Der 1. FC Saarbrücken steht in der Tabelle eigentlich gut da, die Stimmung im Umfeld ist jedoch angespannt. Defensive Stabilität ist vorhanden, darunter leidet aber die Offensive. Die erste Saisonniederlage legte die Probleme offen.
Sechs Punkte hatte Sportdirektor Jürgen Luginger aus den letzten beiden Spielen vor der Länderspielpause gefordert – eine Vorgabe, die das Team jedoch nicht umsetzen konnte.
Bisheriger Saisonverlauf
Nachdem die SpVgg Bayreuth deutlich mit 6:0 besiegt wurde, setzte es bei Rot-Weiss Essen ein 0:1. Es war die erste Niederlage in dieser Saison. So lange ungeschlagen zu bleiben ist durchaus ein Qualitätsmerkmal. Dennoch: Die Stimmung ist angespannt. Die späten Siege gegen Verl und Dortmund II waren gut für die Stimmung, der Derbysieg gegen die Mannschaft der Stunde aus Elversberg ebenfalls. Die Unentschieden gegen Wiesbaden und Osnabrück nach vorheriger Führung missfielen Großteilen der Fans jedoch. In den sozialen Netzwerken und Foren mehren sich trotz Tabellenplatz vier die negativen Stimmen. Zum einen, weil die SV Elversberg und 1860 München auf den ersten beiden Plätzen nach nur neun Spieltagen bereits sechs Punkte entfernt sind. Zum anderen, weil der Spielstil unter Uwe Koschinat wenig ansehnlich sei. Nach vorne fehlten in den meisten Auftritten die Ideen und Durchschlagskraft.
Was lief gut?
Es geht in den Diskussionen derzeit ein wenig unter: Der 1. FC Saarbrücken stellt weiterhin die beste Defensive der 3. Liga. Das ist ein Fakt, der sich nicht wegdiskutieren lässt. Besonders Bjarne Thoelke überzeugte mit seinen Leistungen in der Innenverteidigung, Daniel Batz ist ein gewohnt sicherer Rückhalt. Der große Trumpf in Saarbrücken: der Teamgeist. Viele Spieler kommen aus dem Saarland, andere sind hier mittlerweile heimisch geworden. Ob Sebastian Jacob, Tobias Jänicke oder Boné Uaferro: Alle betonten gegenüber FORUM den besonderen Teamspirit, der in der Kabine herrscht. Späte Siege wie gegen Verl oder Dortmund können nur realisiert werden, wenn innerhalb der Mannschaft ein großes Vertrauen herrscht.
Was lief schlecht?
Das Problemkind ist die Offensive. Neben zu wenigen klaren Chancen ist es vor allem die Art und Weise, die im Umfeld Kritiker auf den Plan ruft. Die Zahlen belegen das durchaus: Abgesehen vom Kantersieg in Bayreuth gelangen dem FCS in acht Spielen nur acht Tore – zu wenig für eine Spitzenmannschaft. Schon dreimal blieb Saarbrücken gänzlich ohne Treffer. Hinzu kommt, dass die Blau-Schwarzen von den letzten sechs Partien nur das Duell in Bayreuth gewinnen konnten. Und saisonübergreifend sprangen aus den letzten 16 Spielen nur vier Siege heraus. Gegen Verl und Dortmund II gewann der FCS zudem erst in letzter Sekunde. Wäre Adriano Grimaldi nicht jeweils zur Stelle gewesen, stünde Saarbrücken wohl lediglich im Tabellenmittelfeld. Die fehlende Offensivpower ist das größte Problem des FCS – vor allem weil eigentlich Spielermaterial vorhanden wäre, um es anders zu gestalten.
Die Neuzugänge
Überzeugen konnte von den Neuzugängen bisher allen voran Richard Neudecker. Der giftige Linksfuß bringt fußballerische Qualität in die Zentrale, zieht das Spiel oft an sich und setzt gute spielerische Akzente. Mike Frantz konnte dem Spiel noch nicht den Einfluss verpassen, den er sich vor allem selbst wünscht. Immer wieder zwangen ihn Verletzungen zu kleinen Pausen, die viel zitierte Nicht-Einwechslung beim ersten Saisonspiel wurde viel diskutiert, ist aber weiterhin unglücklich. Als Spieler eigentlich eher in der Zentrale zu Hause, muss er derzeit auf der Position des Rechtsverteidigers aushelfen. Für einen Mann mit dieser Erfahrung sicherlich kein Problem, jedoch scheinen die Stärken auf dieser Position eher verloren. Marvin Cuni hat sein Können durchaus aufblitzen lassen, braucht in seinem Spiel aber mehr Konstanz. Auch Tobias Schwede konnte den gewünschten Konkurrenzkampf hinten links noch nicht wirklich anheizen. Kasim Rabihic wirkt weiterhin wie ein Fremdkörper. Zwar sind seine Fähigkeiten am Ball unbestritten, er vermittelt jedoch zu oft einen lustlosen Eindruck. Julius Biada, der mit muskulären Problemen in der Wade länger ausfiel, konnte sein Potenzial andeuten, wird aber noch Spielminuten benötigen, um richtigen Einfluss nehmen zu können.
Wie ist die Stimmung?
Das Saarbrücker Umfeld ist das klassische Umfeld eines Traditionsvereins. Geduld gehörte noch nie wirklich zu den Stärken des Publikums. Dennoch: Die Fans haben schon oft Fingerspitzengefühl bewiesen und immer honoriert, wenn die Mannschaft alles gegeben hat – doch dieser Kredit, den sich die Mannschaft erspielt hat, könnte irgendwann aufgebraucht sein. Dabei geht es nicht nur um Ergebnisse, sondern vielmehr um die Spielweise. Sportdirektor Jürgen Luginger forderte sechs Punkte aus den beiden Duellen gegen die Aufsteiger aus Bayreuth und Essen, er bekam drei. Zusätzlich die Verpflichtung von Rüdiger Ziehl, bei der die genannten Gründe absolut Sinn machen, die Bekanntgabe und die Vorstellung liefen jedoch unglücklich. Diese kamen plötzlich und trafen nicht nur die Fans unvorbereitet. Ein wenig ist diese Unruhe jetzt auch hausgemacht.
Fazit
Eigentlich ist noch gar nichts passiert: Der FCS steht auf dem vierten Tabellenplatz und stellt die beste Defensive der Liga. Die Probleme in der Offensive sind keine, an denen nicht gearbeitet werden kann. Die Kritiker, die Koschinat vorwerfen, dieses Problem immer noch nicht in den Griff bekommen zu haben, haben nicht unrecht. Und trotzdem wäre ein bisschen mehr Demut angebracht. Tobias Jänicke sagte vor Kurzem gegenüber FORUM: „Jedes Jahr, das der 1. FC Saarbrücken ungefährdet in der 3. Liga spielt, ist ein Erfolg." Das stimmt. Die Zielsetzung vor der Saison hat sich auch in den Köpfen der Fans festgesetzt. Es sind Probleme, die sich lösen lassen. In den kommenden Wochen wird sich zeigen, ob die Verantwortlichen es schaffen. Sportlicher Erfolg kann die Kritiker schnell verstummen lassen.