Die Gemeinde der deutschen Faustballer trifft sich am Wochenende zur Austragung der Deutschen Meisterschaften in Ahlhorn. Die beiden Tage versprechen Hochspannung – bei Frauen- und Männerteams.
Der Countdown läuft, und in Ahlhorn steigt die Aufregung. Zusätzlich schwindet die Zeit auf der eigens installierten Homepage-Uhr des Ahlhorner Sportvereins: Am Freitag, 17. August, müssen Tribünen, Kameraturm, Werbebanden und -banner aufgebaut sein. Verpflegungs- und Versorgungsstände müssen funktionsbereit sein. Denn im Laufe des Nachmittags trudeln die Aktiven aus allen Teilen der Republik ein, um mit einem Probetraining die Deutschen Meisterschaften im Feldfaustball der Frauen und Männer einzuläuten. Am Samstag, 18. August, geht es dann endgültig los. Die zwölf besten Faustballteams Deutschlands treffen sich in der Ahlhorner Faustballarena an der Katharinenstraße, um die Meister der in Deutschland erfundenen Sportart unter sich auszuspielen. Der kleine Ort im Landkreis Oldenburg mit seinen knapp 8.000 Einwohnern ist nach 1984, 1997 und 2013 bereits zum vierten Mal Austragungsort der nationalen Meisterschaft. Auf der Faustball-Landkarte in Deutschland ist das kleine Ahlhorn also inzwischen ganz groß.
„Hopp oder Topp, Weiterkommen oder Scheitern, darauf kommt es an in jedem Spiel – Wer verliert, fliegt raus. Der Austragungsmodus kann spannender nicht sein", beschreibt Ulrich Meiners von der Deutschen Faustballliga (DFBL) wortreich das, was am Wochenende folgen wird. Nach der Eröffnung der Meisterschaften am Samstag um 10 Uhr gehen zunächst vier Qualifikationsspiele für das Halbfinale über die Bühne. Jeweils die Zweiten und Dritten der Bundesligastaffeln Nord und Süd bei den Frauen und den Männern messen ihre Kräfte. Gleich im ersten Match greift der Titelverteidiger bei den Frauen in die Veranstaltung ein: Der Dritte aus dem Norden, Jahn Schneverdingen, wird vom Zweiten aus dem Süden, TSV Calw, herausgefordert. Für Fachleute wird das laut Meiners „eine ganz enge Kiste". Gegen 11 Uhr beginnt anschließend das erste Qualifikationsspiel der Männer zwischen dem Überraschungsvizemeister des Vorjahres, dem TV Voerde, und dem Drittplatzierten aus der Bundesliga-Südstaffel, TV Schweinfurt-Oberndorf. Newcomer bestimmen das zweite Match der Frauen: Während der Süddritte TV Nürnberg-Eibach vor einem halben Jahr in der Halle eine überragende Premiere bei den Deutschen Meisterschaften spielte, gibt das Team des Nordzweiten VfL Kellinghusen sein Debüt auf gehobenem nationalen Niveau. Im letzten Qualifikationsspiel greift endlich der Gastgeber in die Veranstaltung ein: Nur über einen sogenannten Ausrichterfreiplatz qualifizierten sich die Männer des Ahlhorner SV überhaupt für den Wettbewerb auf eigenem Platz.
„Wer verliert, fliegt raus"
Doch Spielführer Tim Albrecht und sein Team werden gegen die Männer des TSV Calw – auch verletzungsbedingt – wohl einen schweren Stand haben. Die im Training zugezogene Verletzung von Abwehrspieler Mats Albers spielt den Ahlhornern dabei überhaupt nicht in die Karten. „Die anfängliche Hoffnung, dass es sich nur um eine Kapselverletzung handelt, hat sich leider nicht bewahrheitet", sagte Trainer Karsten Bilger. Es handelte sich stattdessen um einen komplizierten Bruch in der Mittelhand – nach der Operation kommen die Deutschen Meisterschaften einfach zu früh. „Für Mats tut es mir unheimlich leid, weil er sich nach der Verletzung in der Hallensaison zu alter Form zurückgekämpft hatte", so Bilger, der in seiner Aufstellung nun rotieren muss. „Die in den letzten Spielen gefundene Formation ist natürlich hinfällig." Den Ahlhornern bleibt damit nur die Hoffnung auf den Heimstatus und eine „Jetzt-erst-recht-Reaktion" von Mannschaft und Publikum. Ob sie in der nächsten Runde noch dabei sind, steht momentan in den Sternen – für die Stimmung bei den Heim-Meisterschaften wäre es dem Ahlhorner SV und seinen Fans zu wünschen.
