Die Saison im Saarland hat kaum begonnen, da gibt es bereits die ersten Aufreger. In der vergangenen Woche meldete sich Gunther Persch, Sportvorstand der Neunkircher Borussia zu Wort. Sein flammender Appell an Ehrenamtler, Gönner und Sponsoren gipfelte in der Aussage, das letzte Stündlein des Traditionsvereins könne bald geschlagen haben. Rund zwei Jahre nach der letzten Pleite, pfeift die Borussia finanziell abermals aus dem letzten Loch. Überraschend kommt das nicht. Großmannssucht gepaart mit einem permanenten Schwelgen in der Vergangenheit waren noch nie gute Ratgeber für eine solide finanzielle Planung. Dass der Verein in der sechsten Liga einen Personaletat von rund 200.000 Euro hat, ist beachtlich. Leider ist er wiedermal nur teilweise gedeckt. Dass der Verein zwei Jahre nach der mit Müh und Not abgewendeten Insolvenz abermals Rückstände bei der Berufsgenossenschaft hat, ist dagegen schlicht skandalös und spricht für eine beachtliche kriminelle Energie. Sportchef Gunther Persch kann dafür relativ wenig. Die von ihm zusammengestellte Mannschaft funktioniert, spielt ganz oben mit. Allerdings mit geliehenem Geld. Für die Misswirtschaft ist er nicht verantwortlich. Die Borussia, einst Bundesligist, ist nur noch eine leere Hülle hinter der maroden Fassade des Ellenfelds. Konkurrierte man vor rund zehn Jahren im Jugendbereich noch mit dem FCS, so schickt man in dieser Saison lediglich zwei Nachwuchsmannschaften ins Rennen. Der Hinweis auf die finanzkräftige Konkurrenz aus Elversberg ist dabei nur ein Teil der Wahrheit. In einer 46.000-Einwohner-Stadt sollte es eine ausreichende Anzahl an Kindern geben, die bei der Borussia Fußball spielen wollen. Die Realität ist die, dass man statt eines nachhaltigen Jugendkonzepts stets mit Geld auf Pump den Erfolg der Herrenmannschaft erzwingen wollte. Noch vor der kürzlich begonnenen Saison warb die Borussia für stattliches Salär einen eigentlich unter Vertrag stehenden Spieler eines Konkurrenten ab. Dass sich nun in der erneuten finanziellen Krise Geldgeber finden werden, darf getrost bezweifelt werden. Steht doch zu erwarten, dass jeder erworbene Cent sofort wieder in die Beine vermeintlicher Heilsbringer investiert wird.
SPORT
Foto: Andreas Schlichter
Immer wieder die Borussia
Sport - Kolumne
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