Weil sie Filme aus ihrer Heimat vermisste, gründete Frances Hill 2011 das Down Under Berlin Festival. Seitdem organisiert sie jedes Jahr mit Co-Direktorin Sabrina Wittmann ein Programm mit australischen und neuseeländischen Spiel-/Kurzfilmen, Dokus und Animation.
Frau Hill, Frau Wittmann, woanders sind die Filmemacher oft ziemlich abgeschottet, bei Ihnen gibt es die Tradition, dass sie sich nach einigen Filmen mit dem Publikum zu Gesprächen treffen. Dieses Jahr auch?
Wittmann: Wir haben in diesem Jahr das extreme Glück, dass sich viele Filmemacher und Crew-Mitglieder angemeldet haben, die sind auch alle am Partytag mit dabei.
Partytag?
Hill: Ja, am Samstag, 17. September, gibt es bis weit in die Nacht hinein die Down-Under-Festival-Party!
Das klingt nach viel Spaß an der Sache! Muss auch, oder? Sie organisieren das Festival nur mit Freiwilligen...
Hill: Ja, der harte Kern sind so zehn bis zwölf Leute. Anfangs waren hier viele Studenten, die nun zu arbeiten beginnen und weniger Zeit haben.
Wittmann: Ich selbst war 2014 Praktikantin, das hat mir viel Spaß gemacht. Ein Jahr später war ich im Vorstand, weil ich mir dachte: Ich will weitermachen, das ist genau mein Ding.
Haben Sie sich nie um eine Förderung bemüht, um vielleicht mal davon leben zu können?
Wittmann: Da bin ich entschieden dagegen. Ich weiß dann ja nie, ob ich im nächsten Jahr noch eine Förderung bekomme, und ich will nicht jedes Jahr Angst haben müssen, dass ich den Job verliere. Und dann die ganze Bürokratie drum herum! Natürlich wäre es gut, damit Geld zu verdienen, aber ich glaube nicht, dass Filmfestivals sich so tragen, dass man davon leben kann. Da müsste man schon große Sponsoren haben, die einen über Jahre begleiten, aber das ist schwierig bei einem so spezifischen Thema. Trotzdem sind wir stolz darauf, dass die Zahl der Sponsoren größer geworden ist.
Was sagt die Politik zum Festival?
Hill: Wir bekommen viel Unterstützung von den Botschaften, ohne politische Beeinflussung, da legen wir auch großen Wert drauf. Das bestätigt uns, dass wir mit unserem Festival etwas zur Kulturvermittlung leisten. Aber es wäre trotzdem schön, die Flüge aus Australien bezahlt zu bekommen.
Wittmann: Zur Eröffnung wird die australische Botschaft vertreten sein, zum Abschluss die neuseeländische. Das ist jetzt keine Wertung!
Aus den fast 40 Beiträgen kann das Publikum wieder seine Lieblingsfilme wählen, der "Beste Film" und der "Beste Kurzfilm" werden ausgezeichnet. Haben auch Sie einen Favoriten?
Hill: Den Kurzfilm "Home" finde ich toll: Sehr einfach gemacht, aber auch sehr direkt wird das Thema "Flüchtling sein" angesprochen. Im Anschluss zeigen wir als Europapremiere die Dokumentation "The Drowned Dreams", die von einem Vater und seinem Sohn erzählt, der auf der Überfahrt nach Australien vom Blitz getroffen wird. Dazu wird es danach eine Diskussion geben mit Dr. phil. Babette Gekeler vom Institut für Medizinische Psychologie der Charité Berlin.
Und bei Ihnen, Frau Wittmann?
Wittmann: Bei mir ist es auch ein Kurzfilm, "The Disappearance of Willie Bingham". Neuartige Strafmaßnahmen werden ausprobiert, dem Täter so lange Gliedmaßen amputiert, bis die Angehörigen der Opfer meinen, nun sei der Gerechtigkeit Genüge getan. Grandios gefilmt mit tollen Schauspielern.
Hill: Für mich war das zu heftig, aber filmisch ist er wirklich toll. Regisseur Matthew Richards ist sowas wie unser Festivalliebling, von Anfang an dabei.
Aber wenn man es lieber nicht ganz so heftig hat...
Wittmann: Wer etwas Lockeres sehen will, dem kann ich "Pop up" empfehlen, den habe ich schon zweimal gesehen, ein Episodenfilm mit Menschen, denen man gerne zuschaut. In diesem Jahr war es gar nicht so einfach, weil viele Filme sehr düstere Themen haben. Gar nicht im Sinne von Horror, sondern dem Umgang mit Verlusten, mit Fehlern, die man im Leben macht. Das sind schwierige Themen, und wir mussten sehen: Wie packen wir die hintereinander, damit die Kurzfilme thematisch zu den Langfilmen passen?
Das Motto diesmal: "Life happens"
Viele Filme sind vom vergangenen Jahr oder brandneu.
Wittmann: Ja, es ist ein Querschnitt durch das, was gerade filmisch abgeht in Australien und Neuseeland. Wir versuchen, nicht nur Independentfilme zu zeigen, sondern auch größere Produktionen.
Hill: Der Eröffnungsfilm beispielsweise, "Spear", ist ein ungewöhnlicher Tanzfilm mit beeindruckenden Bildern. Der Regisseur und Choreograf Stephen Page ist auch sehr wichtig für die Vermittlung der Tanzkultur der Aborigines.
Apropos Aborigines...
Wittmann: Wir haben uns etwas Sorgen gemacht dieses Jahr, denn wir hatten immer einen indigenen Schwerpunkt, und diesmal gab es keine Einreichung. Aber wir zeigen nach langer Zeit wieder einen Animationsfilm! Nicht wundern, es wird amerikanisches Englisch gesprochen, weil der australische Regisseur mittlerweile in New York lebt.
Hill: ... aber er hat deutsche Untertitel. Andere Filme haben englische Untertitel, und wir fragen auch immer nach, ob sie englisch untertitelt sind, damit das Publikum es besser versteht.
Der Abschlussfilm soll ja richtig lustig sein also auch unbedingt anschauen?
Wittmann: Ja, "Hunt for the Wilderpeople". Regisseur Taika Waititi ist unser persönlicher Liebling, den wir auch schon hier bei einer Preview hatten. Allein den zu sehen ist so toll, ein Super-Entertainer. Er ist übrigens auch der Regisseur des dritten "Thor"-Films. Wir sind sehr gespannt, denn das ist der einzige Film, den wir nicht sichten konnten. Aber wir sind sicher, nach Filmen wie "Boy" oder "What we do in the shadows" wird es qualitativ hochwertig sein, ein großartiger Spaß.
Wir haben immer das Glück, so lustige Filme aus Neuseeland zu bekommen, und wir wollen unser Publikum lächelnd nach Hause schicken mit dem Gedanken: Das war ein tolles Festival, da komme ich nächstes Jahr wieder!
Interview: Regina Friedrich
Down Under Berlin, Australian & New Zealand Film Festival, 14. bis 18. September, Kino Moviemento, Kottbusser Damm 22, 10967 Berlin, www.downunderberlin.de
Tickets: acht Euro, 5-Ticket-Pass: 35 Euro
Ticketreservierung: 030-6924785
Verbindung: Bus M41 oder M29, U7 oder U8 bis Hermannplatz, dann fünf Minuten Fußweg.