Nach seinem zweiten Platzverweis ist Kevin Volland im Heimspiel gegen Aufsteiger Heidenheim gesperrt. Es ist die Chance für zwei Winter-Neuzugänge, die bislang im Spiel nicht überzeugen konnten.
Kevin Vollands Start bei Union Berlin war holprig – und ein Platzverweis brachte ihn erst recht aus dem Tritt. Nach seiner Roten Karte am dritten Spieltag gegen RB Leipzig (0:3) war der Ex-Nationalspieler wochenlang gesperrt, was die Eingewöhnung bei seinem neuen Club deutlich erschwerte. „Das war für mich als Neuzugang natürlich überhaupt nicht förderlich“, sagte Volland rückblickend: „Ich habe das zwar schneller abgehakt, als ich es vielleicht noch vor ein paar Jahren gemacht hätte, aber geärgert hat es mich trotzdem.“ Jetzt muss der 31-Jährige seinen zweiten Platzverweis bei den Eisernen verkraften – doch die Voraussetzungen sind diesmal andere. Volland ist seit dem Trainerwechsel von Urs Fischer zu Nenad Bjelica im Angriff der Unioner gesetzt, er hat die volle Rückendeckung im Team. Auch deshalb war ihm nach der Gelb-Roten Karte beim 1:0-Auswärtssieg in Hoffenheim niemand böse. Selbst wenn er dadurch im wichtigen Heimspiel am Samstag (24. Februar) gegen Aufsteiger 1. FC Heidenheim gesperrt ist.
„Volland ist ein erfahrener Spieler. Er weiß, worum es geht“, sagte Bjelica zwar. Doch der Kroate ließ mehr als nur mildernde Umstände gelten: „Das war kein Gelb, deswegen kann ich ihm keinen Vorwurf machen.“ Vollands Platzverweis an alter Wirkungsstätte hatte eine Vorgeschichte. Er und Gegenspieler Stanley Nsoki waren während des Spiels öfter aneinandergeraten, besonders heftig war es gegen Ende der ersten Halbzeit. Beide erhielten dafür die Gelbe Karte, ohne dass das die Gemüter beruhigen konnte. Beim nächsten Zweikampf fuhr Nsoki den Arm gegen Volland aus und sah dafür Gelb-Rot.
Kritik an Vollands Gelber Karte
Das löste große Aufregung bei den Hoffenheimern aus, und Unions Trainer Bjelica wusste: Der Schiedsrichter hat jetzt Volland auf dem Kieker. „Die Atmosphäre war aufgeheizt. Dann macht der Gegner Druck auf den Schiedsrichter.“ Er habe in der Situation seinen Kapitän Christopher Trimmel zu sich gerufen und gefordert, „er soll Volland sagen, ohne Foul zu spielen. Das hat er auch gemacht.“ Aber es half nicht. Nach einem eher harmlosen Kontakt gegen Andrej Kramaric sah auch Volland zum zweiten Mal Gelb. Platzverweis, die schöne Überzahl futsch.
„Die zweite Gelbe für Volland ist lächerlich. Wenn, dann ist es eventuell ein Foul“, sagte Bjelica: „Aber das ist nie im Leben eine Gelbe Karte.“ Das wusste wohl auch Kramaric selbst, der Volland nach dem Pfiff durch den Schiedsrichter provozierend zugezwinkert hatte. „Ich wusste, dass Kev die Gelbe Karte hat“, erklärte Hoffenheims Kapitän hinterher im TV-Interview, „und ich habe eigentlich nur den ersten Kontakt gesucht“. Und den hat ihm Volland gegeben. „Kramaric ist ein Schlitzohr und hat das sehr clever gemacht“, sagte Unions Abwehrchef Kevin Vogt. Doch auch er war sich sicher: „Selbst wenn du einen Kontakt findest, dann ist es keiner, der eine Gelbe Karte ist.“
Doch es bleibt eine Tatsachenentscheidung des Schiedsrichters und Volland muss deswegen gegen Heidenheim von der Tribüne zuschauen. Das ist bitter für Union, weil das inzwischen eingespielte Sturm-Duo Volland/Hollerbach dadurch gesprengt wird. Volland hat zwar seit acht Bundesligaspielen kein Tor mehr erzielt, aber mit seinem unermüdlichen Einsatz, seinen weiten Laufwegen und auch seiner Spielintelligenz schaffte er immer wieder Freiräume für den schnellen Hollerbach. Doch Bjelica hat Alternativen – und die klingen nicht so schlecht. Ein positionsgetreuer Ersatz wäre Winter-Neuzugang Chris Bedia, der genau wie Volland als Stoßstürmer die Bälle festhalten oder zu den nachrückenden Mitspielern weiterpassen, aber auch mit Sprints Löcher im Abwehrverbund des Gegners reißen kann. Ein sogenannter Hybridstürmer, der weiß, wo das Tor steht. Bei seinem Ex-Club erzielte Bedia satte 25 Tore in 54 Ligaspielen und führte bis zu seinem Wechsel nach Köpenick die Torschützenliste in der Schweizer Topliga an.
