Das Duell der beiden Formel-1-Titanen Lewis Hamilton (Mercedes) und Max Verstappen (Red Bull) setzt sich an diesem Sonntag in Portugal und eine Woche später in Spanien fort. FORUM blickt auch auf das Chaos-Rennen in Imola mit Sieger Verstappen und Hamiltons Schadensbegrenzung zurück.
Das zweite Saisonrennen in Imola hat es offenbart: Diese Formel-1-Weltmeisterschaft läuft auf ein Duell zwischen Lewis Hamilton und Max Verstappen hinaus. Der siebenmalige Weltmeister gegen seinen möglichen Nachfolger. Ein „alter Hase" gegen einen „Jungfuchs". Erfahrung gegen Kaltblütigkeit und Talent. Beim Gran Premio der Emilia Romagna hat der „Bulle" zurückgeschlagen. Verstappen gewann im legendären Autodromo Enzo e Dino Ferrari seinen elften Grand Prix mit 22 Sekunden Vorsprung auf Hamilton. So steht es nun 1:1 zwischen den beiden Giganten, Unentschieden zwischen Mercedes und Red Bull. In der WM-Wertung führt der Brite aber 44:43 dank seines Bonuspunktes für die schnellste Rennrunde in Imola. Mit seiner 99. Pole Position (erster Startplatz) ging es für Hamilton ins Chaos-Rennen. Auf Startplatz zwei stand Überraschungsmann Sergio Pérez vor seinem „Bullen"-Teamkollegen Verstappen. Als die Ampel auf Grün sprang, rauschte der „fliegende Holländer" an seinen beiden Vorderleuten vorbei, dass denen Hören und Sehen verging. Zur Rennhälfte leistete sich Hamilton einen seltenen, aber folgenschweren Patzer. Bei einem Überrundungsmanöver in Runde 31 war der Weltmeister ins Kiesbett gerutscht und küsste dabei die Mauer. Er konnte das Rennen mit einem neuen Frontflügel fortsetzen, aber der bis dahin Zweitplatzierte fiel nach seinem Ausritt bis auf Platz neun zurück. Doch dann drehte der Champion auf. Mit seiner sensationellen Aufholjagd bis auf Platz zwei betrieb der Mercedes-Star zumindest Schadensbegrenzung und rettete das Rennen für die Stern-Marke. Einen „richtigen" Schaden handelte sich dagegen sein Teamkollege Valtteri Bottas ein. Zeitgleich mit Hamiltons Malheur kam es zwischen Bottas und George Russell zu einem heftigen Unfall. Der Williams-Pilot kam bei seinem Überholversuch auf eine nasse Stelle, verlor die Kontrolle, kreiselte von der Piste und räumte Bottas mit ab. Beide Autos waren nur noch Schrott, die Fahrer blieben unverletzt. Bis die Trümmerteile weggeräumt waren, gab es eine halbstündige Rennunterbrechung. Nach dem Neustart führte Verstappen das Feld an, behielt jederzeit den Überblick und ließ nichts mehr anbrennen.
Verstappen überholte Hamilton direkt beim Start
„Es war eine große Herausforderung, gerade am Anfang bei der Nässe", so Verstappen bei RTL. „Die Saison ist noch lang, da kommt noch einiges." Hamilton erklärte: „Es war nicht mein bester Tag, es war ein schwieriger Tag. Im Regen konnte ich gut aufholen, war aber beim Überrunden vielleicht ein wenig ungeduldig. Ich bin auch nur ein Mensch, solche Fehler können vorkommen." Bottas in der Mercedes-Presseaussendung: „Bis zum Unfall, bei dem Russell und ich unterschiedliche Sichtweisen haben, war es ein schwieriges Rennen. Von meinem Startplatz acht war es nicht einfach, Plätze gutzumachen." Mercedes-Boss Toto Wolff zum Unfall: „Der war leider unnötig. George hätte niemals ein solches Manöver wagen dürfen." Der Unfall ist umso brisanter, da in Russells Williams ein Mercedes-Motor steckt und der Brite als möglicher Nachfolger von Bottas gehandelt wird. Wolffs Erkenntnis aus Imola: „Wir sind auf Augenhöhe mit Red Bull und ihrem Honda-Motor." Mit Platz drei komplettierte McLaren-Mann Lando Norris das Podium, Vierter wurde Charles Leclerc im Ferrari. Und wo landeten die beiden deutschen Fahrer Sebastian Vettel und Mick Schumacher?
