4,1 Millionen Pflegebedürftige gibt es in Deutschland. Tendenz steigend, denn die Menschen werden älter und sind dabei immer häufiger auf Hilfe angewiesen. Da der größte Teil diese lieber im häuslichen Umfeld erhalten möchte, sind ambulante Pflegedienste gefordert.
Pflege ist anstrengend. Nicht nur für die Patienten und Angehörigen selbst, auch die Pflegedienste kommen an ihre Grenzen. Laut Statistischem Bundesamt gibt es aktuell 14.700 von ihnen. Zu den Aufgaben der Pflegekräfte gehört neben dem Verabreichen von Medikamenten und der Versorgung mit Essen auch das Waschen, Umlagern und vieles mehr. Je nach Anspruch des Patienten kommt so ein breites Spektrum an hauswirtschaftlichen, pflegerischen und medizinischen Pflichten auf die Mitarbeiter vor Ort zu. Oft sind die Tage nicht nur mental anstrengend, auch körperlich erreichen viele Angestellte ihre Grenzen und geben den Beruf irgendwann wieder auf.
Mit dramatischen Folgen: Trotz steigender Nachfrage ist es für Angehörige dieser Tage schwer, geeignetes Personal zu finden. Neben den Betreuungslücken gibt es dabei ein weiteres Problem: die Kosten. Gas, Strom, Sprit, Essen, alles wird teurer. Das betrifft auch die Pflegedienste und sie sind gezwungen, diese Mehrkosten auf die Patienten umzulagern. Zwar übernehmen die Pflegekassen einen Großteil der Ausgaben, doch ein Eigenanteil bleibt. Und der wächst und wächst.
Steigende Kosten und Personalmangel
Ein Beispiel ist Herr T. aus dem Kreis Wesel in Nordrhein-Westfalen. Durch Verschlechterung einer früheren Erkrankung ist er mit knapp 70 Jahren pflegebedürftig geworden. Die Einstufung seines Pflegegrads ist drei. Da er sich aus eigener Kraft nicht mehr fortbewegen kann, ist seine Frau auf Hilfe angewiesen. Derzeit befindet er sich nach einem Krankenhausaufenthalt in einer Einrichtung zur Kurzzeitpflege und wird dort versorgt. In wenigen Wochen ist der Vertrag ausgelaufen und eine ambulante Pflege muss her. Hier stellen sich nun ungeahnte Fragen danach, welcher Pflegedienst des kleinen Wohnorts diese zeitlich übernehmen kann und welche Aufgaben und Kosten damit konkret verbunden sind.
Wichtig ist, zunächst mit der Pflegekasse zu klären, wie es um die Kostenübernahme bestellt ist. Je nach Bundesland und Pflegestufe können die Pauschalen für die ambulante Pflege laut dem Portal www.pflegehilfe.org zwischen 724 und 2.095 Euro liegen. Um welche Aufgaben es dabei konkret geht, ist jeweils individuell abzustimmen. Grundsätzlich übernehmen die Kassen durchschnittlich 24 Euro für häuslich gebundene Dienstleistungen und 36 Euro für die Grundpflege. Hierbei kommen sogenannte Pflegesachleistungen zum Tragen. Diese können alle Personen in Anspruch nehmen, bei denen Pflegegrade zwischen zwei und fünf festgestellt wurden. Je höher die Einstufung ausfällt, desto höher beläuft sich die Kostenbeihilfe. So sind es 724 Euro bei Pflegegrad zwei, 1.363 Euro bei Pflegegrad drei, 1.693 Euro bei vier und der Höchstbetrag von 2.095 Euro bei Pflegegrad fünf.
Angehörige bekommen den Betrag nicht automatisch ausgezahlt, sie müssen vorab einen Antrag stellen. Im Falle der ambulanten Pflege übernimmt das in der Regel der Pflegedienst selbst. Außerdem wird ein Pflegevertrag über die zu erbringenden Leistungen geschlossen. Über diese muss der Dienst Aufzeichnungen führen, die bei Bedarf von der Pflegekasse angefordert werden können. Wichtig ist zu wissen, dass bei einem Pflegegrad von eins höchstens ein Entlastungsbetrag von 125 Euro angerechnet wird, aber keine Pflegesachleistungen an sich.
