Gerade laufen die Arbeiten für den neunten gemeinsamen Film von Star-Regisseur Martin Scorsese und dem von Marlon Brando tief geprägten Schauspieler Robert De Niro. Die beiden Kino-Helden pflegen eine enge Freundschaft.
„Ich kenne keinen, der mich so auf der Leinwand überraschen kann wie er", sagte der legendäre US-Regisseur und Oscar-Preisträger Martin Scorsese einmal über seinen wohl noch vor Al Pacino rangierenden Lieblingsschauspieler Robert De Niro. Die beiden Kino-Heroen sind im gleichen New Yorker Viertel namens Little Italy aufgewachsen, sie wurden nicht weit voneinander entfernt geboren, Scorsese in Queens, de Niro in Greenwich Village. Als Jungs liefen sie sich schon mal über den Weg, ohne jedoch ihre Bekanntschaft zu vertiefen. Allerdings ist Scorsese fest davon überzeugt, dass ein wesentlicher Teil ihrer heutigen Freundschaft und des blinden gegenseitigen Verständnisses sowie Vertrauens auf gleichen Erfahrungen aus Kindheit und Jugend in diesem von der Mafia geprägten Viertel beruhen.
Scorsese: „Es gibt Situationen, da assoziiere ich etwas mit meiner Kindheit, und dann schauen wir uns kurz an und wissen, dass wir das Gleiche denken, ohne dass wir es aussprechen müssen. Er hat dieselbe Art der Enge erlebt, auch wenn er aus einer etwas anderen Familie kommt… Bob und ich, wir haben beide eine besondere Verbindung zur Arbeiterklasse und zur Straßenwelt, wo die Dinge schlicht und primitiv waren." In dem einflussreichen Filmproduzenten Roger Corman hatten beide Ende der 1960er- und Anfang der 70er-Jahre den gleichen Mentor. Für Scorsese, der dank Corman 1972 den Film „Boxcar Bertha" (deutscher Titel: „Die Faust der Rebellen") drehen konnte, war der Produzent so etwas wie ein „Great Professor". Robert de Niro erhielt von Corman 1970 eine Rolle in dem Gangsterfilm „Bloody Mama" und konnte darin schon mal eindrucksvoll sein mimisches Potenzial präsentieren.
Der direkte Kontakt zwischen Scorsese und De Niro wurde 1973 durch den Regisseur Brian De Palma hergestellt. Der Thrillerspezialist, der mit De Niro 1963 „The Wedding Party" und 1968 „Greetings" („Grüße") realisiert hatte, sollte der Karriere des noch relativ unbekannten Schauspielers durch die Fürsprache bei seinem Kollegen Scorsese einen ganz entscheidenden Schub verleihen. Zwischen 1973 und 1995 sollten der Regisseur und sein präferierter Akteur bei acht Leinwandwerken zusammenarbeiten. Darunter die drei Mafiafilme „Mean Streets" („Hexenkessel") von 1973 ‒ das gemeinsame Premierenopus wurde größtenteils in den Studios von Roger Corman gedreht und sollte für De Niro den Durchbruch zum Hollywood-Star zur Folge haben ‒ „Goodfellas" („Good Fellas – Drei Jahrzehnte in der Mafia") von 1990 und „Casino" von 1995.
Erst 2001 stand er mit Brando vor der Kamera
Für seine Rolle in „Taxi Driver" war eine Oscar-Nominierung als Hauptdarsteller sein verdienter Lohn. In dem Musical-Drama „New York, New York", das sich an den Kinokassen als absoluter Flop entpuppen sollte, mimte De Niro 1977 an der Seite von Liza Minnelli einen Nachtclubbesitzer und Jazzmusiker im New York der 1940er-Jahre. Für „Raging Bull" („Wie ein wilder Stier") wurde De Niro 1981 für die Darstellung eines Profiboxers mit dem Oscar ausgezeichnet. Der Streifen, den Scorsese nach Überwindung einer langen Kokainsucht fertiggestellt hatte, wurde vom American Film Institute zum besten Sportfilm aller Zeiten gekürt.
„The King of Comedy", eine schwarze Komödie aus dem Jahr 1983, in dem De Niro einen erfolglosen Comedian gab, der unbedingt ins Fernsehen will, wurde trotz
reichlich Kritikerlob ein finanzieller Reinfall. „Cape Fear" („Kap der Angst") aus dem Jahr 1991 sollte De Niro ein Jahr später eine weitere Oscar-Nominierung als Hauptdarsteller einbringen. 2015 hatte Scorsese mit Robert De Niro, Brad Pitt und Leonardo DiCaprio als Hauptdarsteller für die kolportierte Rekordsumme von 70 Millionen Dollar einen 15-minütigen Werbespot für ein chinesisches Luxus-Casino in Macau produziert.
Im Herbst 2017 fanden sich Regisseur Scorsese und Schauspieler De Niro nach 22 Jahren Pause wieder zu einem gemeinsamen, dem insgesamt neunten, Kinofilmprojekt zusammen. Der Mafiafilm „The Irishman" soll aber erst 2019 zu sehen sein. Mehr als ein Gerücht scheint auch das Projekt eines Streifens über den Batman-Bösewicht „Der Joker" zu sein, bei dem Scorsese zwar nur als Produzent mit von der Partie sein soll, aber für eine größere Nebenrolle wohl De Niro als Akteur hat gewinnen können.
Bei „The Irishman" haben sich neben einem seiner wenigen engen Freunde Al Pacino, Joe Pesci und Harvey Keitel einige weitere Hollywood-Stars an De Niros Seite versammelt, die selbst längst Vorbilder für eine jüngere Schauspieler-Generation geworden sind. Robert De Niro hatte von früher Jugend an vor allem für Marlon Brando, James Dean, Robert Mitchum und Montgomery Clift geschwärmt. Mit Robert Mitchum sollte er später in „Kap der Angst" oder in „The Last Tycoon" („Der letzte Tycoon") 1976 gemeinsam vor der Kamera stehen. Doch sein größtes Idol war fraglos Marlon Brando, wahrscheinlich weil er der erste große Meister des Method-Acting war, der besonderen Schauspieltechnik, die De Niro ebenfalls dank der Ausbildung bei Stella Adler perfektionieren konnte.
Im Gangsterfilm „The Score" aus dem Jahr 2001, Brandos letztem Kinofilm vor seinem Tod, konnte de Niro erstmals gemeinsam mit seinem Idol arbeiten.