Die Zeiten strikten Sparens an den Hochschulen gehen zu Ende, doch der Nachholbedarf ist enorm. Die Aussichten zur Profilierung im Wettbewerb sind für den Uni-Standort Saarland vielversprechend.
Deutschland hinkt hinterher, hinter den USA, Kanada, Großbritannien, Japan, Frankreich, Russland. Diese Länder, so bescheinigt es die OECD in ihrem Bericht, der vor genau einem Jahr veröffentlicht wurde, geben mehr für Bildung aus als die Bundesrepublik. Hierzulande entfallen 1,2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts BIP auf die Studierenden, hatte die internationale Organisation für Entwicklung und Zusammenarbeit errechnet. Für die Lehre (die Bereiche Forschung und Entwicklung ausgenommen), waren das 9.300 Dollar pro Studierenden, der Durchschnitt lag bei 10.300. Zudem kritisierte die Organisation, dass die Aufwendungen nicht mit der gestiegenen Zahl der Studierenden mithalten.
Der Präsident der Hochschulrektorenkonferenz fordert prompt von einer neuen Bundesregierung: „In die Bildung muss sehr viel mehr investiert werden". Schließlich gebe es „deutliche Finanzierungsdefizite", und die könne sich das Land schlicht „nicht leisten".
Die Kritik der OECD war kein Einzelbefund, knüpfte vielmehr nahtlos an frühere Berichte an, die eine klare Entwicklungslinie zeichneten.
Die Studierendenzahlen hatten sich drastisch erhöht, eine höhere Akademikerquote war politisch gewünscht, die Finanzierung hielt aber nicht Schritt. In Zahlen ausgedrückt: Zwar erhöhten sich die Bildungsausgaben im Zeitraum 2008 bis 2013 um 16 Prozent, gleichzeitig stieg die Zahl der Studierenden aber fast um das Doppelte (plus 28 Prozent).
Es wäre allerdings nur die halbe Wahrheit, würde man die Anstrengungen des Bundes in den letzten Jahren vernachlässigen. Denn in der Tat hat der Bund Milliarden-Projekte finanziert, etwa über den Hochschulpakt oder den Qualitätspakt Lehre sowie die Exzellenzförderung. Allerdings haben die Länder zumeist unter dem Diktat der Schuldenbremse den Rotstift auch an ihren Hochschulen angesetzt. Die größten Hochschuldemos im Saarland haben in den letzten Jahren Zeugnis abgelegt vom harten Ringen um ein gedeckeltes Globalbudget.
Weitsichtige Profilbildung
Inzwischen heißt es Durchatmen. Das Saarland erreicht das Ziel des Konsolidierungskurses, gleichzeitig gibt die Vereinbarung über einen neuen Finanzausgleich wieder Spielräume. Im ersten Schritt hat die Große Koalition 15 Millionen mehr für die Hochschulen festgeschrieben, inzwischen weitere drei Millionen draufgelegt.
Erleichterung an den Hochschulen, aber die Euphorie hält sich in Grenzen. Erstens bedeutet es zunächst einmal vor allem, dass kein weiterer Abbau erfolgen muss. Zweitens ist der aufgelaufene Sanierungsstau ein Brocken, der die Legislaturen der jetzigen Landesregierung und der jetzigen Hochschulleitungen weit überdauert – und damit auch der jetzigen Studierendengeneration. Aber immerhin kann angepackt werden. Kein schlechtes Signal. Dazu CISPA/Helmholtz und die Aussicht auf einen weiteren Exzellenzschwerpunkt im Biomed-Pharma-Bereich.
Die sind auch eine Herausforderung und Chance, die Universitätsstandorte – und damit das Land selbst – zu entwickeln, städtebaulich, infrastrukturell und kulturell. Das gilt im Übrigen in ähnlicher Form für die bekannten Herausforderungen der HTW.
Die Entwicklungen der Hochschulen und damit des Standortes Saarland sind zwar auch eine Frage finanzieller Mittel, aber nicht nur. Der Wettbewerb der Standorte ist deutlich schärfer geworden. Das erfordert eine kluge, weitsichtige und mutige Profilbildung. Der IT-Schwerpunkt, vor langer Zeit initiiert, ist heute ein internationaler Leuchtturm. Ein Beispiel dafür, wohin richtige Weichenstellungen und langer Atem führen können. Der Biomed-Pharma-Bereich ist ähnlich angelegt und verspricht ähnlich großes Potenzial. Das gilt auch für die Philosophische Fakultät mit ihrer Ausrichtung auf Frankreich, die Großregion und Europa.
Die vom französischen Präsidenten Macron angestoßene Debatte um Europauniversitäten ist derzeit mehr Idee als konkrete Planung. Letztlich wird darin aber eine zentrale Chance für ein künftiges Europa im globalen Wettbewerb um die besten Köpfe und die besten Ideen liegen. Die fast schon konstante Boshaftigkeit, mit der man allen Hürden zum Trotz an einer Universität der Großregion gearbeitet hat, kann und sollte sich jetzt als Standortvorteil erweisen, der nach Kräften forciert werden muss.