Brad Pitt spielt in der Actionkomödie „Bullet Train", die gerade im Kino läuft, einen vom Pech verfolgten Killer, der es auch bei seinem neuesten Auftrag nicht gerade leicht hat.
Brad Pitt scheint in letzter Zeit ein Faible für durchgeknallte Rollen zu haben. Ob er nun völlig stoned am Ende von Quentin Tarantinos „Once Upon A Time In Hollywood" fast im Alleingang die Charles-Manson-Gang aufmischt oder in „The Lost City" als hyper-athletischer Einzelkämpfer Sandra Bullock vor dem sicheren Tod rettet – immer ist es eine grandiose One-Man-Show, weil er sich selbst nicht so ernst nimmt. Die beste Voraussetzung also für seine Rolle in „Bullet Train", einer überstilisierten, ultrabrutalen Schlachtplatte, gespickt mit einer Handvoll aberwitziger Dialoge und komischen Slapstick-Einlagen.
Brad Pitt ist Ladybug, ein Auftragskiller, der seinen Job gern an den Nagel hängen würde und sich in der Tiefe seines Herzens nach der Stille eines Zen-Gartens sehnt. Doch von einer gewissen Maria (Sandra Bullock) wird er noch einmal für einen Auftrag verpflichtet. Und Maria, die den ganzen Film über nur als Siri-Stimme in Ladybugs Ohr präsent ist, und erst beim fulminanten Showdown ihren großen Auftritt in persona hat, ist in ihrer Rolle als Ladybug-Flüsterin ein echter Gewinn für den Film.
Japanischer Roman als Vorlage
Ladybugs Mission scheint simpel: Er soll eigentlich nur einen Aktenkoffer mit Geld aus einem Shinkansen-Zug – genannt Bullet Train – entwenden, der mit über 300 Stundenkilometern von Tokio nach Kyoto saust. Allerdings kollidiert Ladybug dabei mit einer Handvoll anderer internationaler Auftragskiller, die alle eine mörderische Agenda abzuarbeiten haben. Allen voran das britische Massenmörder-Duo Tangerine (Aaron Taylor-Johnson) und Lemon (Brian Tyree Henry), dann Prince (Joey King), die verkleidet als Schulmädchen unbedingt den legendären White Death (Michael Shannon), einen grausamen Unterweltboss aus Tokio, ausschalten will. Mit von der Partie ist auch Wolf (Benito A. Martínez Ocasio), ein mexikanischer Drogenbaron-Abkömmling auf Vendetta-Trip, und die mit tödlichem Schlangengift bewaffnete Hornet (Zazie Beetz). Nicht zu vergessen Kimura (Andrew Koji), der seinen im Koma liegenden Sohn an einem ganz bestimmten Fahrgast rächen will. Was dieses illustre Mörder-Pack mit Adrenalin-Overkill dann zwei Stunden lang abfackelt, ist vor allem dann unterhaltsam, wenn es lustig wird. So zum Beispiel eine brutale und durchaus geräuschvolle Handgreiflichkeit zwischen Ladybug und Lemon, ausgerechnet in einem Ruheabteil des Zuges. Inklusive zunehmend tadelnder Blicke einer betagten Mitreisenden. Und Channing Tatum als Sex-Maniac hat auch einen sehr witzigen Cameo-Auftritt.
Inszeniert hat diese mörderische Hitman-Höllenfahrt Regisseur David Leitch, der sich vom Stuntman (unter anderem für Brad Pitt bei „Fight Club") zu einem gefragten Action-Regisseur hochgearbeitet hat und sein krudes Over-the-Top-Überwältigungs-Kino mit Filmen wie „John Wick", „Atomic Blonde" und „Deadpool 2" zelebrieren konnte. Diesmal diente als Vorlage der Roman „Bullet Train" des japanischen Krimi-Autors Kōtarō Isaka (erschienen bei Hoffmann und Campe).
Wer an den auf Effekte getrimmten, blutrünstigen, comichaften Action-Exzessen im Minutentakt seinen Spaß hat, kommt bei „Bullet Train" auf seine Kosten. Allerdings möchte man schon wissen, was der Kritiker der Zeitung „The Times" geraucht hat, als er sich bei „Bullet Train" an „Tarantino trifft die Coen-Brüder" erinnert fühlte. Davon sind wir weit entfernt. Denn bei diesen hochkarätigen Filmemachern sind selbst die wahnsinnigsten Verwicklungen und verrücktesten Action-Sequenzen noch dramaturgisch motiviert, minutiös choreografiert und mit luzidem Sinn und Verstand unterfüttert. Bei David Leitch hat man eher den Eindruck, er sei als Jean-Claude van Damme eingeschlafen und als Rambo aufgewacht.