Die Monstera deliciosa mit ihren dekorativ durchlöcherten Blättern ist aktuell der absolute Trendsetter. Nicht nur als heiß begehrte Interieur-Pflanze, sondern auch als mega-angesagtes Print-Muster auf Mode oder Deko-Objekten.
Schon seit vorigem Jahr hat der Dschungel mit exotischer Flora und Fauna (wieder) Einzug in die moderne Wohnwelt gehalten. Nach karibischer Ananas, die auch in der High Fashion ein beliebtes Motiv war, Palmen, Kakteen oder Flamingos stand der Sommer 2018 in Sachen Urban Jungle ganz im Zeichen der sattgrünen Monstera deliciosa, die im Deutschen „Köstliches Fensterblatt" genannt wird. Sie war omnipräsent und so etwas wie der absolute Design-Star in den sozialen Netzwerken wie Instagram, Twitter und Co., spätestens seit die ursprünglich aus den Wäldern Mittel- und Südamerikas stammende Pflanze in sämtlichen Flaggschiff-Stores des mega-angesagten Fashion-Labels Céline anzutreffen war. Danach tauchten auch die Blätter mit den charakteristischen fensterartigen Durchbrüchen so ziemlich überall auf – auf Tapeten, Porzellan oder Strandtaschen, Kissenbezügen, Decken und Klamotten bis hin zu Fingernagel-Tattoos oder Handyhüllen. Aus London wurden Mitte 2018 sogar Lieferengpässe für die Monstera vermeldet, was deutliche Preisanstiege für die bis zu drei Meter hohe Pflanze zur Folge hatte.
Ausgangspunkt für den Monstera-Hype war die im New York der 1960er-Jahre spielende US-amerikanische TV-Serie „Mad Men", bei der die Tropenpflanze jede Menge stumme Auftritte als dekoratives Highlight des coolen Werbeagentur-Interieurs hatte. Es ist übrigens noch gar nicht so lange her, seit Zimmerpflanzen überhaupt Eingang in die eigenen vier Wände gefunden hatten. Erst um 1800 begann man, ausgehend von Großbritannien, Gewächse im eigenen Haus zu kultivieren, weil damals die großbürgerlichen Wohnungen und Häuser dank zahlreicher Fenster über ausreichend Licht verfügten und die Räume zudem erstmals einigermaßen konstant temperiert waren.
1847 hatte der polnische Botaniker Józef Warszewicz als einer der ersten Europäer die Monstera auf 2.000 Höhenmetern in der mexikanischen Bergregion Oaxaca entdeckt und sorgte anschließend dafür, dass die Pflanze in den Preußischen Gärten bald zu den schönsten Akquisitionen zählte, wie der berühmte Berliner Gartenbauer Karl Heinrich Koch schon zehn Jahre später anmerken sollte. Zwar stammte die erste Beschreibung der Pflanze vom dänischen Botaniker Frederik Liebmann, der auch für die etwas seltsame Namensgebung Monstera zuständig war, aber der eigentliche erste Siegeszug der Pflanze rund um die Welt ging von Berlin aus. Im ausgehenden Biedermeier, kurz nach Mitte des 19. Jahrhunderts, entdeckte das betuchte Bürgertum eine Vorliebe für exotische Pflanzen wie die vergleichsweise genügsame, weitgehend schädlingsresistente und ziemlich unempfindliche Monstera, deren interessantes Blattmuster auch dank Lithografien schnell bekannt wurde.
Blütenkolben mit weißem Fruchtfleisch
Berühmte Künstler wie Henri Matisse oder Pablo Picasso waren bekennende Liebhaber der exotischen Schönheit, die auch schon mal schlechte Böden oder zuviel Lichteinstrahlung verzeiht und kurzzeitig sogar Temperaturen nahe dem Gefrierpunkt überstehen kann. In der Bauhaus-Epoche mit ihrem strengen Anti-Dekor wurde auch der Halbschattenpflanze aus der Gattung der Fensterblätter und der Familie der Aronstabgewächse eine innenarchitektonische Auszeit verpasst. Im Zuge des Mid-Century-Modern-Style ab Mitte des 20. Jahrhunderts erlebte sie daür aber wieder ein großes Comeback. Überhaupt wurden hierzulande Zimmerpflanzen erst mit der Wirtschaftswunder-Ära zu einem allgemeinen Massenphänomen (mit Gummibäumen in den 1960er-Jahren und Oleander in den 70ern). Die Design-Päpste Charles und Ray Eames schätzten an der Pflanze vor allem ihre architektonische Komponente, die spielerisch dazu in der Lage war, die Linien der funktionalen Architektur zu brechen.
Vieles an der Pflanze gibt den Botanikern bis heute Rätsel auf. Beispielsweise ist immer noch unklar, warum die Monstera Löcher in ihren bis zu 50 Zentimeter langen, ledrigen Blättern ausbildet, die zunächst hellgrün und herzförmig sind, mit der Zeit aber dunkelgrün, fiederlappig und schildförmig werden. Ältere Gewächse bilden schon mal einen an Mais erinnernden Blütenkolben, der im reifen Zustand angeblich großes Essvergnügen bereiten kann und im Aroma Anklänge an Bananen und Ananas sowie einen Hauch von Zimtapfel, Erdbeeren, Trauben, Mango oder Birnen vorweisen soll. Den Geschmack der „köstlichen" Pflanze mit dem cremig-weißen Fruchtfleisch soll schon Entdecker Warscewicz geschätzt haben. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde die Frucht häufig zum Aromatisieren von Champagner genutzt. Heute werden Monstera-Früchte kaum mehr angeboten. Dennoch ist die Monstera deliciosa auch als Obstsalat-Pflanze, Ananasbanane oder Japanische Ananas bekannt. Wegen ihrer durchlöcherten Blätter, die Ähnlichkeit zum Emmentaler aufweisen, taucht sie auch schon mal als Swiss-Cheese-Plant auf. Wer nicht viel Geld für den Kauf einer Pflanze, die von manchen Floristen noch immer fälschlicherweise als Philodendron deklariert wird, ausgeben möchte oder keine Lust auf deren Pflege hat, kann sich Monstera-Blätter als Schnittblumen-Ersatz ins Haus holen. In der Vase halten sie sich bis zu vier Wochen lang frisch.