Für den Heppenheimer Vettel war es – wie schon beim Auftakt in Bahrain – ein komplett verkorkstes Wochenende zum Vergessen. In der Qualifikation musste er sich erneut seinem elf Jahre jüngeren Teamkollegen Lance Stroll beugen, wurde nur 13., Stroll Zehnter. Am Sonntag konnte der 33-jährige Vierfach-Champion aber nicht von Startplatz 13 das Rennen aufnehmen, sondern musste wie schon in Bahrain als Letzter aus der Boxengasse starten. Was war passiert? Auf dem Weg zur Startaufstellung überhitzten die hinteren Bremsen an Vettels Aston Martin, und sie fingen sogar Feuer. „Da ist uns ein grober Fehler unterlaufen", erklärte Vettel gegenüber Sky. Eine Minute vor dem Start mussten die Mechaniker den grünen Hoffnungsträger in die Box schieben. Sein Team konnte die Probleme an der Bremsanlage nicht rechtzeitig beheben. Vettel musste sich also von hinten vorkämpfen, doch der Kampf nutzte nichts. Kurz vor Rennende und nach einer Zehn-Sekunden-Zeitstrafe wegen zu langem Arbeiten seiner Mechaniker am Auto vor dem Start musste der Pilot seinen grünen Boliden abstellen. „Wir hatten ein Problem mit dem Getriebe, schon viele Runden davor. Am Ende hat es keinen Sinn mehr gemacht. Dann sind wir in die Box", klärte der Null-Punkte-Fahrer bei RTL auf. „Heute war der Wurm drin, von vorne bis hinten. Mit dem Start aus der Box und der Strafe, die den Kommissaren sehr spät eingefallen war, war es sehr schwer, etwas Positives aus diesem Rennen mitzunehmen" so Vettel weiter. Sein Gefühl sei aber ein bisschen besser, „aber im Moment sind es sehr wenige Runden, die ohne Probleme für uns laufen. Uns passieren da noch zu viele kleine Fehler, auch mir", so seine Erkenntnis.
Auf dem Weg zum Start überhitzten die Bremsen
Vor dem Horrorwochenende berichtete der 53-fache Grand-Prix-Sieger, dass er mit dem Umstieg vom Ferrari in den Aston Martin zu kämpfen habe. „Es gibt noch viele Dinge, die neu für mich sind. Ich versuche natürlich ständig, mehr über das Auto zu lernen und besser zu verstehen, wie es gefahren werden soll." Seine Kritiker sehen den früheren Superstar bereits als „Auslaufmodell". Für seinen ehemaligen Mentor und Ex-Chef bei Toro Rosso, Gerhard Berger, sind Vettels aktuelle Ziele zu hoch gesteckt. „Er versucht Dinge zu beweisen, die nicht möglich sind, weil das Auto oder seine eigene Form nicht gut genug sind", so der zehnmalige GP-Sieger Berger. Außerdem habe Vettel nie gut unter Druck reagiert. „Mit dem auf ihm lastenden Druck kommt Sebastian nicht gut zurecht", stellte der Tiroler fest.
