Mario Kotaska ist bekannt aus Funk und Fernsehen. Der 43-Jährige ist ein ausgewachsener Spitzenkoch, der in der Sterneküche sein Handwerk lernte und schließlich in Köln im "La Société" seinen "eigenen" Stern erkochte. Heute pendelt er zwischen Currywurst und Spitzengastronomie. Mit FORUM sprach er übers Kochen auf hohem Niveau und den Respekt vor gutem Essen.
Herr Kotaska, viele Menschen kennen Sie aus dem Fernsehen, von "Lanz kocht" bis zu "Die Küchenchefs". Dabei sind Sie von jeher auch in der Spitzengastronomie zu Hause. Wie kamen Sie dorthin?
Ich wollte unbedingt meine Ausbildung in einem Sterne-Restaurant machen. Dieses Privileg und Vergnügen habe ich im "Gourmetrestaurant Imperial" im Schloss Bühlerhöhe dann tatsächlich genossen. Ich wollte schon immer Koch werden, habe aber zunächst dort ein Jahr lang eine Ausbildung zum Hotelfachmann gemacht, weil es für den Überblick sinnvoller schien. Dann hatte ich einen Sommer kein Geld für einen Urlaub, ein Fachmann aus der Küche im Imperial hat mir gesagt, ich könnte in der Küche mitarbeiten, Zwiebeln schälen und solche Sachen. Ich bin dann dageblieben und konnte von der einen Ausbildung direkt in die zum Koch wechseln. Ich bin dort sehr französischlastig ausgebildet worden, und ich hatte von Anfang an die Möglichkeit, mit den tollsten, schönsten und besten Produkten der Welt zu arbeiten. Ich wusste aber, dass Spitzengastronomie auch bedeutet, über die Maßen viel zu arbeiten.
Führt der tägliche Umgang mit den "tollsten Produkte der Welt" nicht irgendwann zu einer Abgehobenheit, die mit dem "normalen" Essen so gar nichts mehr zu tun hat?
Keineswegs, ich finde, es bringt einen eher zu einer Hochachtung vor den Produkten. Nehmen wir beispielsweise einen Sieben-Kilo-Steinbutt. Der kostet 350 Euro, und der ist um die zwölf Jahre im Meer herumgeschwommen. Also bringe ich ihm Respekt entgegen. Der Umgang mit Lebensmitteln macht einen immer auch ein bisschen devot gegenüber der Erde.
Das heißt, diese Wertschätzung spiegelt sich in allen Bereichen des Umgangs mit Lebensmitteln wider?
Ja, sicher. Ich will sehr gute Currywurst im "bratwerk" machen und nicht irgendeine. Wenn ich etwas zubereite, soll es richtig gut sein. Meine Kinder haben sich neulich einmal Bohnensuppe gewünscht, und die habe ich genauso gern gekocht wie ein tolles Menü mit feinen Produkten. Kochen ist ein ganz bodenständiges Handwerk, das man, ganz gleich wie edel die Produkte sind, sehr gut beherrschen sollte. Da ist es egal, ob ich mit Steinbutt arbeite oder eine Rinderroulade zubereite.
Der Michelin-Stern im "La Société", den Sie 2006 erhielten, haben Sie als Küchenchef aber nicht mit Rinderrouladen erkocht, oder?
Nein, da überlege ich mir schon ganz genau, was ich mit den einzelnen Bestandteilen mache, etwa mit dem Baustein Eiweiß aus dem Fisch. Ich kann ein Röllchen oder eine Praline machen und ein Gericht mit verschiedenen Texturen und Strukturen schaffen, die ganz unterschiedlich schmecken. Ein Restaurantbesuch bedeutet, dem Alltag zu entfliehen und etwas Besonderes in einer besonderen Atmosphäre zu genießen. Die Auszeichnung im "La Société" war aber auch nach dem "Andermann" und der "Quadriga" im Brandenburger Hof in Berlin für mich etwas Besonderes, denn dort habe ich meinen ersten "eigenen" Stern als Küchenchef bekommen.
Die High-End-Gastronomie hatte Sie schon richtig gepackt...
