Der unscheinbare Restaurantname "Schmidt Z&KO" in Steglitz steht für höchste Qualitätsansprüche, verbergen sich hinter den Abkürzungen doch die prominenten Wein- und Genussexperten Anja und Carsten Schmidt, Rolf Zacherl und Mario Kotaska. Küchenchef ist Marcel Woest, und der überrascht immer wieder mit seiner Kreativität.
Oben und unten könnten kaum stilechter und passgenauer aufeinandertreffen als bei unserem Aperitif im "Schmidt Z&KO": Wir platzieren unsere Allerwertesten auf Magnum-Sektkorken-Hockern und stoßen mit einem Sekt vom Reichsrat von Buhl an. Wohlsein! Der Auftakt zu einem hintersinnigen Abend in der "vinophilen Genusswerkstatt" in Friedenau ist gemacht. Der trockene Winzersekt prizzelt uns feinperlig wie Champagner und mit erheiternder Tiefe an. "Dahinter steht der Kellermeister von Bollinger, der nach Deutschland gegangen ist", verrät Inhaberin Anja Schmidt.
Hinter dem verzwirbelten Namen "Schmidt Z&KO" wiederum stehen vier große Namen in Sachen Wein und gutem Essen: Anja und Carsten Schmidt vom "Weinladen Schmidt", die das Familienunternehmen in zweiter Generation führen, sowie die aus Fernsehen und Sternegastronomie bekannten Köche Ralf Zacherl und Mario Kotaska. "Der Ralf war vor seiner Fernsehzeit unser erster Küchenchef im Rutz, und der Mario ist sein bester Freund", erklärt Anja Schmidt beiläufig. Bleibt nur noch die Kleinigkeit zu erwähnen, dass die Schmidts mit dem vor 15 Jahren in Mitte eröffneten "Rutz" so etwas wie die Pioniere des Weinbarwesens in Berlin waren und der jetzige Küchenchef Marco Müller soeben mit dem zweiten Guide-Michelin-Stern ausgezeichnet wurde.
Wer im kleinen Gourmet-Imperium "Schmidt & Freunde" trinkt und speist, kann sich also auf Genuss gefasst machen. Küchenchef Marcel Woest im "Schmidt Z&KO" hat die ausdrückliche Lizenz zum "Austoben", wie wir bei der ersten "Kleinigkeit zum Wein" von der Karte feststellen können: "Göttlich!", befindet die Begleiterin, die gemeinhin erst einmal ausgiebig ihr Essen begrüßt und mit ihm spricht. Hier schweigt sie, zunächst verblüfft, dann begeistert. Wovon? Von der Makrele, die in einem zimtig akzentuierten Dashi-Sud angeschwommen kommt. Dattel, knackig süßsaure Schalotten sowie Auberginencreme verbinden sich ungeahnt treffsicher, insbesondere im Zusammenspiel vom fetten Fisch mit dem warmen Zimt-Aroma. Samt und sonders ohne Weihnachtsgebäckalarm, alles ist vielmehr fein asiatisch angehaucht.
Der Begleiterin hats dermaßen die Sprache verschlagen, dass sie noch nicht einmal ihre üblichen Vorbehalte von "zu buttrig" gegen den Chardonnay äußern kann, der uns dazu eingeschenkt wird. Vielleicht liegts daran, dass die Winzer vom steirischen Sattlerhof ihre Rebe "Morillon" nennen? Wir lassen uns jedenfalls vom vollfruchtigen, an Marillen, Äpfel und ein bisschen an Nuss-Nougat erinnernden 2015er Gamlitzer überraschen. Und erfreuen, denn der "Morillon" geht straight und frisch in die Tiefe und keineswegs in die Breite. "Der ist perfekt dazu", lobt die Begleiterin unerwartet. Das hat sich Sommelière Maria Hinrichsen bei ihrer Weinauswahl ebenso gedacht.
Beim Vorübergehen in Richtung Händewaschen haben wir bereits einen Blick in die offene Küche werfen können. Filetiert da nicht Ralf Zacherl höchstpersönlich einen großen Fisch? Die Köche, ganz gleich wie prominent, sind alle in der Küche aktiv. Sei es bei Kochkursen für Erwachsene oder Kinder, sei es im Tagesgeschäft von Mittagstisch bis Abendkarte. "Ich lass mich von dem inspirieren, was da ist", sagt Marcel Woest, der bereits im "Hartmanns" sowie unter Ralf Zacherl im "Rutz" arbeitete, "ein bisschen in der Weltgeschichte herumreiste" und von Anfang an im "Schmidt Z&KO" als Küchenchef dabei ist. So kommt dann ein Rehrücken in großer oder kleiner Ausgabe auf Tisch und Teller: Reh mit Pilz-Gnocchi, Blaubeeren, Chips aus lila Kartoffeln und Petersilienöl steht ebenso als "Kleinigkeit" für 9,50 Euro wie für 26 Euro als einer von drei Hauptgängen auf der Abendkarte. Auch wir hatten den durchgängig konsensfähigen, aber etwas weniger überraschenden Fleischgang auf dem kleineren Teller. Dazu einen 2014er Langhe Nebbiolo von der Cascina Luisin im Piemont im Glas so kann ein rundes Abendessen aussehen.
500 Weine stehen
zur Auswahl
Die sieben Klein-Gänge können als "Einmal alles" für 49 Euro gewählt werden, eine siebengläserige 0,1er-Weinbegleitung für 30 Euro dazu. Schon ist alles gut für einen langen Abend, der bei Küchenschluss um 22 Uhr allerdings früh genug beginnen sollte. Ganz gleich ob in einzeln gewählten Gläsern oder in der Komplettbegleitung der weinkundige Service, so wie etwa "unser" Kellner Mike Omenzetter, wissen stets auch eine Alternative. Wer etwa auf Alkohol verzichten möchte, kommt mit selbst angesetzten Limonaden wie etwa aus Bitterorange mit Soda oder mit Obstsäften von Van Nahmen keineswegs zu kurz.
