Robert De Niro ist einer der wandlungsfähigsten Schauspieler Hollywoods. Jetzt wird er 75 und ist so fleißig wie kaum ein anderer.
Mafia-Boss, Boxer, Schwiegervater und gewalttätiger Psychopath: Robert De Niro hat sich bei seiner Rollenauswahl nie festgelegt. So vielfältig die Liste seiner Filme auch ist, so treu ist Robert De Niro bei der Wahl seines Wohnortes. Seit er nämlich am 17. August 1943 in New York geboren wurde, ist er Bewohner des sogenannten Big Apple.
Als Einzelkind wuchs er in einer Künstlerfamilie auf: Sein Vater war Maler, seine Mutter malte ebenfalls und war als Poetin aktiv. Nach deren Scheidung 1945 blieb Robert De Niro in Manhattan – genauer im Stadtteil Little Italy – bei seiner Mutter. Zehnjährig stand er auf einer Bühne und spielte in „Der Zauberer von Oz". Als junger Mann tourte er durch die USA und spielte Theater. 1963 drehte er seinen ersten Film, seine Karriere kam in Schwung.
1976 heiratete er die Schauspielerin Diahnne Abbott, von der er sich 1988 scheiden ließ. Aus der Beziehung ging ein Sohn hervor. De Niro war anschließend lange mit dem Model Toukie Smith zusammen und wurde 1995 Vater von Zwillingen. 1997 heiratete er Grace Hightower und wurde 1998 Vater eines Sohnes. Im Dezember 2011 wurde De Niro dank einer Leihmutter erneut Vater. Insgesamt hat De Niro sechs Kinder und auch vier Enkelkinder.
Mit zehn auf der Theaterbühne
Etwa 100 Spielfilme hat Robert De Niro gedreht. Hinzu kommen zahlreiche Projekte als Regisseur, Synchronsprecher und Produzent. Dennoch meidet Robert De Niro Hollywood. Sogar als ihm die Ehre gewährt wurde, im berühmten Hollywood-Boulevard seine Hand- und Fußabdrücke im Beton zu verewigen, machte er eher ein griesgrämiges Gesicht statt sein bestes Lächeln für die Fotografen zu zeigen. Und mit seiner Dankesrede schlitterte er nur knapp an einem Eklat vorbei, weil er betonte, wo er wirklich zu Hause ist. „Ich bin New Yorker. Dort bin ich geboren, dort habe ich meine Kinder aufgezogen, dort habe ich das Filmfest gegründet."
Nun wird Robert De Niro am 17. August 75 Jahre alt. Er lebt noch immer in New York, aber im Flieger nach Hollywood sitzt er oft. Denn De Niro arbeitet so viel wie nie zuvor. In den vergangenen fünf Jahren hat er etwa 20 Spielfilme gedreht – mal mit mehr, mal mit weniger großem Erfolg. „Silver Linings" (2012) war ein Kassenschlager. Hinter Bradley Cooper und Jennifer Lawrence übernahm De Niro eine Nebenrolle, für die er eine Oscar-Nominierung erhielt. Auch „American Hustle" (2013) sorgte für gute Kritiken und volle Kassen. Aber Flops wie „Killing Season" (2013, mit John Travolta), „Zwei vom alten Schlag" (2013, mit Sylvester Stallone) und „The Comedian" (2017, mit Danny DeVito) wurden von den Filmkritikern als verheerend schlecht bewertet und gefährden den Ruf einer der besten US-Filmschauspieler, der Robert De Niro nun einmal ist.
Seinen kommerziellen Höhepunkt hatte De Niro Mitte der 1990er-Jahre. Der Actionfilm „Backdraft – Männer, die durchs Feuer gehen" (1991) war erfolgreich, ebenso wie „Kap der Angst" (1992), in dem er als muskulöser Psychopath eine Familie terrorisiert. Für diese Rolle erhielt der damals 50-Jährige eine Oscar-Nominierung. Es folgten Hits wie „Casino" (1995, mit Sharon Stone), „Heat" (1995, mit Al Pacino) und „Sleepers" (1996, mit Brad Pitt und Dustin Hoffman), so dass De Niro Gagen bis zu 14 Millionen Dollar bekommen haben soll.
Bester Ruf trotz teilweise schlechter Kritiken
Sein Ruf als Schauspieler der Extraklasse jedoch geht auf die 1970er-Jahre zurück. De Niro hatte sich durch einige Rollen am Theater und in kleinen Filmen hochgearbeitet. So gelang es ihm 1974 in „Der Pate – Teil II" die Rolle des „Paten" Vito Corleone zu bekommen. Der Film war bei Kritik und Publikum erfolgreich und etablierte den damals 31-Jährigen als Star. Bei der Oscar-Verleihung wurde er für die Beste Nebenrolle geehrt – er nahm den Goldjungen allerdings nicht selbst entgegen. De Niro empfand die Preisverleihung offenbar als nicht wichtig genug, um Dreharbeiten in Italien zu unterbrechen – schon damals ein Zeichen seines zwiespältigen Verhältnisses zur Hollywood-Glitzerwelt.