Ja, die Spitzengastronomie ist wie ein Virus, das einen infiziert. Und wenn ich auf einem so hohen Niveau arbeiten kann, dann möchte ich auch wirklich an der Spitze stehen. Ich wollte schon gern einen Stern erkochen. Im Jahr 2006 sind also einige tolle Dinge passiert: Mein Sohn kam auf die Welt, und meine Frau hat mich geheiratet. Na gut, Deutschland ist nicht Weltmeister geworden, aber dann kam der Anruf aus der Bildzeitungs-Redaktion, dass wir einen Michelin-Stern bekommen würden. Das war schon ein besonderes Jahr.
Was hat sich durch den "eigenen" Stern geändert?
Wir haben uns im ganzen Team natürlich unheimlich geehrt und geadelt gefühlt. Das Faxgerät hat den ganzen Abend gerattert, und wir haben die Küchenwände mit den ganzen Glückwünschen tapeziert. Es fühlt sich schon besonders an, wenn du weißt, dass du in den Kreis der etwa 200 mit einem Stern ausgezeichneten Köche in Deutschland aufgenommen worden bist. Ich erinnere mich auch noch sehr genau an meinen ersten Auftritt bei "Kerners Köche". Da stehst du auf einmal als Koch zwischen den Großen wie Alfons Schuhbeck und Johann Lafer, zu denen du immer aufgeschaut hast.
"Man arbeitet immer miteinander und tauscht sich aus"
Wie beeinflusst die Arbeit mit den "Großen" die eigene Arbeit?
Man schaut natürlich aufeinander, wer was wie macht. Es herrscht eine große Neugier unter den Köchen, du stehst den anderen immer interessiert gegenüber und findest deinen eigenen Weg dabei. Das ist ohnehin das Schöne an dem Beruf: Man arbeitet immer miteinander und tauscht sich aus. Okay, in der Lehre noch nicht, aber später dann schon. Du bildest dich immer weiter und kannst dich immer wieder selbst reflektieren. Und egal, auf welchem Level du kochst, eines ist bei allen Köchen gleich: Keiner steht morgens auf und denkt sich Heute koche ich mal richtig schlecht. Das gibt es einfach nicht.
Wie arbeiten Sie heute? Sie sind ja zurzeit nicht Küchenchef in einem Sternerestaurant, sondern treiben mit dem "bratwerk" und mit dem "Schmidt Z&KO" in Berlin andere, eigene Projekte voran.
Ja, im "bratwerk" steht eben sehr gute Currywurst mit Pommes im Vordergrund, die ich wirklich gern esse, wenn sie gut gemacht ist. Ich bin selbst ständig an Flughäfen, Bahnhöfen und Autobahn-Raststätten und sehe, was da gegessen, aber auch in welcher Qualität es angeboten wird. Seit der Gründung von "bratwerk" im Jahr 2009 hat sich einiges getan, und die Qualität steigt. Im "Schmidt Z&KO" in Berlin bieten wir leckeres, selbstgemachtes Essen zu tollen Weinen an. Tellergerichte zum Mittag, eine Abendkarte mit ausgefalleneren Gerichten und unterschiedliche Kochkurse, die Ralf Zacherl, unser Küchenchef Marcel Woest und ich anbieten. Es ist ein Ort mit vielen Möglichkeiten zum Genießen mit gutem Essen und Weinen geworden. In beiden Unternehmen und auch bei anderen Terminen, wie beim Showkochen auf Messen und Veranstaltungen, setze ich das um, wofür ich stehe.
Welche Erkenntnisse haben Sie aus Ihrer langjährigen Berufserfahrung in den unterschiedlichsten Bereichen der Gastronomie gewonnen?
Kochen ist eine Handwerkskunst. Das Handwerk kommt immer vor der Kunst. Dieser Beruf hat etwas sehr Intimes. Das Essen, das ich zubereite und das ein Anderer isst, befindet sich hinterher in seinem Inneren. Wir sollten also unseren Gästen und uns selbst nur gutes Essen geben. Und wir sollten dafür sorgen, dass wir uns nicht nur zu besonderen Anlässen, sondern auch im Alltag bewusst und gesund ernähren.
Interview: Ute Schirmack