Die Bundesliga wird im Moment von einem Thema überstrahlt. Die Proteste der Fans gegen den Investoren-Einstieg bei der Deutschen Fußball Liga (DFL) werden von Woche zu Woche mehr. Warum protestieren die Fans und wie geht es weiter?
Wer sich die traditionelle Samstag-Nachmittag-Konferenz der Bundesliga am 21. Spieltag anschaute, der bekam nahezu pausenlos Fußball geboten. Ohne Halbzeitanalyse, ohne Werbeunterbrechungen. Dafür mit vielen Tennisbällen. Manche Zuschauer fragten sich vermutlich, ob kurz auf die Wiederholung von Wimbledon geschaltet wurde. Aber nein, es war immer noch das Fußballstadion und nicht der Center Court. Der Grund, warum dies so war, ist ein besonderer: die Fanproteste gegen den Einstieg eines Investors in der DFL.
Knappe Zweidrittelmehrheit
Mit einer knappen Zweidrittelmehrheit stimmten die Vereine aus der 1. und der 2. Bundesliga im Dezember für einen Investoren-Einstieg. Und das im zweiten Anlauf. Im Mai war die erforderliche Mehrheit noch verfehlt worden. Die DFL möchte mit dem Investor einen entscheidenden Weg in Richtung Weiterentwicklung gehen. Grundsätzlich lautet der Plan: mehr Digitalisierung, bessere Übertragungstechniken sowie bessere Angebote für jüngere Zuschauer und Fans der Bundesliga aus dem Ausland zu schaffen. Zusammengefasst will sich die DFL modernisieren, um mit den anderen großen internationalen Ligen wie beispielsweise der Premier League konkurrenzfähig zu bleiben. „Viele Clubs aus der 1. und 2. Bundesliga können die Investitionen, die nötig für die Konkurrenzfähigkeit in Sachen Auslandsvermarktung etc. sind, nicht mehr aus eigener Kraft finanziell stemmen“, so der DFL-Aufsichtsratsvorsitzende Hans-Joachim Watzke. Damit das Vorhaben zur Steigerung der Konkurrenzfähigkeit gelingt, wird nun der besagte Einstieg eines Investors angepeilt. Die Rahmenbedingungen dafür sind seitens der DFL klar. Diese sagen aus, dass sich der jeweilige Investor 20 Jahre lang mit acht Prozent an den unterschiedlichen Vermarktungseinnahmen beteiligt. Als Gegenleistung bekommt die DFL eine Milliarde Euro. Steffen Merkel, Geschäftsführer der DFL GmbH, versichert, eine bedachte Entscheidung zu treffen: „Wir werden mit dem Verhandlungsmandat sehr vertrauensvoll im Sinne der Liga und den Menschen, die den Clubs verpflichtet sind und die die Clubs lieben, umgehen.“
Des Weiteren hat die DFL verschiedene Grenzen gezogen. „Es ist kein Anteilsverkauf an der DFL, sondern eine Erlösbeteiligung mit sehr klaren roten Linien, einem klaren Endzeitpunkt und einer klaren Absicherung der Rechte von DFL und Clubs“, verdeutlicht der weitere DFL-Geschäftsführer, Dr. Marc Lenz. Jene roten Linien sehen vor, dass der jeweilige Investor keinen Zugriff auf sportliche Themen besitzt. Dementsprechend soll es keine weitere Ausweitung eines Spieltags oder ein Bundesligaspiel im Ausland geben.