Kurze Zeit später präsentiert De Niro einen Film, der ihn endgültig als führenden Charakterdarsteller etablierte. In „Taxi Driver" (1976) spielt er einen Vietnam-Veteran, der sich zum Beschützer einer jungen Prostituierten (Jodie Foster) macht und ein Blutbad anrichtet. Vielleicht lag es am Drehort New York, dass „Taxi Driver" bis heute der Film ist, der mit De Niro am meisten verbunden ist. Eine Oscar-Nominierung war De Niros Belohnung für den Mut, mit einem grotesken Irokesenschnitt vor die Kamera zu treten.
Auf diesen künstlerischen Höhepunkt seiner Karriere folgten weitere Filme, die De Niro den Ruf als schauspielerisches Chamäleon einbrachten. In „Die durch die Hölle gehen" (1978, mit Meryl Streep) spielt er einen Ex-Vietnam-Krieger, in „Wie ein wilder Stier" (1980, mit Joe Pesci) einen unsympathischen Schläger – eine Rolle, für die er den Oscar als Bester Hauptdarsteller bekam.
Nach diesen Erfolgen geriet die Karriere von Robert De Niro für gut ein Jahrzehnt ins Schlingern. Es schien, als suche der Schauspieler nach den psychisch wohl anstrengenden Rollen der 1970er-Jahre nach etwas Leichterem – und nahm in Kauf, mit seinen Projekten zu scheitern. Ob „Fesseln der Macht" (1981, mit Robert Duvall), „King of Comedy" (1983, mit Jerry Lewis), „Brasil" (1985, mit Jonathan Pryce), „Der Liebe verfallen" (1985, mit Meryl Streep) oder „Mission" (1986, mit Jeremy Irons): De Niro erlebte ein Jahrzehnt, in dem er orientierungslos Film auf Film drehte. Am Fleiß lag De Niros Ruf als Kassengift aber nicht. Von 1980 bis 1990 stand De Niro für 16 Filme vor der Kamera. Erst mit „Kap der Angst" bewies er, dass er immer noch ein großer Charakterdarsteller war. Der Film (ein Remake von „Ein Köder für die Bestie", 1962) war durch aufwendige Actionszenen und einem hohen Maß an Gewaltdarstellung stark kommerziell angelegt.
Der Erfolg schien De Niro auf den Geschmack gebracht zu haben, sich mehr dem Hollywood’schen Mainstream hinzugeben. So konnte er in den 1990er-Jahren ein Comeback feiern. In „Reine Nervensache" (1999, mit Billy Crystal) parodierte er seinen Erfolg aus „Der Pate ‒ Teil II" und spielte einen Mafiaboss mit Erektionsproblemen.
Der Film markiert den Beginn seiner Karriere als Komödienstar. Die Familienkomödie „Meine Braut, ihr Vater und ich" (2000, mit Ben Stiller) wurde mit einem Einspielergebnis von weltweit 330 Millionen Dollar sein kommerziell erfolgreichster Film und zog zwei Fortsetzungen nach. Seitdem ist Robert De Niro produktiver denn je. Zuweilen, so scheint es, verliert er jedoch das Gespür für Qualität und muss sich mit verheerenden Kritiken auseinandersetzen. Als einer der schlechtesten Filme des Jahres wurde „Dirty Grandpa" (2016, mit Zac Efron) bezeichnet, war allerdings an der Kasse ein Erfolg. Gute Besucherzahlen scheinen Robert De Niro wichtiger zu sein als gute Kritiken oder gar noch eine Oscar-Nominierung. Warum sich der seit Mitte August 75 Jahre alte Mime dem Kommerz verschrieben hat, könnte auf ein wackliges Projekt zurückgehen.
De Niro hatte eine Produktionsfirma gegründet, die er mit seinen Gagen noch immer stützt. So bleibt es nach seinem 75. Geburtstag spannend, ob er weiterhin Mainstream-Filme dreht oder noch einmal die Gelegenheit bekommt, sein filmisches Erbe mit einer anspruchsvollen Altersrolle auf ein höheres Niveau zu heben. Äußern wird er sich zu seinen Plänen wohl kaum, denn De Niro gibt kaum Interviews. Da bleibt er lieber in New York, seiner Heimatstadt, in der er relativ unbehelligt leben kann. Dass er ohne Hollywood nicht arbeiten kann, weiß er freilich. So fügte er bei seiner Hommage an New York noch die Worte hinzu: „Wer in der Filmindustrie arbeitet, hat zwei Heimatstätten. Ich bin New Yorker, aber auch Hollywood ist wie ein Zuhause für mich."