Robert De Niro spielt in "The Comedian" einen alternden und verbitterten Komiker. Reif für einen Oscar ist aber eine Nebendarstellerin.
Taxi Driver", "Angel Heart", "Die Unbestechlichen", "Casino" und "Die durch die Hölle gehen" Filmschauspieler Robert De Niro hat seit den frühen 1970er-Jahren viele Kino-Erfolge geschaffen, zwei Oscars hat er im Schrank stehen. Dass aber in Würde und mit Erfolg alt werden in der Entertainment-Branche noch schwieriger ist als ohnehin schon, auch davon kann der inzwischen 74-Jährige ein Liedchen singen. Einige seiner letzten Filme nämlich gingen an der Kinokasse baden ("Joy Alles außer gewöhnlich", "Man lernt nie aus", beide 2015) oder wurden von der Kritik in Fetzen gerissen ("Dirty Grandpa", 2016).
Nun kommt der nächste Film mit Robert De Niro in der Hauptrolle in die Kinos. In "The Comedian" scheint er das
Drehbuch mit seiner schwankenden Karriere zu verknüpfen: Jackie (De Niro) war einst ein erfolgreicher Comedian. Doch seit dem Ende seiner TV-Serie läuft es für ihn nicht mehr rund. Weil Jobangebote ausbleiben, kann ihm seine Agentin (Edie Falco) nur mäßige Stand-up-Gigs vermitteln. Bei einem Job kommt es zu einer Auseinandersetzung: Ein Zuschauer reizt ihn so lange, bis Jackie dem Jungspund eines auf die Nase gibt. Vor Gericht kann Jackie sich nicht zu einer Entschuldigung aufraffen und muss schließlich Sozialstunden in einem Obdachlosenheim ableisten. Am Suppentopf trifft er auf Harmony (Leslie Mann) und verliebt sich in sie. Gemeinsam mit ihr streift der Komiker mit der scharfen Zunge und einem Faible für Beleidigungen durch New York zu Auftritten von Kollegen, der Hochzeit seiner Nichte oder auch zum Geburtstag von Harmonys kontrollsüchtigem Vater Mac (Harvey Keitel). Und überall zerbricht er mit seinen Worten reichlich Porzellan.
"The Comedian" räumt alle Zweifel aus: Robert De Niro kann es noch immer. Mit seinem bübischen Lachen, seinem ergreifenden Charme und seiner seit vielen Jahren so perfekt passenden deutschen Synchronstimme beherrscht der Schauspieler locker jede Leinwand. Und so ist die Entscheidung von "The Comedian"-Regisseur Taylor Hackford nachvollziehbar, seinem Star viel filmischen Raum anzubieten. Dass ein Platzhirsch wie De Niro da gern zugreift, überrascht nicht. Er pöbelt das Publikum im Comedy-Club an, brüskiert Harmonys Vater, er keift und flucht.
Jedoch: De Niro nutzt die filmische Freiheit eine Spur zu sehr aus, Regisseur Hackford hätte seinen Schauspieler etwas bremsen müssen. De Niros tragischer Jackie bleibt als fiese gealterte Rampensau ein wenig eindimensional. Ausgebügelt wird dieses Manko durch eine Gruppe an weiteren Schauspielern, die durch andere Filme mit Robert De Niro gut bekannt sind. Als Vater von Harmony tritt Harvey Keitel auf. Danny deVito gibt einen hochamüsanten Auftritt als Jackies Bruder, Billy Crystal hat eine Szene als er selbst.
Viele Szenen spielen in original Stand-up-Comedy-Clubs
Eine Glanzleistung zeigt die in Deutschland recht unbekannte Patti LuPone. Sie stiehlt in einer Szene als Jackies Schwägerin allen männlichen Kollegen die Show, indem sie ohne Dialog auftritt und allein durch ihre Mimik begeistert. Eine Oscar-Nominierung als beste Nebendarstellerin dürfte nur ausgebremst werden, weil ihre Szene doch sehr knapp ist. Es hätte "The Comedian" gutgetan, wenn der Film sich etwas mehr auf das namhafte Ensemble konzentriert hätte. Für Deutsche eine Überraschung dürfte der Auftritt von Veronika Ferres sein. Die 50-Jährige spielt kurz und recht ordentlich eine Hochzeitsplanerin.
Eine gute Idee des Produktionsteams war, viele Szenen in echten Stand-up-Comedy-Clubs zu drehen. So bekommt "The Comedian" ein hohes Maß an Authentizität und fängt gekonnt Milieu und Sprache der US-Comedy-Branche ein inklusive eines Tonfalls, der ab Mitte des Films recht scharf ausfällt. Jackie besucht auf seiner Ochsentour ein Altersheim und verspottet die Senioren mit einem Lied über Darm-Probleme.
Dass auch diese Gratwanderung des Comedians nicht ohne Folgen bleibt, ist einem Drehbuch-Kniff zu verdanken, der Jackie knapp an einem Skandal vorbeischlittern lässt. Am Ende beugt sich "The Comedian" eine Spur zu sehr den klischeehaften Hollywood-Regeln und lässt Jackie sein weiches Herz offenbaren. So verspielt "The Comedian" zwar sein Potenzial als ernst zu nehmende Charakterstudie, zeigt aber, dass die Entertainment-Branche auch für ältere Schauspieler durchaus noch gute Möglichkeiten bietet. Gut für Robert De Niro, gut für die Zuschauer.