Kein Wunder also, dass die Verantwortlichen im Club an einen Topdeal glaubten, zumal der Ivorer auch bei anderen europäischen Vereinen begehrt und mit einer Ablöse von zwei Millionen Euro verhältnismäßig günstig schien. Nach dem Winter-Wechsel von Mittelstürmer Kevin Behrens zum VfL Wolfsburg sollte Bedia „mit seiner Körperlichkeit und seiner Torgefahr im Angriffsspiel helfen“, sagte Oliver Ruhnert bei der Verpflichtung des 27-Jährigen – doch diese Hoffnung hat sich bislang noch nicht erfüllt. Im Gegenteil: Bedia bekam zuletzt kaum noch die Chancen dazu. Seit dem 4. Februar hat er kein Pflichtspiel mehr bestritten, auch in Hoffenheim saß er nur auf der Bank. Ist Vollands Sperre nun seine große Chance? Oder ändert Bjelica womöglich sein System und setzt auf einen Flügelflitzer mehr im Team?
„Yorbe macht es gut im Training“
Dann würde der Trainer vermutlich Yorbe Vertessen von der Leine lassen. Der 23 Jahre alte Belgier ist heiß auf seinen zweiten Startelfeinsatz für Union. Er will unbedingt beweisen, dass er die 4,5 Millionen Euro, die die Köpenicker im Winter an den niederländischen Topclub PSV Eindhoven als Ablöse überwiesen haben, gerechtfertigt sind. „Er kommt aus einem großen Verein mit einem guten Niveau. Er braucht deswegen auch keine Anpassungszeit“, sagte Bjelica zwar. Doch nach zwei eher schwachen Leistungen gegen RB Leipzig und vor allem nach seiner Einwechslung beim FSV Mainz 05 räumte man intern dem Neuzugang weitere Eingewöhnungszeit ein. Nun trainiert Vertessen seit gut drei Wochen mit dem Team, die Abläufe scheinen besser zu sitzen, das Zusammenspiel besser zu funktionieren. „Yorbe macht es gut im Training“, lobte Bjelica. Und nicht nur da.
Der Belgier, der seit seiner Jugend für die PSV in den Niederlanden aufgelaufen war und dort in der Schule auch Deutsch gelernt hat, frischt seine Sprachkenntnisse in einem vom Club organisierten Sprachkurs auf. Er zeigt sich dem Vernehmen nach bei Union kommunikativ und offen. Er versucht sich möglichst schnell einzuleben, dazu passt auch, dass er Medienberichten zufolge eine Wohnung in der Nähe des Stadions An der Alten Försterei gemietet haben soll. Der mit vielen Vorschusslorbeeren verpflichtete Offensivspieler will schnell liefern und eine wirkliche Verstärkung für Union sein. Genau das ist auch der Plan der Union-Bosse. „Er setzt jetzt schon Dinge im Training um, die andere gar nicht können“, verriet Geschäftsführer Oliver Ruhnert. Zündet der schnelle und trickreiche Vertessen endlich auch im Spiel, hätte sich das lange Warten gelohnt. „Wir waren im Sommer schon an Yorbe interessiert“, verriet Ruhnert, „er war ein absoluter Wunschspieler“.
Doch die Transferperiode im Sommer war insgesamt keine gute für Union. Die nach nicht einmal einem halben Jahr schon wieder beendete Zusammenarbeit mit Italiens Abwehr-Ikone Leonardo Bonucci steht sinnbildlich dafür. Im Winter korrigierten Ruhnert und sein Team die Fehler: Bonucci (Fenerbahce Istanbul), Behrens (Wolfsburg), Sheraldo Becker (Real Sociedad San Sebastian), David Datro Fofana (FC Burnley) und Aljosche Kemlein (FC St. Pauli) verließen den Club. Vertessen, Bedia und Kevin Vogt (TSG Hoffenheim) kamen neu dazu. Mit diesen vielen Transfers seien Dinge gelungen, „die uns schon im Sommer hätten gelingen sollen“, gab Ruhnert selbstkritisch zu.