Wir sitzen beim Essen erneut auf Wein auf bequemen, schlichten Eichenstühlen und an Tischen aus ausgedienten Barriquefässern. Designer Marcus Mewes hauchte ihnen nach 200 Jahren Wald und vier Füllungen mit Rotwein ein drittes Leben als stilechte Möbel ein. Gefunden hat sie Anja Schmidt, die für die Gestaltung des "Schmidt Z&KO" verantwortlich zeichnet und dem großen Raum mit orangefarben akzentuiertem Licht sowie unterschiedlichen Sitzgelegenheiten Wärme und ein beiläufiges, urbanes New-York-Flair eingehaucht hat. Beiläufigkeit scheint der zweite Vorname des "Schmidt Z&KO" zu sein alle zwölf Mitarbeiter tun kompetent, gut gelaunt und ohne Allüren, was zu tun ist, um Gäste und Kunden froh zu stimmen. Der Geist, den die Schmidts einst dem "Rutz" einhauchten, weht ebenso durchs "Schmidt Z&KO": "Wir wollten unsere Schatzkammer öffnen und das gemeinsam mit Freunden machen. Eine Weinbar haben, in der auch große Weine glasweise ausgeschenkt werden."
Das ist seit Ende 2014 in Steglitz ebenfalls gelungen. Die "Genießerplattform" im Erdgeschoss ist für die Gäste da: eine Kreuzung aus Weinhandlung, Weinbar, Restaurant und Kochschule. Was von den 500 Weinen nicht in die wandhohen Regale und Weinschränke passt, lagert darunter im Keller. Der Schwerpunkt liegt auf deutschen und österreichischen Weinen, ergänzt um Italiener, Spanier, Franzosen und Portugiesen. Meine weinkundige Begleiterin könnte ihrem Hobby "Weinflaschen streicheln!" sogar bei ihren Lieblingen, den Portweinen, hier von "Grahams", nachgehen. Jede Flasche gibts auch zum Zuhause-Trinken zu kaufen oder im Lokal für durchgängig zehn Euro Korkgeld ins Glas. "Das finden wir ehrlicher als mehrere hundert Prozent aufzuschlagen", sagt Anja Schmidt. "Wir wollen auch jüngere, noch nicht so weinerfahrene Gäste einladen, eine ganze Flasche zu trinken."
Das geht auf 45 Plätzen im weitläufigen Raum extrem entspannt und ohne, dass sich die Gäste mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen stören. Nach einem Kochkursus speist eine größere Gruppe im hinteren Teil, ohne dass es an den Tischen vorn oder auf den Sektkorken-Hockern am Fenster laut wird. Im Sommer kommen noch 35 Plätze im ruhigen Innenhof dazu. Einzige Bedingung des Vermieters war es, einen Mittagstisch anzubieten in den dahinterliegenden Goerz-Höfen arbeiten etliche Menschen. Die Mittagsgerichte mit jeweils einem Fisch-, Fleisch und vegetarischen Angebot sowie einem Snack in der Preisspanne von 6,50 bis 13 Euro haben sich etabliert. An manchen Mottotagen stehen die Gäste Schlange: vorzugsweise dienstags, wenn es hausgemachte Pasta und vor allem, wenn es Gnocchi gibt. Donnerstags steht Mediterranes wie etwa Bouillabaisse auf der Karte, freitags traditionellerweise Fisch. Ein Herz für Rotkohl heißt es bei unserem nächsten Überraschungsfavoriten. Blaukraut bleibt Blaukraut, sei es als halb-herziger Cremestrich mit "Blue Stilton" und hausgemachtem Müsli oder als fein gehobelter Salat mit Preiselbeeren auf der anderen Tellerhälfte. Biss und Schlotzigkeit, Süße, Säure und das Umami vom Blauschimmel-Käse wechseln sich miteinander ab. Die Geschmäcker und Texturen beweisen, dass Rotkohl, der weitestgehend mit sich selbst spielt, ein perfektes Gericht ergibt. Rot und kraftvoll wird es nun auch im Glas: Der 2013er Blaufränkische "Kalk & Schiefer" aus dem Burgenland von Anita und Hans Nittnaus schmeißt sich mit voller Frucht, kleinen Kirschen, Zwetschgenkompott und ordentlich Tanninen ans Kraut ran und hält mit. Die Begleiterin sagt: "Ich hätte auch den Teller mitgegessen, wenn der nicht so hart wäre", während sie denselben mit dem Finger genüsslich leer wischt. Ich sage: Bitte den Küchenchef noch lange weiter so austoben lassen! Ich bin gern bei den nächsten Überraschungen erneut dabei.
Ute Schirmack ist Journalistin, Autorin und Erforscherin großstädtischer Lebensräume. Diese Lebensräume sind unter anderem die Restaurants, Cafés und Bars in Berlin, die sie nun auch mit Stift und Papier genüsslich erkundet.
INFO:
Schmidt Z&KO
Rheinstraße 4546
12161 Berlin-Steglitz
Telefon 030-200039570
www.schmidt-z-ko.de
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Samstag:
Weinhandel 10 bis 22 Uhr,
Mittagstisch 12 bis 15 Uhr,
Restaurant/Weinbar ab 18 Uhr Küchenschluss 22 Uhr