit, kann aber auch variabel in der Rückraum-Mitte eingesetzt werden", sagt Kessler, der auch den fachlichen Austausch mit dem Luxemburger schätzt und ergänzt: „Es ehrt uns, dass er sich trotz des für ihn höheren Aufwands für die HG Saarlouis entschieden und nicht etwa einen Verein in seiner Heimat in Luxemburg."
Die Zukunft von Kapitän Peter Walz ist noch offen
Einer für den linken Rückraum und den Innenblock der Abwehr ist Wirtz‘ Landsmann und Nationalmannschaftskollege Adel Rastoder. Der 20-jährige Sportsoldat kommt vom luxemburgischen Erstliga-Tabellenführer HB Esch. „Er ist ein entwicklungsfähiger Spieler. Es ist wichtig, auch ihm Zeit für die Eingewöhnung zu geben. Zumal er erst mal außerhalb seines Heimatlandes aktiv sein wird und die neue Liga erst kennenlernen muss", weiß Kessler, kündigt aber auch an: „Ich bin sicher, dass er die Mannschaft durch seine Zielstrebigkeit und Leistungsbereitschaft sehr schnell bereichern und begeistern wird." Beide Luxemburger haben einen Vertrag bis 2023 unterschrieben. Als bisher einziger den Verein verlassen wird hingegen der Franzose Loic Laurent. Aus privaten Gründen zieht es ihn nach dem erfolgreichen Abschluss seiner Physiotherapie-Ausbildung in seine Heimat nach Lyon zurück. Philipp Kessler wird seinen „enormen Sachverstand" vermissen, bringt aber auch Verständnis für Laurents Entscheidung auf. „Es hat Spaß gemacht, so einen Spieler in der Mannschaft zu haben, der sich vor allem für das Team, also für die anderen und nicht nur für sich selbst einsetzt", sagt der HG-Trainer. Die genannten Eigenschaften sind durchaus auch Peter Walz zuzuschreiben. Ob der „Vorkämpfer" künftig wieder das HG-Trikot tragen wird, oder sich durch weiter gute Leistungen für höhere Aufgaben empfiehlt, ist noch ungewiss. „Mein Stand ist, dass er im Moment nach Eisenach ausgeliehen ist und ab Sommer wieder bei uns unter Vertrag steht. Alles andere muss mit dem Verein geklärt werden. Klar ist, dass er für unser Spiel nicht so einfach zu ersetzen wäre."