Kritik an fehlender Transparenz
Trotzdem gibt es deutliche Kritik am Plan der DFL. Ganz besonders sind hier die Fans der verschiedenen Vereine zu nennen. „Wir befürchten ganz konkret, dass jetzt eine weitere Partei beziehungsweise ein Investor mit am Tisch sitzt, der keinerlei Zugang zum deutschen Fußball hat, sondern dem es schlicht um Rendite geht“, gibt Thomas Kessen vom Fanbündnis „Unsere Kurve“ zu denken. Die Kritikpunkte der Fans sind klar. Sie kritisieren die steigende Kommerzialisierung des Fußballs in Deutschland. Aber auch die fehlende Transparenz ist ein Thema, welches den organisierten Fanszenen in Deutschland extrem sauer aufstößt. Beispielsweise wurde die Abstimmung für einen Investorendeal im Dezember geheim gehalten. „Im Nachgang sind viele Fragezeichen aufgetreten. Ob tatsächlich diese Mehrheit von 24 Vereinen gegeben ist oder nicht“, hinterfragt Kessen. Ein ganz bestimmter Fokus liegt hier auf dem Zweitliga-Club Hannover 96. Genauer gesagt auf dem Geschäftsführer Martin Kind. Seine Stimme ist eines der Fragezeichen, die laut den Fans über der Abstimmung im Dezember schweben. Kind, seines Zeichens Befürworter des Investoren-Einstiegs, hat von seinem Verein Hannover 96 die Anweisung bekommen, gegen den möglichen Deal zu stimmen. Doch die tatsächliche Abstimmung von seiner Seite möchte Kind nicht veröffentlichen. Die Fans sehen hier einen klaren Verstoß gegen die sogenannte 50 + 1 Regelung, welche ein elementar wichtiger Bestandteil des Profifußballs in Deutschland ist. Kessen kommentiert im Namen der Fanszene diese Thematik mit großem Kopfschütteln: „Es ist für uns unverständlich, wie die DFL in dieser Situation überhaupt solche Vorgänge zulässt.“
Und dieses Unverständnis gepaart mit den anderen Kritikpunkten tun die Fans seit einiger Zeit Wochenende für Wochenende kund. Sie protestieren. Einerseits mit Plakaten in den Kurven, die den Unmut deutlich machen sollen. Anderseits mit dem Werfen von Gegenständen auf das Spielfeld. Beispielsweise mit Schoko-Goldtalern oder anderen Süßigkeiten. Besonders beliebt bei den Fans sind wie oben beschrieben die Tennisbälle. Diese wurden an den vergangenen Spieltagen immer häufiger und langanhaltender auf den Platz katapultiert. Als vorläufige Höhepunkte sind die Partien von Hertha BSC gegen den Hamburger Sportverein sowie die Paarung Union Berlin gegen den VfL Wolfsburg zu nennen. Mit teils langen Unterbrechungen provozierten die Anhänger gar fast einen Spielabbruch. Für Philipp Köster, Chefredakteur des Fußballmagazins „11 Freunde“, ein wichtiges Signal seitens der Fangruppierungen im Stadion: „Sie müssen sich Gehör verschaffen, sie sind ein wichtiger Teil im Fußball.“ Dennoch werden in diesem Fall auch Grenzen überschritten. Beim Spiel des Hamburger SV gegen Hannover 96 kam es zu einem geschmacklosen Zwischenfall. Während der Partie hielten Anhänger von Hannover 96 ein Plakat mit Martin Kind im Fadenkreuz hoch. Grund dafür ist das bereits beschriebene Schweigen Kinds zu seiner Rolle bei der Abstimmung. Hannovers Trainer Stefan Leitl hat zu den Vorkommnissen eine deutliche Meinung: „Man hört immer: Fußball gehört den Fans. Aber Fußball gehört auch den Fußballern“, sagte Leitl aufgebracht: „Was heute passiert ist, hat in einem Stadion nichts verloren. Das nervt einfach.“
Grenzen werden überschritten
Indes bringt Köster einen Lösungsansatz in Spiel: „Es braucht einen Dialog mit den Anhängern, den Fankurven und der DFL.“ In einer Stellungnahme Anfang Februar ließ die DFL verlauten, dass sie zu einem Gespräch mit den Fanorganisationen bereit seien. Jedoch wurde dieses Angebot von den sogenannten „Fanszenen Deutschland“, einem Bündnis, welches einen großen Teil der Ultra-Gruppen von Vereinen in Deutschland versammelt, abgelehnt. Die Begründung der Absage gab das Bündnis in einer Stellungnahme bekannt: „Es wird versucht, das Bündnis der deutschen Fanszenen durch die Einladung zur Teilnahme an einer reinen Scheindebatte zum Schweigen zu bringen. Unsere Forderung nach einer transparenten Neuabstimmung ist seit Wochen bekannt, nicht einmal eine Erwähnung war das der PR-Abteilung der DFL wert.“ Auch für die Akteure der Bundesliga ist der Protest ein Thema. Edin Terzic, Trainer von Borussia Dortmund, sieht einem möglichen Dialog als Chance an: „Wir haben in der Corona-Zeit lange ohne Fans gespielt und haben gemerkt, wie unschön das ist. Lasst uns deswegen alle an einen Tisch, und jeder spricht sich dafür aus, wozu er stehen möchte.“
Ob und wann es zu diesem Zusammenschluss an einem Tisch kommt, scheint komplett offen zu sein. Eines ist aber jetzt schon gewiss. Die Fanproteste zeigen Wirkung. Sie stören den Spielfluss wie bei den oben beschriebenen Spielen. Manche Vereine wie der VfB Stuttgart fordern eine Neuabstimmung. Des Weiteren zeigen sie auch den möglichen Investoren, wie die Fans über sie denken. Ein möglicher Geldgeber, das Finanzunternehmen Blackstone, soll sich zu einem Rückzug entschlossen haben. Als Mitgrund werden die Fanproteste genannt. Dann würde mit CVC lediglich noch ein Investor bereitstehen. Dieser wird zum Teil vom saudi-arabische Staatsfonds PIF finanziert. Ein weiterer Kritikpunkt der Fanszene. Es wird also vermutlich nicht der letzte Tennisball in dieser Thematik geworfen worden sein.