Denn auf die Gewinner der Qualifikationsspiele warten in den Halbfinalspielen am Samstag ab 14 Uhr die Erstplatzierten der Bundesliga Nord und Süd. Durch ihren Staffelsieg sind sie für die Vorschlussrunde der DM automatisch qualifiziert. Bei den Frauen kommt der Lokalmatador vom Ahlhorner SV dabei zu einem Zeitpunkt ins Spiel, aus dem sich die Mannschaft der Ahlhorner Männer bereits verabschiedet haben könnte. Zunächst greifen die Frauen aus Ahlhorn gegen die Gewinnerinnen des ersten Qualifikationsmatches (der amtierende Deutsche Meister TV Schneverdingen oder der TSV Calw) in das Frauenturnier ein. Anschließend spielen die Männer: Der Serienmeister TSV Pfungstadt, Erstplatzierter in der Bundesliga Süd, spielt bei den Männern gegen Oberndorf oder Voerde um den Finaleinzug. Im Wechsel agieren wieder die Frauen: Der amtierende Europacupsieger und vielfache Deutsche Meister TSV Dennach wird im dritten Halbfinale des Tages als Favorit gegen Eibach oder Kellinghusen auflaufen. Und schließlich wird es Zeit für den Ersten der Bundesliga Nord, den VfK 1901 Berlin: Der amtierende Deutsche Männermeister beschließt das lange Sonnabend-Programm mit dem letzten Halbfinale gegen Calw oder Ahlhorn.
Die Faustball-Männer des Vereins für Körperkultur 1901 Berlin (VfK) wurden 2017 zum zweiten Mal nach 2009 Deutscher Meister im Feld-Faustball, gehen somit als Titelverteidiger ins Rennen. Bei der Meisterschafts-Endrunde im letzten Jahr in Moslesfehn bei Oldenburg gewannen die Charlottenburger das Finale mit 3:1 (11:6, 11:6, 6:11, 11:9) gegen den TV Voerde. Der VfK beendete damit die Siegesserie des TSV Pfungstadt, der zuvor sieben Mal in Folge erfolgreich war und im Halbfinale scheiterte. Der Weg für ein Finale der Faustball-„Giganten" aus Pfungstadt und Berlin wäre in diesem Jahr wieder frei. Die Berliner müssen dabei allerdings beweisen, dass die zweite Meisterschaft aus dem vergangen Jahr im Portfolio nicht nur ein Kurzzeithoch darstellt – der TSV Pfungstadt hält mit satten 15 Meisterschaften dagegen. Nimmt man die Hauptrunde der Faustball-Bundesliga Süd und Nord als Maßstab, qualifizierte sich der TSV Pfungstadt einen Hauch souveräner für die Finalrunde in Ahlhorn: Keine Niederlage der Pfungstädter steht gegen eine Niederlage der Berliner.
„Die Formation ist hinfällig"
Die Entscheidungen um die Platzierungen fallen in Ahlhorn am Sonntag, 19. August: Für 10 Uhr beziehungsweise 11.15 Uhr sind die Spiele um Platz drei bei den Frauen und den Männern angesetzt. Um die deutschen Meistertitel und die Goldmedaillen kämpfen die Frauen ab 13 Uhr und die Männer ab 14.15 Uhr.
Ob die Frauenmannschaft des Ahlhorner SV ihr Heimrecht zu einem erneuten Höhenflug nutzen kann, wird sich zeigen. Die Bundesliga Nord dominierten die Frauen aus der Gemeinde Großenkneten jedenfalls nach Belieben. Nach Abschluss der regulären Saison mahnte Trainerin Edda Meiners noch auf der Webseite des Ahlhorner SV: „Nun gilt es aber, sich voll und ganz auf die Deutsche Meisterschaft zu fokussieren, bei denen die Karten neu gemischt werden, auch wenn wir bereits für das Halbfinale qualifiziert sind." Sieben Meisterschaften stehen bei den Ahlhorner Frauen bislang zu Buche, die letzte auf dem Feld unter freiem Himmel gewannen sie allerdings 2011. Die Heimmeisterschaft bietet eine gute Gelegenheit, die eigene Siegerliste zu aktualisieren.
Schon jetzt lässt sich laut Ulrich Meiners ein großes Zuschauer- und Medieninteresse absehen: Die sogenannte ASV-Tribüne sei längst ausverkauft, und die Organisatoren empfehlen dringend, sich bereits vor der Veranstaltung die Tickets zu sichern, das gilt besonders für Sitzplätze auf der eigens zur DM errichteten Haupttribüne. Auch bei Hörfunk- und TV-Stationen stoße die Veranstaltung auf reges Interesse.
Insgesamt betrachtet man in der Faustballhochburg Ahlhorn die Deutschen Meisterschaften 2018 als große spielerische und organisatorische Herausforderung, der sich Organisationsleiterin Petra Gallenkamp und -leiter Thomas Neuefeind jedoch gern stellen: „Unser Verein hat sich bewusst und engagiert um die Ausrichtung der Deutschen Meisterschaften beworben, zahlreiche Helfer warten auf den Start und wollen den Gästen aus ganz Deutschland ein rundes Erlebnis bereiten. Wir sind präpariert, und Petrus hat unser Anliegen hoffentlich mit offenen Ohren vernommen."