Dirk Lottner nimmt mit dem 1. FC Saarbrücken einen neuen Anlauf in Richtung Dritte Liga. Der 46-Jährige erwartet ein enges Rennen im Kampf um die Aufstiegsplätze.
Herr Lottner, nach dem bitteren Scheitern in München haben Sie gesagt, dass die Analyse eine gewisse Zeit braucht. Welche Schlüsse haben Sie letztlich gezogen, und was nehmen Sie daraus mit in die neue Saison?
Wichtig ist die Erkenntnis, dass wir alles getan haben. Die Mannschaft war fit, sie war gut eingestellt und sie hat alles gegeben. Wir haben schlicht und ergreifend zu viele individuelle Fehler gemacht. Wir waren nicht die schlechtere Mannschaft, daher ist es wichtig, dass wir einen Schlussstrich ziehen und nichts davon mit in die neue Saison nehmen.
Ihr Team ist souverän Meister geworden, hat die meisten Tore geschossen. Alle Konkurrenten nennen den FCS als Topfavoriten. Aber Sie haben auch mit Schmidt und Behrens die beiden Top-Torjäger verloren. Welche Rolle spielt das?
Die beiden waren an über 50 Toren beteiligt, das kann man nicht Eins zu Eins ersetzen. Es war wichtig, dass wir Sebastian Jacob halten konnten. Mit Joe Vunguidica und Marcel Carl haben wir gute Qualität hinzugewonnen. Aber es wäre vermessen, dass wir jetzt von ihnen jeweils 15 Tore erwarten. Aber es ist eine interessante Konstellation. Wir haben drei Angreifer auf Augenhöhe, da wird jeder seine Spielzeit bekommen. Natürlich werden alle letztlich auch an ihrer Quote gemessen.
In der vergangenen Saison war die Offensive stark von Schmidt und Behrens abhängig, das 4-4-2-System irgendwann fast zwangsläufig. Bietet die neue Konstellation auch mehr Variationsmöglichkeiten?
Wir sollten uns erinnern, dass wir in der Vorsaison zu Beginn auch mit Dreierkette und einem Zehner gespielt haben. Da haben wir während der Vorbereitung auch Wert drauf gelegt, dass wir mehrere Systeme spielen können. Wir haben viele Möglichkeiten, weil wir mit Mendler, Obernosterer oder Dausch auch Spieler haben, die sich auf der Zehn sehr wohlfühlen. Wir können auch mal mit drei Offensiven hinter einer Spitze spielen. Wichtig ist, dass die Mannschaft das annimmt und dass wir bereit sind, auch mal während eines Spiels die Grundordnung zu verändern.
Der Kader bietet extrem viele Variationsmöglichkeiten, es wird Härtefälle geben. Wie schaffen Sie es, die Reservisten bei Laune zu halten?
Ich glaube, dass die Spieler wissen, dass ich versuche, fair zu sein, und nach dem Leistungsprinzip gehe. Nehmen wir Markus Mendler. Er hatte im Vorjahr keine gute Vorbereitung, hatte es sehr schwer, in die Mannschaft zu kommen. Irgendwann hat er sich selbst in die Verfassung gebracht. Heute ist er ein Schlüsselspieler. Da kann ich mich jetzt schon festlegen. Diesen Status kann sich jeder Spieler erarbeiten. Markus ist das beste Beispiel dafür.
Es gab Spieler wie Markus Obernosterer, die mit dem System gefremdelt hatten, hinter ihren Möglichkeiten geblieben sind. Bietet die veränderte Situation im Angriff auch eine Chance für jene, die nicht ganz so zufrieden waren?
Diese Möglichkeit hat jeder Spieler. Dafür ist eine Vorbereitung da. Natürlich fangen wir auch ein Stück weit bei null an. Es ist aber auch so, dass die Aufstellung am zehnten Spieltag sehr selten identisch mit der des ersten Spieltags ist.
