Es sollte ein „heißer Herbst“ werden. Bis Mitte November war es zumindest ziemlich warm. Fast vergessen die bange Diskussion über einen strengen Winter und die Energieversorgung. Ist schon ein paar Tage her, und wir haben längst schon wieder andere Sorgen. Zum Teil alte, woran der große Klimagipfel und einige Händekleber erinnern.
Im vielfach propagierten „heißen Herbst“ geht es weniger um Celsiusgrade, sondern das gesellschaftliche Klima. Das mögen manche an Demonstrationen oder Kundgebungen ablesen. Entscheidender ist aber, was sich nicht so recht in Zahlen und Statistiken fassen lässt: Grummelnde Unzufriedenheit, die sich vor allem im Kleinen breitmacht, zunehmende Gereiztheiten bis zu Aggressivitäten. Wumms und Doppel-Wumms sind ja schön und gut, erst recht, wenn davon was konkret zu spüren ist. Gesprächsweise gehen dann schon mal Millionen und Milliarden munter durcheinander. Im Kern aber läuft fast jedes Gespräch immer wieder auf eine Frage hinaus: Geht es eigentlich noch einigermaßen gerecht zu?
Was oft wie eine simple Neiddebatte beginnt – die nicht zu unterschätzen ist –, führt letztlich zu einem anderen Punkt.
Ich erinnere mich, was mir Wahlkämpferinnen und Wahlkämpfer fast unisono erst aus der Bundestags-, dann der Landtagswahl berichtet haben. Nach den ganzen Corona-Huddeleien waren sie auf einiges an Ärger bei Haustürbesuchen und an Ständen gefasst. Das Gegenteil war der Fall: Menschen kamen, wollten reden und waren angetan, dass ihnen endlich mal jemand zuhört. Den Dauerzoff in der Politik sind sie leid, erwarten vielmehr, dass alle in der Krise zusammenarbeiten. Mir sagen Menschen, sie schauen keine Nachrichten mehr, weil sie das alles nicht mehr abkönnen.
Hilfspakete und Schutzschirme sind das eine. Menschen, denen die Krise einiges abverlangt, erwarten etwas Entscheidendes mehr. Eine Art Zeitenwende im Umgangsstil. Das ist eine Frage an „die Politik“, aber auch an die mediale Vermittlung.
Mit alten Mustern und Ritualen werden wir die massiven Herausforderungen nicht bewältigen können. Mitunter helfen etwas Demut und Zuhören mehr als das nächste Hilfspaket, bei dem viele ohnehin schon bei der bloßen Beantragung scheitern.