Der heutige DTM-Chef sieht den Aston-Martin-Piloten „am Ende seiner Karriere angelangt". RTL-Experte Christian Danner hat Vettel angezählt und gleichzeitig abgewatscht. Er, Danner, könne das Lamentieren nicht mehr hören und spricht in einem RTL-Video Klartext. „Jetzt ist mal Schluss mit lustig", so der frühere F1-Pilot nach Vettels enttäuschender Zeitenjagd mit Platz 13 in der Qualifikation. „Das ist für einen viermaligen Weltmeister viel zu wenig. Mit Ausreden muss jetzt Schluss sein, er muss das jetzt gebacken kriegen." Vettel solle jetzt die „Arschbacken zusammenkneifen und Gas geben". Laut Danner hält die englische Presse den Deutschen schon für „erledigt".
Soweit ist es bei dem zweiten deutschen F1-Piloten Mick Schumacher noch lange nicht. Der 22-Jährige bestritt auf der geschichtsträchtigen Strecke von Imola, auf der sein Vater Michael siebenmal triumphierte, sein zweites Rennen und landete am Ende auf Platz 16. Immerhin sah Mick in seinem unterlegenen Haas-Boliden zum zweiten Mal – im Gegensatz zu Vettel – die Zielflagge. Und wieder vor seinem russischen Teamkollegen und aktuellen „Dreherkönig" (schon acht an zwei Rennwochenenden) Nikita Mazepin. Die Strecke ist Neuling Schumi keine unbekannte Piste. Hier gewann er vor fünf Jahren ein Formel-4-Rennen, testete später im Autodromo für die Formel 3. „In allen Juniorenklassen hat es dort sehr viel Spaß gemacht", erinnert sich Jung-Schumi.
Die „Arschbacken zusammenkneifen und Gas geben"
Weniger Spaß gemacht hat es dem 22-Jährigen an gleicher Stätte in seinem ersten Regenrennen als F1-Pilot. Beim Aufwärmen seiner Reifen verlor er beim wilden Zickack-Fahren während einer Safety-Car-Phase die Kontrolle über sein Auto und krachte mit der Frontpartie in die Mauer. Mit einer neuen Nase konnte er aber das Rennen fortsetzen. „Ich weiß gar nicht so richtig, was passiert war. Das Auto ist plötzlich ausgebrochen. Es war sehr komisch", schilderte der Haas-Pilot die Situation. Seine neue Erkenntnis in Imola: „Blind in eine Kurve reinzufahren, ohne dass man weiß, wo sie ist, ist ein komisches Gefühl. Aber es war eine neue Erfahrung." Kommentar Danner: „Mick wird weiterhin auffällig hinterherfahren."
Bremspunkte teilweise in den Bergab-Passagen
Fazit nach zwei Saisonrennen: Die Formel 1 hat Fahrt aufgenommen. An diesem Sonntag (2. Mai, 16 Uhr/Sky) werden die Adrenalin-Festspiele im portugiesischen Portimão fortgesetzt. Die im hügeligen Gelände gelegene 4,635 Kilometer lange Strecke mit ihren 15 Kurven zeichnet sich aus durch teilweise uneinsehbare „blinde" Kurven, Kuppen, Senken und Steigungen von bis zu 6,2 Prozent und ein maximales Gefälle von zwölf Prozent. Charakteristisch für das Autódromo Internacional do Algarve ist, dass die Bremspunkte teilweise in den Bergab-Passagen liegen. Ebenfalls auffällig ist, dass die Anlage mehr Kiesbetten hat als asphaltierte Auslaufzonen. Sieger auf der im vergangenen Jahr in den Corona-Notkalender gerutschten Strecke: Hamilton vor Bottas und Verstappen. Nur eine Woche später (Sonntag, 9. Mai, 15 Uhr/Sky und RTL), folgt in Barcelona/Spanien WM-Lauf Nummer vier. Sieger 2020: Hamilton vor Verstappen und Bottas. Adrenalin und Spannung steigen. Soviel sei schon verraten: Am Ende eines jeden Rennens wird ein Ferrari auf dem Podium stehen – ein Ferrari-Schaumwein. Das spritzige Getränk aus der Champagne in Frankreich ist out. Die italienische Kellerei „Ferrari" liefert für die nächsten drei Jahre das Blubberwasser an die Formel 1.