Der Generalsekretär des Bauernverbandes, Bernhard Krüsken, nimmt Stellung zur hiesigen Fleischproduktion. Den Gülle-Einsatz pauschal zu verteufeln hält er für kurzsichtig. Klimatechnisch sieht er die deutsche Landwirtschaft im internationalen Vergleich weit vorne.
Herr Krüsken, Sie als Generalsekretär des Bauernverbandes sitzen beim Fleischkonsum zwischen allen Stühlen. In Deutschland wird gern viel Fleisch gegessen, doch das tut der Umwelt nicht so richtig gut. Unter anderem landet viel zu viel Gülle auf den Feldern, was die Nitrat-Werte bedenklich ansteigen lässt. Doch weniger Fleischkonsum heißt für ihre Verbandsmitglieder, weniger Umsatz. Wie gehen Sie mit diesen Gegensätzen um?
Grundsätzlich gilt: Die Landwirte stellen hochwertige Lebensmittel für jeden Ernährungsstil bereit. Beim Thema Fleisch kommt es darauf an, wie das Fleisch erzeugt worden ist. Wir können das klima- und ressourceneffizient und sehen uns im internationalen Vergleich ziemlich weit vorne. Natürlich müssen die Nährstoffbilanzen stimmen, das ist aber eine Frage der richtigen Verteilung. Den Gülle-Einsatz pauschal zu verteufeln, ist kurzsichtig und nur ,mittelschlau’. Kreislaufwirtschaft und die Verringerung des Einsatzes von mineralischen Düngemitteln sollten das Ziel sein.
Das heißt, Fleisch in Deutschland ist einfach zu billig, es müsste also teurer sein?
Natürlich sind angemessene Preise für so ein wertvolles Erzeugnis notwendig und geboten. Dieser ist nicht immer zu erzielen. Wir erzeugen das Fleisch in einem europäischen Markt und stehen im Wettbewerb mit anderen europäischen Schweinehaltern. Den Preis bestimmen Angebot und Nachfrage. Der Verbraucher hat trotz aller Umfrageergebnisse eine begrenzte Bereitschaft, mehr Geld für Nahrungsmittel auszugeben.
Was müsste oder besser würde denn ein Kilogramm Schweineschnitzel kosten, wenn es umweltgerecht wäre und nicht aus Massentierhaltung kommen würde?
Wir müssen uns entscheiden, ob das Fleisch auch in Zukunft noch von deutschen Bauern erzeugt werden soll oder ob wir es aus Ländern importieren wollen, in denen die Umwelt- und Tierwohlstandards deutlich niedriger liegen als in Deutschland. Wenn wir das nicht wollen, müssen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Schweinehalter so gestaltet sein, dass sie im europäischen Wettbewerb mithalten können.
Aber mit solch höheren Preisen würden doch die Verbraucher auf die Barrikaden gehen?
Wenn Fleischverarbeiter und Lebensmittelhandel konsequent mitziehen, würde das nicht eintreten.
Warum wird vor allem Soja an die Tiere verfüttert? Gibt es keine Alternativen, denn Soja wird vor allem in Südamerika zulasten des Regenwaldes und der dortigen Bauern angebaut?
Die Bedeutung von Soja für die Tierhaltung in Deutschland wird maßlos überschätzt. Soja macht keine zwei Prozent des gesamten Futterverbrauchs in Deutschland aus (Die Zahl bezieht sich laut Bauernverband auf die Grundfuttermenge der Gesamt-Nutztiere in Deutschland, Anm. d. Red.). Davon stammt nur ein Teil aus Südamerika. Alleine China importiert in zwei Wochen so viel Soja wie Deutschland in einem ganzen Jahr.
Eine weitere Folge des enormen Fleischverzehrs ist auch, dass für das Futter der Tiere flächendeckend Monokulturen angelegt werden müssen. Diese schaden der Artenvielfalt. Sehen Sie als Bauernverband die Möglichkeit, Ihre Mitglieder davon zu überzeugen, aus der reinen Tierhaltung auszusteigen?
Wir werden unseren Mitglieder bestimmt nicht zu einem Ausstieg aus der Tierhaltung raten, weil diese ein unverzichtbarer Bestandteil von landwirtschaftlichen Stoffkreisläufen ist – im konventionellen wie im ökologischen Landbau. Die Frage nach den Monokulturen ist unsinnig. Als Monokulturen werden landwirtschaftliche Flächen bezeichnet, auf denen ausschließlich eine einzige Nutzpflanzenart über mehrere Jahre hintereinander angebaut wird. Wir setzen in Deutschland seit Jahren auf vielfältige Fruchtwechsel und bodenschonende Anbauverfahren.
Der Fleischkonsum ist also eher ein globales Problem, das wir hier in Deutschland in dieser Form nicht haben, sondern nur in anderen Ländern?
Nochmal: Fleischkonsum ist kein Problem an sich, es kommt vor allem darauf an, wie man Fleisch produziert. Die deutschen Bauern erzeugen Fleisch, das man guten Gewissens genießen kann. Von einer Umerziehung der Menschen halten wir nichts.
Aber deutsche Bauern produzieren ja auch Schweinefleisch für den Export?
Das ist ein Irrglaube. Wir exportieren vor allem Fleischteilstücke, die in Deutschland oder Europa nicht verkauft werden können, etwa Ohren, Pfoten und Innereien. Wenn wir diese nicht ins Ausland verkaufen würden, müssten wir Sie teuer entsorgen. Dagegen werden hochwertige Teilstücke wie Filets sogar importiert, weil die in Deutschland produzierte Menge nicht ausreicht.