Als Händlerin in der Kult-TV-Serie „Bares für Rares" wurde Susanne Steiger einem großen Publikum bekannt. Im Interview spricht sie über die ZDF-Sendung, das Leben als Händlerin, ihre wertvollsten Entdeckungen, Lieblingsstücke und neue Pläne.
Frau Steiger, was fasziniert Sie an altem Schmuck, Trödel und Antiquitäten?
Ich habe Freude an Objekten, die einzigartig sind und eine Historie mit sich bringen. Es ist ein tolles Gefühl, die Geschichte einer unvergleichbaren Handwerkskunst weiterzuschreiben und zugleich ein Teil davon zu sein. Antiquitäten sind Geschichten zum Anfassen, die einen mit auf die Reise an fremde Orte und vergangene Zeiten nehmen. Jedes Stück ist einzigartig und mit den damaligen Möglichkeiten kunstvoll geschaffen, sodass es sich dadurch von unserem heutigen industriellen Standard hervorhebt.
Wie wurden Sie für die ZDF-Kultshow „Bares für Rares" entdeckt?
Seit über zehn Jahren bin ich selbstständig und habe mich mit meinen beiden Geschäften auf den Ankauf von Diamanten, Gold- und Antikschmuck spezialisiert. Damals saß ich in meinem Kerpener Geschäft und kann mich noch gut daran erinnern, als der Telefonanruf der Produktionsfirma einging und ich gefragt wurde, ob ich Lust hätte, bei „Bares für Rares" als Händlerin teilzunehmen. Ehrlich gesagt dachte ich im ersten Moment an einen Gag aus dem Freundeskreis. Doch als dann wirklich ein Kameramann an der Ladentür klingelte, um mit mir Probeaufnahmen zu machen, habe ich mich riesig über diese neue Herausforderung gefreut. Und nun sitze ich seit knapp fünf Jahren am Händlertisch und bin stolz, ein Teil dieses großartigen Teams zu sein.
Wie hat sich Ihr Leben seit der Fernsehpräsenz verändert?
Mein Leben hat sich nicht grundlegend geändert, aber auf jeden Fall mehr als positiv bereichert. Es ist ein großes Kompliment für mich, wenn Menschen sich freuen, mich zu sehen, sei es auf der Straße oder auch bei mir im Geschäft. Die Beliebtheit von „Bares für Rares" und die damit verbundene Popularität erleichtert es mir zudem, sehr spezielle und hochwertige Schmuckstücke zu handeln.
Wie häufig drehen Sie für „Bares für Rares"?
Wir haben verschiedene Drehblöcke, welche sich aufs Jahr verteilen. Ich bin dann in der Regel pro Block etwa zwei Wochen am Set.
Welche Geschichten, Menschen und skurrilen Gegenstände sind Ihnen aus „Bares für Rares" ganz besonders in Erinnerung geblieben?
Zu meinen Lieblingsstücken zählt das Konvolut von Katja Flint, welches ich in der ersten Primetime-Sendung gekauft habe. Dazu gehört ein Ring aus dem Nachlass von Marlene Dietrich. Die Geschichte zum Ring ist besonders faszinierend: Bernd Eichinger erwarb diesen in einer Auktion und schenkte ihn seiner Lebensgefährtin Katja als Glücksbringer, als sie die Rolle der Marlene Dietrich in dem Film „Marlene" übernahm. Katja Flint ist eine meiner Lieblingsschauspielerinnen und Marlene Dietrich verkörpert für mich die Goldenen 20er-Jahre, einfach eine Stil-Ikone und Legende. Daher ein absolutes Lieblingsstück von mir. Der Ring wird nun, im Spätsommer, im Rahmen einer Charity-Auktion versteigert.
Sie sind eine Expertin, was Schmuck betrifft. Doch ist es schon mal passiert, dass Sie Dinge falsch geschätzt haben und diese Gegenstände viel mehr oder aber viel weniger wert waren?
Da gibt es eine schöne Geschichte: Eine Kundin hatte mir per Mail Fotos einer geerbten Brosche gesendet. Sie fragte an, ob ich mir das Schmuckstück einmal ansehen könne, um es eventuell anzukaufen oder im Falle, dass kein Interesse bestünde, umzuarbeiten. Das vorab gesandte Foto lichtete eine stark angelaufene, kleine Brosche ab, die Steine schienen matt und fast blind. So auch die Schilderung der Kundin. Doch mir gefiel die Blütenform der kleinen Brosche sehr gut und wir vereinbarten, dass ich mir das Schmuckstück einmal genauer anschaue. Als erste Wertschätzung ging ich davon aus, es handele sich um dekorativ verarbeiteten Modeschmuck, der für die Dame eher einen emotionalen Wert darstellt. Einige Wochen später traf ein Paket mit dem Inhalt einer Brosche ein, die so groß war wie die Untertasse meines Kaffees, den ich gerade trank. Es strahlten mir insgesamt circa neun Karat-Diamanten entgegen, hübsch verziert in Form einer Blumenblüte, in Silber gefasst, heute unüblich, aber für die Zeit der Entstehung nicht. Daher war die Brosche so stark angelaufen und wirkte zunächst unspektakulär. Der unfassliche Wert der Brosche belief sich auf 12.000 Euro! Ich fühlte mich wie eine Glücksfee, als ich der Dame den tatsächlichen Wert mitteilen durfte. Ein emotionaler Moment, den man so schnell nicht vergisst.