Die oben genannten Beträge wurden erst zu Beginn dieses Jahres um fünf Prozent angehoben, eine Auswirkung der Pflegereform von 2021. Allerdings ist das nur ein Tropfen auf den heißen Stein, weil auch die Kosten für die Pflege immer weiter steigen. Hier lohnt es sich, vorab mehrere Angebote von unterschiedlichen Anbietern einzuholen und dann in Ruhe auszuwählen. Als Auswahlkriterien sollten dabei nicht allein die Ausgaben für die Dienstleistungen gelten, sondern auch die Freundlichkeit des Personals, die Zuverlässigkeit und Gründlichkeit der erbrachten Leistungen und vieles mehr. Anhaltspunkte zur Qualität des Pflegedienstes geben Bewertungen auf bekannten Onlineportalen von Patienten oder Angehörigen, die dort bereits Kunden sind und einen Vertrag abgeschlossen haben. Bei Unzufriedenheit steht es jedem zu, diesen auch wieder zu kündigen und sich anderweitig Hilfe zu holen.
Zu den Pflegesachleistungen für die ambulante Pflege übernehmen die Kassen eine Reihe von zusätzlichen Aufwendungen. So steht jedem Pflegenden monatlich ein Paket aus Sachleistungen im Wert von 40 Euro zu. Darin enthalten sind Einmalhandschuhe, Mund-Nase-Masken, Desinfektionsmittel und vieles mehr. Apotheken stellen entsprechende Pakete zur Abholung bereit und verrechnen dies mit der Pflegekasse. Darüber hinaus können Angehörige zum Beispiel im Bundesland Nordrhein-Westfalen nachbarschaftliche oder freundschaftliche Aufwendungen in Anspruch nehmen. Hierunter fallen Ausflüge mit dem Pflegebedürftigen, dessen Betreuung durch gemeinsame Gespräche oder Spiele, Dienstleistungen in Haushalt oder Garten. Bislang konnten dafür 125 Euro als Entlastungsbeitrag pro Monat für alle Pflegestufen geltend gemacht werden. Inzwischen geht das laut Auskunft der Pflegekassen aber nur noch, wenn der „Betreuer" ein entsprechendes Zertifikat erworben hat. Dafür muss er einen fünfstündigen Onlinekurs absolvieren.
Steuerermäßigungen für den Haushalt
Darüber hinaus gibt es Pflegegeld. Bei Pflegegrad zwei sind das 316 Euro, bei drei erhalten Pflegende 545 Euro, 728 Euro bei vier und bei Pflegegrad fünf schließlich 901 Euro. Das Pflegegeld steht den pflegenden Angehörigen zu. Sie können es nutzen, um damit zusätzliche Kosten für die Pflege zu deckeln. Hier gibt es allerdings einen großen Nachteil: Sobald die Dienste des ambulanten Pflegedienstes in Anspruch genommen werden, reduziert sich das Pflegegeld mitunter automatisch, da die Pflegekasse dann annimmt, dass auch der Aufwand für die Angehörigen schrumpft. Für manche Betroffene ist eine Unterbringung im Heim trotzdem keine Alternative, denn hier steigen die monatlichen Kosten oft auf 2.500 bis 4.000 Euro, je nach Region und Heimangebot. Die Kassen übernehmen davon nur den Anteil für die Pflege, Kost und Logis müssen die Angehörigen selbst bezahlen. Schaffen sie dies nicht, können sie Pflegewohngeld beantragen, als Teil der Sozialhilfe. Ob sie einen Anspruch haben, richtet sich nach dem Verdienst, den Ersparnissen und/oder der Höhe der Rente.
Rein steuerlich macht sich die ambulante Pflege bezahlt: Für den Pflegeaufwand in den eigenen vier Wänden oder dem Haushalt der zu pflegenden Person können Steuerermäßigungen beansprucht werden. Bei einer Heimunterbringung würden die Vorteile sich nur für die zu pflegende Person ergeben, da Angehörige hierbei weniger stark gefordert sind.
Aufgrund dieses sehr komplexen Themas der Pflege ist es inzwischen Pflicht, sich zunächst an eine Beratungsstelle zu wenden. Diese bietet der soziale Dienst im Krankenhaus ebenso an wie die Pflegekassen selbst. Dort erhalten Angehörige auch alle erforderlichen Informationsblätter und Formulare für die entsprechenden Anträge.