Sie zählt in gewisser Weise zu den Konstanten bei saarländischen Wahlen in der jüngsten Vergangenheit, auch wenn ihr bislang der große landespolitische Durchbruch versagt geblieben ist. Für die Familien-Partei ist es der vierte Anlauf bei einer Landtagswahl. Dabei hat der 44-jährige Spitzenkandidat Roland Körner durchaus ehrgeizige Ziele.
Samstagmorgen, 11. Februar: sechs Wochen vor der Wahl. Schneeregen fällt auf die Fußgängerzone im beschaulichen St. Ingbert. Doch einigen wenigen ist das Schmuddelwetter an diesem Tag egal: Das Team der Familien-Partei um ihren Spitzenkandidaten Roland Körner trotzt allen Widrigkeiten und verteilt fleißig Flyer in der Innenstadt. Eine Tüte Gummibärchen gibt es von Roland Körners sechsjähriger Tochter Veronika gratis dazu.
Hier in St. Ingbert kennt jeder die Familien-Partei immerhin ist sie aktuell die drittstärkste Fraktion und bildet im Stadtrat eine Koalition mit der CDU und den Grünen. Eine Zeit lang stellte die Partei hier sogar den Oberbürgermeister. Kaum einer, der an dem orangefarbenen Wahlkampfstand vorbeiläuft, lehnt die Info-Broschüre ab, der eine oder andere bleibt sogar stehen, stellt Fragen. "Die meisten Leute interessieren sich für unsere Forderung Wahlrecht ab Geburt, Fragen zum Erziehungsgehalt werden auf der Straße eher weniger gestellt", erzählt Roland Körner.
Der leidenschaftliche Fußballer und Bergwanderer wurde 2004 Mitglied der Partei, nachdem ihn sein politisch-geistiger Ziehvater Dr. Franz-Josef Breyer, ein ehemaliger St. Ingberter Kinderarzt und Ehrenvorsitzender der Familien-Partei, über Jahre hinweg immer wieder auf programmatische Inhalte der Partei hingewiesen hatte. Sogleich gelang der Sprung in die Kommunalpolitik. Zunächst war Körner einfaches Mitglied im St. Ingberter Ortsrat, später dann deren Fraktionsvorsitzender. Seit knapp zwei Jahren führt er die Landespartei. Nun also soll der Sprung in den Landtag gelingen. Deswegen nominierte ihn seine Partei zum Spitzenkandidaten.
Im St. Ingberter Stadtrat vertreten
Bei der Landtagswahl 2009 kam die Familien-Partei auf zwei Prozent, drei Jahre später rutschte sie auf 1,7 Prozent herunter. "Das ist deswegen geringer geworden aus unserer Sicht, weil das Angebot letztlich im außerparlamentarischen Bereich oder überhaupt die Mitbewerberzahl größer geworden ist", sagt Körner. "Unser Stolz war natürlich das Ergebnis von 2004, da hatten wir sogar mal drei Prozent. Da standen wir aber als Protest-Partei auch noch relativ alleine da. Bei der Wahl 2009 kamen dann die Linken hinzu, 2012 die Piraten, die ja einfach auch Marketing-mäßig besser im Rennen waren als wir. Und ja, auch diesmal muss man sagen, dass sich der Mitbewerber-Reigen noch einmal deutlich verbreitert hat."
Leichter wird es für die Familien-Partei dadurch sicherlich nicht, in den Landtag einzuziehen. "Das Ziel ist zunächst einmal, das Ergebnis zu halten", sagt der zweifache Familienvater. "Unsere Anstrengungen im Wahlkampf zielen darauf ab, die Fläche besser zu bedienen als beim vorigen Mal. Wir haben dieses Mal auch einen etwas größeren Vorlauf. Insofern ist das Ziel klar, die 1,7 Prozent zu halten und nach Möglichkeit auszubauen." Um dieses Ziel zu erreichen, wird die Familien-Partei im Wahlkampfjahr 2017 etwa 15.000 bis 20.000 Euro investieren. "Das sind über Jahre angesammelte Spenden. Und wir haben ein paar Mandatsträger auf kommunaler Ebene vor allem deren Mitgliedsbeiträge finanzieren letztlich immer wieder diese Partei und auch die Landtagswahlkämpfe", erklärt der ausgebildete Versicherungskaufmann.