Welche waren die interessantesten und die wertvollsten Dinge, die Sie jemals aufgespürt haben?
Es gibt viele spannende und interessante Dinge, die mich tagtäglich herausfordern und meine Arbeit zu einem Traumberuf machen. Zu den wertvollsten Objekten zählt sicherlich die zufällige Entdeckung eines verschollen geglaubten Tulpenstilllebens aus einem Privathaushalt, in dem ich Schmuck und Silberwaren bewertete. Das Gemälde war von Balthasar van der Ast aus dem Jahre 1625 und wurde später für unglaubliche 785.000 Euro versteigert.
Von welchen besonderen Gegenständen würden Sie sich selbst nicht trennen?
Ich kann mich eigentlich sehr gut von Gegenständen trennen. Aber auch bei mir gibt es Ausnahmen. Beispielsweise ein buntes Potpourri von Espressotassen, welches einer langjährigen Kundin gehörte. Mit ihr trank ich regelmäßig Espresso in meinem Geschäft. Als die Kundin verstarb, schenkte mir ihre Tochter die hübschen Tassen, die seitdem mein Küchenregal schmücken. Das ist für mich eine schöne Erinnerung, die mich täglich beim Genuss eines kleinen, aromatischen Wachmachers begleitet.
Sammeln Sie etwas oder haben Sie mal etwas gesammelt?
Das einzige, was ich sammle, sind die vielen kleinen positiven Momente, die tagtäglich mein Leben bereichern. Aber auch die Geschichten der Menschen, die mir begegnen, denn oft ist ein Schmuckstück Zeuge eines bedeutungsvollen Augenblicks gewesen.
Wie ist Ihre Wohnung eingerichtet? Mit Antiquitäten und vielen seltenen Dingen, in einem ganz bestimmten Stil, mit vielen Farben oder Mustertapeten oder ganz puristisch und ohne viel Schnickschnack?
Eher puristisch, würde ich sagen. Aber wie auch beim Schmuck, mag ich es, alte Möbel mit modernen Elementen zu kombinieren.
Sie haben zwei Geschäfte – eins in Kerpen, das andere in Bornheim – und sind auf den Ankauf von Gold und Silberschmuck spezialisiert. Wie haben Sie sich das Know-how angeeignet?
Mein Vater besitzt mehrere Pfandhäuser und war in seinen jungen Jahren auch Antiquitätenhändler. Ich liebte es, dort zu sein und ihm auszuhelfen. In seinem Alltag war es auch üblich, wunderschöne Schmuckstücke einzuschmelzen, um das Material wiederzuverarbeiten. Für mich gänzlich unverständlich. So kam mir die Idee, einen eigenen Laden zu eröffnen, was mir 2007 gelang. Inzwischen bin ich zertifizierte Diamant-Gutachterin. Ich bereise die Welt, um mich weiterzubilden, Preise zu vergleichen und ein Trendmonitoring zu betreiben. Neben dem Materialpreis für Edelmetalle und Edelsteine ist es elementar zu wissen, wie es um das Angebot und die Nachfrage eines außergewöhnlichen Schmuckstücks bestellt ist, denn das ist maßgeblich für die Preisgestaltung sowohl im An- als auch im Verkauf.
Hätte Sie der Beruf der Goldschmiedin auch interessiert?
Mein Beruf ist meine Berufung. Hier kann ich als kreativer Mensch, auch ohne Goldschmiedin zu sein, zusammen mit meinen Kunden deren persönliches Traumjuwel entwerfen. Die Ausführung überlasse ich dann gern meinem Goldschmied.
Gefallen Ihnen nur Unikate oder auch Ringe und Ketten „von der Stange"?
In erster Linie müssen Schmuckstücke gefallen und den Träger schmücken.
Welche Schmuckstücke sind Ihre liebsten?
Außergewöhnliche Kombinationen gefallen mir. Am liebsten mag ich alte Schmuckstücke mit Diamanten, die man mit etwas Modernem kombinieren kann. Beispielsweise eine alte Jugendstil-Brosche, angesteckt an ein modernes Lederarmband.
Vor ein paar Jahren waren zum Beispiel Goldringe mit Carbon sehr beliebt, auch als Eheringe. Welche neuen Trends gibt es denn bei Schmuck?
Natürlich beschäftige ich mich auch mit neuen Trends, aber meine Leidenschaft liegt darin, alte Schmuckstücke so umzugestalten, dass sie wieder tragbar sind und sich auch mit modernem Schmuck gut kombinieren lassen. Bei Trauringen rate ich eher zu einem klassischen Goldring und bleibe alten Traditionen treu, da man Kautschuk-, Carbon- und Titanringe nicht in der Größe ändern kann. Die Hände verändern sich im Laufe eines Lebens – dann ist es schade, wenn gerade der Trauring einen nicht mehr begleiten kann, nur weil man sich das falsche Material ausgesucht hat.
Womit sind Sie aktuell beschäftigt?
Im Moment beschäftige ich mich, neben den Aufzeichnungen weiterer „Bares für Rares"-Sendungen, mit der Ausarbeitung einer eigenen zeitlosen Schmuckkollektion in hochwertiger Qualität, die modern und alltagstauglich ist und dabei trotzdem bezahlbar bleibt.