Sie haben mit Benjamin Kessel einen Spieler dazubekommen, der sicher nicht in die Regionalliga kommt, um auf der Bank zu sitzen. Mit Steven Zellner und Marco Kehl-Gomez wartet ein etabliertes Verteidiger-Duo auf den Konkurrenzkampf. Wie ist die Situation in der Defensive?
Wir sollten Nino Miotke nicht vergessen, der wie Kessel auch das mitbringt, was uns ein wenig gefehlt hat, nämlich Größe. Zudem spielt Oliver Oschkenat eine starke Vorbereitung, wir haben fünf richtig gute Innenverteidiger, das spricht natürlich eher für eine Dreierkette. Aber ich erwähnte bereits, dass wir flexibel sein wollen, und ich kann heute ehrlicherweise noch nicht sagen, wie wir am ersten Spieltag auflaufen werden.
Die Relegationsspiele waren zwei Wochen nach dem offiziellen Saisonende, ihre Mannschaft ist spät in die Vorbereitung gestartet. Ein Nachteil?
Nein, alle Werte belegen, dass wir eine richtig gute Fitness haben. Wir haben sehr gute Grundlagen. Das ist auch in einem Fall wie bei Sebastian Jacob wichtig. Er hatte eine Grippe, was sehr ärgerlich für ihn ist, weil er sehr gut drauf war. Aber es ist nun auch kein Drama. Das, was ihm fehlt, kann er in den verbleibenden 14 Tagen noch holen. Die Basis bei uns stimmt, daher können wir es auch verkraften, wenn ein Spieler während der Vorbereitung mal ein paar Tage ausfällt.
Jede Vorbereitung bringt ihre Überraschung mit. Nun hat sich mit Lukas Quirin ein Spieler aus dem eigenen Nachwuchs in den Vordergrund gespielt. Wie wichtig ist das für die Identifikation mit dem Verein?
Lukas bringt viel mit, neigt aber auch dazu, Dinge mal ruhiger angehen zu lassen. Daher sollten wir ihn nicht zu sehr loben. Er wird Zeit brauchen, aber natürlich ist es unser Ziel, dass er irgendwann bei uns Stammspieler wird. Grundsätzlich schauen wir immer, wer von den U19-Spielern für oben infrage kommt.
Vor drei Jahren ist der FCS schon einmal in der Relegation gescheitert. Damals flog der Verein beinahe auseinander. Diesmal waren die Fans traurig, aber nicht wütend. Das spricht auch sehr für Ihre Person, oder?
Es spricht für die Arbeit, die wir insgesamt leisten. Ich glaube, dass wir sehr bodenständig und bescheiden rüberkommen. Wir arbeiten akribisch und geben unser Bestes. Natürlich werden wir weiterhin erfolgreich sein müssen. Das ist die Basis für alles andere.
Fragt man die Konkurrenz, dann wird der Titel nur über den FCS vergeben. Beeindruckt Sie das?
Nein, das ist mir egal, weil wir es nicht beeinflussen können. Für uns ist es wichtig, dass wir uns weiter verinnerlichen, was uns stark gemacht hat. Mentalität, Zusammenhalt und eine hohe Laufbereitschaft. Dies werden wir noch mal brauchen, um vorne dabei zu sein. Das ist unser Ziel, und dem stellen wir uns.
Wie schätzen Sie die Liga ein?
Es wird ein enges Rennen, es wird bis zu acht Mannschaften geben, die um den Titel mitspielen. Elversberg hat eine starke Truppe, Mannheim war nicht umsonst dreimal vorne. Offenbach hatte eine geringe Fluktuation, Homburg hat sich gut verstärkt. Steinbach ist immer unbequem und die Zweiten Mannschaften sind immer unberechenbar. Es wird sich niemand absetzen, auch wir nicht. Wir sind nicht der Topfavorit, sondern eines von mehreren Teams, die den Titel holen wollen.