Beim 6:0-Erfolg in Bayreuth gelingt dem 1. FC Saarbrücken fast alles. Plötzlich ist das Glas wieder nahezu ganz voll. Doch das Team bremst die Euphorie.
Julius Biada stammt aus Köln, einer Karnevals-Hochburg schlechthin. Nach dem Spiel bei der SpVgg Bayreuth dröhnte Stimmungsmusik aus der Saarbrücker Kabine, wie man sie vom 11. November aus der rheinischen Metropole kennt.
Doch der 29-jährige Kreativspieler winkte lächelnd ab: „Mit der Musik habe ich nichts zu tun. Ich bin ein Neuzugang, da hält man sich bei so etwas zurück." Es war ein Einstand für das „Sommersorgenkind", wie er schöner wohl nicht hätte sein können. Seinen Kurzeinsatz nach fast einjähriger Verletzungspause nutzte Biada zu seinem ersten Saisontreffer. Dass die Messe zu diesem Zeitpunkt bei einer Fünf-Tore-Führung schon gelesen war – egal. „Das tut gut, das wünscht man sich. Aber ich habe auch nach ein paar Sprints gemerkt, dass mir schon noch Körner fehlen. Ich muss mich nun über Kurzeinsätze empfehlen und dann zeigen, dass ich auch über eine längere Distanz gehen kann", sagte der Neuzugang vom SV Sandhausen, der in der vergangenen Saison so gut wie gar nicht gespielt hatte.
Tordifferenz passt
Mit dem 6:0 in Bayreuth hat der 1. FC Saarbrücken ein Ausrufezeichen gesetzt. „Wir mussten vor dem Spiel die Frage beantworten, ob das Glas nun halb voll oder halb leer war. Das haben wir geklärt. Wir haben viermal gegen gute Mannschaften Unentschieden gespielt und nun das vierte Mal gewonnen. Die Tordifferenz passt jetzt auch, wir können zufrieden sein", sagte Trainer Uwe Koschinat nach der Partie. Nach acht Spieltagen liegt sein Team drei Zähler hinter dem Spitzenduo Elversberg und 1860 München. „Das sind Momentaufnahmen, die mich und meine Mitspieler nicht wirklich interessieren. Wir haben jetzt das Auswärtsspiel bei Rot-Weiss Essen vor der Brust. Montagabends an der Hafenstraße, das wird eine heiße Nummer. Da müssen wir bestehen, und dann können wir während der Länderspielpause auch mal auf die Tabelle schauen. Es zeichnet sich ab, dass vier, fünf Mannschaften vorne auf Augenhöhe sind. Wenn wir am 38. Spieltag an den ersten beiden Teams vorbeiziehen, reicht das doch völlig", sagte Biada grinsend und verschwand in der Kabine, aus der die Schlagermusik ohrenbetäubende Ausmaße angenommen hatte. Die Geschichte des Saarbrücker Torspektakels war auch die von Sebastian Jacob. Beim bemitleidenswerten Aufsteiger traf der 29-jährige Saarlouiser gleich dreimal, bereitete das Debüt-Tor von Marvin Cuni vor und legte noch eine Großchance von Adriano Grimaldi auf. Aus dem Null-Tore-Stürmer, dem einige Fans zu Saisonbeginn noch die Drittliga-Tauglichkeit absprachen, ist nun ein Topscorer der Liga geworden. „Gewisse Dinge kann man nicht erklären. Ich fühle mich gut, und auf einmal läuft es", sagte Jacob und fügte mit Blick auf die Tabelle hinzu: „Ich finde die Rolle des Jägers eigentlich ganz geil. Wir waren bisher noch nicht am Limit, haben noch genug Dinge, wo wir besser werden können."
Auch Marvin Cuni trifft endlich
Eine Erklärung für Jacobs Leistungsexplosion hatte Trainer Koschinat, der erstmals in dieser Saison seinen Paradesturm aufbieten konnte. „Ich habe immer gesagt, dass Sebi ein Stürmertyp ist, der dann am besten zur Geltung kommt, wenn er die Räume um einen zentralen Angreifer bespielen kann. Er braucht viele Ballaktionen, zieht sich daher öfter aus dem Zentrum mal raus. Zu Saisonbeginn hatten wir die Option nicht. Er hat sich in Osnabrück vor zwei Wochen dann für seine unglaubliche Laufleistung belohnt. Natürlich ist jetzt der Rucksack des Torlos-Stürmers weg. Aber er ist jemand, der auch wenn es nicht läuft, nicht aufgibt und alles in den Dienst der Mannschaft stellt", sagte Koschinat, dem lediglich die verletzungsbedingte Auswechslung Grimaldis kurz nach der Pause ein wenig die Laune verdarb. „Wir reden über eine muskuläre Geschichte, aber Adriano hat nicht das Gefühl gehabt, dass es sehr gravierend ist", sagte Koschinat und Grimaldis Sturmpartner Jacob fügte hinzu: „Adi kennt seinen Körper. Er wollte nichts riskieren, nun müssen wir einmal abwarten. Marvin Cuni hat heute auch getroffen. Es geht immer darum, dass man das Beste aus der Situation macht."
Nur knapp eine Woche, nachdem Neuzugang Cuni beim 2:2 gegen Wehen Wiesbaden in der Nachspielzeit freistehend den besser postierten Luca Kerber übersehen hatte und am Gästetorwart gescheitert war, traf der 20-Jährige zwei Minuten nach seiner Einwechslung zum 4:0. „Ich hatte nicht viel Zeit, um mich warmzulaufen, vielleicht hatte ich daher nicht so viel Zeit zum Nachdenken. Natürlich ist es eine riesige Erleichterung", sagte Cuni, der die Rückendeckung seines Trainers genießt. „Er hat unglaubliche Anlagen und eine gute Mentalität. Die Chancen, die er zuletzt vergeben hatte, machen natürlich etwas mit einem. Von daher bin ich sehr froh, dass er sich heute belohnt hat", sagte Koschinat und stellte nicht nur mit Blick auf das 6:0-Endergebnis fest: „Heute haben wir vieles richtig gemacht." Eine überraschende Personalie gab es dann zu Wochenbeginn. Fußball-Lehrer Rüdiger Ziehl wird neuer Manager der Profiabteilung.