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WAS MACHT EIGENTLICH...

Im Jahr 2000 bewarb sich Al Gore um die Präsidentschaft, unterlag jedoch George W. Bush
Foto: picture-alliance / dpa | Luke_Frazza

… Al Gore?

Als Präsidentschaftskandidat und Bill Clintons Vizepräsident war er in den 90er-Jahren aktiv in die US-Politik eingespannt. Für seinen vielfältigen Einsatz für den Umweltschutz erhielt er 2007 den Friedensnobelpreis. Der 74-Jährige ist bis heute weltweit eine wichtige Stimme in der Klimapolitik, wegen seiner geschäftlichen Aktivitäten im Umweltbereich aber nicht unumstritten.

Wir borgen uns Geld von China, um am Persischen Golf Öl zu kaufen, das wir so verbrennen, dass unser Planet zerstört wird." Mit diesen Worten forderte Al Gore bereits 2008 eine Reduzierung von wirtschaftlichen Abhängigkeiten und einen möglichst schnellen Wandel der Klimapolitik. „Wir müssen daher unsere Strategie entschieden ändern hin zu einer neuen Energieinfrastruktur, die auf erneuerbare Energien setzt", betonte er 2008 bei „Meet the Press". Gores damalige Forderungen sind heute keineswegs politisch umgesetzt und gerade auch für Europa aktueller denn je. So hat der Friedensnobelpreisträger seine 2007 Oscar-prämierte Dokumentation „Eine unbequeme Wahrheit" 2017 in seinem zweiten Kinofilm „Immer noch eine unbequeme Wahrheit – Unsere Zeit läuft" nochmals aktualisiert, um für seine umweltpolitischen Anliegen zu werben.

Mahnt Tempo beim Umsteuern an

Der 74-jährige Al Gore ist bis heute weltweit eine wichtige Stimme in der Klimapolitik
Der 74-jährige Al Gore ist bis heute weltweit eine wichtige Stimme in der Klimapolitik - Foto: picture alliance / Evan Agostini / Invision / AP

Aber schon lange vor seiner Klima-Dokumentation war Gore als junger, weitgehend unbekannter US-Senator beim Earth Summit, dem Umweltgipfel der Vereinten Nationen 1992 in San Francisco mit der Forderung nach einem globalen Klimapakt, einer Art „Marschall-Plan für die Erde" ins Rampenlicht getreten. US-Präsident Bill Clinton sah sich dadurch veranlasst, 1993 eine Art Klimaschutz-Gesetz auf den Weg zu bringen, das eine Steuer auf den CO2-Ausstoß fossiler Brennstoffe vorsah. Clinton und Gore sind damit aber ebenso gescheitert wie Obama später bei einem erneuten Vorstoß zur Einführung eines Emissionshandels. Umso erfreuter zeigte sich Gore jetzt, als im August der US-Senat Präsident Bidens „Inflation Reduction Act 2022" verabschiedet hat, das bis dato weitreichendste Gesetzespaket zum US-amerikanischen Klimaschutz: „Endlich haben wir eine entscheidende Schwelle überschritten", kommentierte Gore diese Entscheidung, wodurch die USA ihren Ausstoß an Treibhausgasen bis zum Ende des Jahrzehnts um 40 Prozent (im Vergleich zu 2005) reduzieren könnten: „Ich hätte mir nur nicht einen Moment träumen lassen, dass es so lange dauert", mahnt er ein höheres Tempo beim Umsteuern an. Mit Blick auf Europa sieht Gore vor allem die dortige Herausforderung, „die kurzfristigen Risiken der Abschaltung von russischem Öl, Gas und Kohle mit den langfristigen Risiken der Klimakrise in Einklang zu bringen." Vor der europäischen Abhängigkeit von russischen fossilen Brennstoffen hätte schon die Regierung Clinton/Gore vor über 20 Jahren ohne Erfolg gewarnt. Inzwischen habe aber die Krise in Europa „den Willen der Regierungen auf dem ganzen Kontinent gestärkt, den Übergang zu einem Netto-Nulltreibhausgasausstoß bis 2050 zu beschleunigen." Da die Welt immer noch etwa 80 Prozent ihrer Energie aus fossilen Brennstoffen bezieht, werde es wegen stets vorhandener „Beharrungstendenzen" noch einige Zeit dauern, bis wir die Treibhausgasemissionen vollständig beseitigen können: „Aber die Welt hat jetzt das richtige Ziel, die CO2-Emissionen bis 2030, also in nur acht Jahren, um die Hälfte zu reduzieren", zeigte sich Gore kürzlich in einem „FAZ"-Interview vorsichtig optimistisch. Er prophezeit, dass bereits in fünf Jahren so gut wie überall auf der Welt erneuerbare Energie billiger sein wird als fossile. Gerade auch die Corona-Pandemie habe die Welt gelehrt, dass seriöse Wissenschaftler mit ihren frühzeitigen Warnungen recht gehabt hätten. Deshalb müssten auch den schon seit Jahrzehnten veröffentlichten Experten-Warnungen vor dem Klimawandel noch größere Aufmerksamkeit zukommen: „Die Klimakrise ist schlimmer, als sich die meisten von uns vorstellen können", betonte Gore 2019 bei einer Veranstaltung der Deutschen Bank.

Vierfacher Ehrendoktor

Auch wenn Gore bis heute als eine der wichtigsten Stimmen der internationalen Klimapolitik bei zahlreichen Umweltveranstaltungen als Redner und Ratgeber auftritt, so sieht er sich doch wegen seiner geschäftlichen Verflechtungen und daraus resultierender Interessenkonflikten häufig auch Kritik ausgesetzt: Der Millionär Gore ist Gründer und Vorstand der Klimaschutz-Organisation „Alliance for climate protection" und des Nachhaltigkeits-Fonds „Generation Investment Management" (GIM), ist Teilhaber des Investment-Fonds „Kleiner Perkins Caufield & Byers", sitzt im Aufsichtsrat von Apple und ist hochrangiger Berater von Google. Nicht selten haben etwa seine Umwelt-Fonds von entsprechenden Regierungsentscheidungen oder Staatsaufträgen profitiert. Allein seine PR-Aufwendungen für eine Energiewende wurden 2009 auf etwa 300 Millionen US-Dollar geschätzt. Andererseits konnte er im Vorjahr mit seinem GIM-Fonds dem kriselnden alternativen Stromanbieter Octopus unter die Arme greifen. Etwas peinlich für den Veganer Gore war die Enthüllung, dass – anders als er behauptet hatte – seine privaten Häuser keineswegs nur mit regenerativer Energie versorgt sind. Trotzdem wird ihm überwiegend große Wertschätzung zuteil: Der vierfache Ehrendoktor wurde mit vielen internationalen Preisen ausgezeichnet, etwa 2007 mit dem „Champions of the world-Award" des UN-Umweltprogramms.

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