Sollte es Roland Körner mit seiner Partei gelingen, in den saarländischen Landtag einzuziehen, so könnte sich der 44-Jährige eine Koalition sowohl mit der CDU als auch mit der SPD vorstellen: "Wir sind beiden Großen gegenüber aufgeschlossen und nicht in eine Richtung festgelegt. Es käme wirklich auf die Gespräche an, wer am ehesten dazu bereit wäre, sich unserer Inhalte anzunehmen." Nur ein Koalitionspartner käme für den gebürtigen Saarbrücker wohl nicht infrage: "Mit der AfD tun wir uns schon sehr schwer."
Wahlrecht ab Geburt gefordert
Neben dem Wahlrecht ab Geburt, einem Stopp der Gesetzesschwemme, der Einführung einer Regionalwährung und Verbesserungen in der Pflege, fordert die deutschlandweit 601 Mitglieder starke Partei 149 davon im Saarland vor allem drei Dinge: gebührenfreie Kitas, eine leistungsabhängige Infrastrukturabgabe und die Möglichkeit für Schulen, zum G 9 zurückzukehren, um die Kinder nicht zu überfordern.
"Kinder sind unsere Zukunft und unsere einzige Ressource. Gebührenfreie Kitas sind nichts mehr und nichts weniger als eine kleine Beteiligung der Gesellschaft an den Investitionskosten in die künftige Generation", sagt Körner.
Geht es nach der Familien-Partei, so sollen gebührenfreie Kitas durch ein Gesamtkonzept mit einem sozialversicherungspflichtigen Erziehungsgehalt möglich gemacht werden. "Das heißt ein kostendeckender Kita-Beitrag wird dadurch für die Eltern bezahlbar, weil sie in unserer Gesamtkonzeption ein Erziehungsgehalt bekommen, in dem sie dann die Wahlfreiheit haben, ob sie das Kind in eine Kita geben oder in jüngeren Jahren auch selbst erziehen", erklärt der Versicherungskaufmann. In Bezug auf die geforderte Rückkehr der Schulen zum G 9 sagt Spitzenkandidat Körner Folgendes: "Das gedrängte G 8 überfordert unterm Strich die Schüler. Die Familien-Partei möchte den Schulträgern in einem ersten Schritt die freiwillige Rückkehr zum G 9 ermöglichen, fordert mittelfristig aber die generelle Rückkehr zum G 9, also dem Erwerb der allgemeinen Hochschulreife nach erst neun Jahren."
Und zur Forderung nach einer leistungsabhängigen Infrastruktur: "Nicht erst seit der Fechinger Talbrücke wankt die Infrastruktur im Saarland. Sie ist definitiv die Zukunft, und da hängen wir doch etwas hintendran. Und hier reden wir von der klassisch-baulichen Infrastruktur. Die Zukunft wird aber digital", sagt Körner. "Um hier Standards zu erhalten oder gar in eine Pilot-Rolle zu kommen, müssen mehr Anstrengungen her. Die Familien-Partei macht sich daher für eine leistungsabhängige Infrastrukturabgabe stark, die sowohl Einkommen als auch Kinderzahl eines Haushaltes berücksichtigt."
Dass sich Roland Körner und sein Team an einem Samstagmorgen bei Temperaturen um den Gefrierpunkt in die Innenstadt stellen und für ihre Partei werben, zeigt, wie wichtig es den Akteuren ist, dass der Familie ab dem 26. März wieder ein guter Platz in der Gesellschaft zuteil wird. Für Körner steht fest: "Familien sind die Keimzelle der Gesellschaft. Und wenn es nicht gelingt, diese Keimzellen zu erhalten, dann geht die Gesellschaft zugrunde." Also kämpft er, Seite an Seite mit seiner sechsjährigen Tochter, für die Familie.
Jeff Pluijmaekers
Info:
Familienpartei Gründung:
Ende der 80er-Jahre im Saarland
Gründungsvater:
Dr. Franz-Josef Breyer
Mitglieder Im Saarland: 149
Mitglieder in Deutschland: 601
Wahlergebnisse Landtagswahlen: 2009: 2 Prozent
2012: 1,7 Prozent
Wahlkampf-Budget 2017: 15.000 bis 20.000 Euro